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Stadt, Land, Kuss

Stadt, Land, Kuss

Titel: Stadt, Land, Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
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die Wärme der Haut, in die er hätte hineinwachsen sollen, und sehe das helle Leuchten in seinen Augen.
    »Ich vermute, Spiderman ist unser Täter«, sagt Alex. »Die Plastikfigur muss beim Durchwandern des Darms die Darmwand perforiert haben.« Er legt das Skalpell und die Zange auf den Tisch. »Ich schreibe lieber einen Bericht über meinen Befund, falls das Ganze weiterverfolgt wird.«
    »Sie meinen, wenn Stewart mich verklagt?«
    »Ich wüsste nicht, warum er das tun sollte – Ihre Operation war vollkommen in Ordnung.«
    »Dann rufe ich gleich Stewart an und sage ihm Bescheid«, sage ich tonlos.
    »Überlassen Sie das lieber mir.«
    »Ich schaffe das schon.«
    »Nein, lassen Sie mich mit ihm reden. Wir sind befreundet. Ich kenne ihn seit der Schulzeit. Wir sind zusammen in Talyton zur Grundschule gegangen, bevor meine Eltern mich ins Internat gesteckt haben.« Alex sieht zur Tür hinüber. »Ich habe meinen Fotoapparat und den Laptop am Empfang liegen lassen. Würden Sie sie mir bitte holen?«
    Ich hole seine Ausrüstung und trete zurück, während er Cadburys Leiche fotografiert. Als der Raum im grellen Blitzlicht aufleuchtet wie der Schauplatz eines Schwarzweiß-Horrorfilms, zucke ich zusammen.
    »Er hätte nicht sterben sollen«, sage ich mit zitternder Stimme. »Ich wusste, dass es ihm nicht gut ging, und trotzdem habe ich ihn einfach gehen lassen.«
    Alex packt die Kamera zurück in die Tasche. »Sie dürfen sich deswegen keine Vorwürfe machen, Maz.«
    »Das tue ich aber. Ich wollte eigentlich mit Lynsey über eine Blutabnahme reden, ehe ich ihn nach Hause geschickt habe, doch dann kam das Baby, und ich habe es völlig vergessen, und dann sollte Stewart ihn zur Kontrolle herbringen … Ach, es ist zwecklos, die Schuld bei anderen zu suchen. Es war mein Fehler. Ich hätte besser aufpassen sollen.«
    »Niemand ist perfekt. Sie können nicht jedes Mal alles richtig machen.« Alex’ Hände tasten in der leeren Bauchhöhle des Hundes herum – wahrscheinlich sucht er nach vergessenen Tupfern. »Stewart sagte, Sie seien nicht da gewesen, als er heute Abend anrief?« Es ist keine Feststellung, sondern eine Frage.
    »Ich war im Talyton Inn, um die Morristänzer zu sehen, aber ich bin sofort zurückgekommen.« Ich weiß nicht, warum ich das Gefühl habe, mich rechtfertigen zu müssen. »Ich habe nicht länger als fünfzehn Minuten gebraucht, und Izzy war vor mir da, um Erste Hilfe zu leisten.«
    »So, ich finde hier nichts mehr«, sagt Alex. »Will Stewart die Leiche zurück?«
    »Ich weiß es nicht. Es war alles so hektisch, dass ich ihn nicht danach gefragt habe.« Ich zucke mit den Schultern. »Er war sowieso nicht in der Stimmung, mir zu antworten. «
    »Dann nähe ich ihn wieder zu, nur für alle Fälle.«
    Ich bin ihm sehr dankbar. Ich glaube nicht, dass ich das geschafft hätte. Ich hole ihm eine Nadel und etwas Nylonfaden, damit er sich an die Arbeit machen kann.
    »Ich habe von dem winzigen Slip gehört, und dass Frances praktisch Lynseys Baby auf die Welt geholt hat«, sagt Alex.
    »So gut wie. Die Sanitäter sind gerade noch rechtzeitig gekommen.« Ich versuche, den Faden einzufädeln, um Alex Zeit zu sparen, treffe allerdings das Nadelöhr nicht.
    »Darf ich?« Als Alex mir Nadel und Faden aus der Hand nimmt, berühren sich flüchtig unsere Finger. Er schafft das Einfädeln beim ersten Versuch und macht sich daran, Cadbury wieder in einen vorzeigbaren Zustand zu versetzen.
    »Ich weiß, es ist etwas dreist, Sie darum zu bitten«, sage ich nach einer Weile, »doch ich habe mich gefragt, ob Sie eventuell in Erwägung ziehen könnten, Frances wieder zurückzunehmen?«
    »In die Praxis?« Alex runzelt die Stirn. »Wieso?«
    Ich zögere. Soll ich es ihm sagen? Warum eigentlich nicht? Er wird es ja früher oder später sowieso erfahren. Noch ehe mir bewusst wird, was ich tue, sprudelt alles aus mir heraus: mein Konflikt mit Cheryl, die finanzielle Lage des Otter House, die Notwendigkeit, Frances zu entlassen, die ganzen Zweifel, die Sorgen und der Druck.
    »Ich fühle mich hier so isoliert«, füge ich hinzu und bin erneut den Tränen nahe.
    »Das tut mir leid«, antwortet Alex.
    »Klar doch«, erwidere ich, aber gleich darauf wünschte ich, meine Antwort wäre etwas weniger schroff ausgefallen.
    »Sie hätten früher etwas sagen sollen. Ich weiß, man erwartet das nicht unbedingt von mir, doch ich bin ein wirklich guter Zuhörer.«
    »Danke«, sage ich widerstrebend, denn irgendwie fällt es mir leichter,

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