Stadt, Land, Kuss
scharfen Kontrast zu den fröhlichen Blumen auf ihrem weit fließenden Oberteil. »Was habe ich getan?«
»Ab nächster Woche ist nicht mehr genug Geld da, um Ihr Gehalt zu zahlen. Es tut mir wirklich leid.« Es würde mir leichter fallen, mit der Situation umzugehen, wenn sie wütend würde, aber zu meinem Entsetzen fängt sie an zu weinen, und dicke Tränen rollen über ihre Wangen.
»Das habe ich kommen sehen«, meint sie, und ich frage mich gerade, wie sie das wohl angestellt hat – vielleicht besitzt sie ja übernatürliche Kräfte –, als mir einfällt, dass sie die Post für Emma geöffnet hat. Sie muss die Rechnungen und die Zahlungsaufforderungen gesehen haben. Sie zieht ein Taschentuch aus der Box, die sie für verzweifelte Tierhalter auf ihrem Tresen bereithält.
»Was soll ich denn jetzt machen?«, schluchzt sie. »Und wie sollen Sie hier ohne mich zurechtkommen?«
»Ich weiß es nicht.« Ich weiß überhaupt nichts mehr.
Schlechte Neuigkeiten verbreiten sich in Talyton St. George schneller als ein Magen-Darm-Virus auf einem Kreuzfahrtschiff. Stewart erzählt jedem, was passiert ist. Es stellt sich heraus, dass der Fahrer, der die Milch von der Barton-Farm abholt, mit der Leiterin der örtlichen Grundschule verheiratet ist und die beiden Schwestern des Rinderknechts in der Kirchengemeinde und im Frauenverein aktiv sind. Innerhalb einer Woche hat sich der Bericht über Cadburys trauriges Schicksal im ganzen Ort verbreitet und wurde dabei verzerrt und ausgeschmückt wie beim Stille-Post-Spiel, bis es sich anhört, als hätte ich Cadbury vor einem vollbesetzten Warteraum aufgeknüpft, ein Messer genommen und es ihm direkt ins Herz gerammt.
Ein paar Tage später kommt Mr Brown mit Pippin vorbei.
»Ich habe keinen Termin«, sagt er.
»Das macht nichts.« Ich habe jede Menge Zeit – eigentlich waren sieben Patiententermine vorgesehen, aber fünf Tierhalter haben abgesagt.
»Ich brauche im Grunde auch gar keinen, ich habe nur eine kurze Frage.«
Ich führe Mr Brown und Pippin ins Sprechzimmer, wo Mr Brown auf den Tisch klopft, wie wenn er erwarten würde, dass sein Hund das Äquivalent einer Stabhochsprungdistanz überwindet, nur ohne Stab. Stattdessen hebe ich Pippin selbst hoch, küsse ihn auf den Kopf und setze ihn auf den Tisch.
»Es geht ihm noch immer nicht besser, Maz«, sagt Mr Brown kummervoll.
»Wir haben ja auch noch nicht mit der Behandlung angefangen«, antworte ich unbeschwert. »Das Ergebnis der Stuhlprobe, die wir eingeschickt haben, ist da. Alles ist vollkommen normal, daher schlage ich vor, dass ich ihm erst einmal ein entzündungshemmendes Medikament verschreibe.«
»Das haben wir alles schon ausprobiert. Alex hat auch eine Entzündung diagnostiziert, und das ohne den ganzen Aufwand mit der Stuhlprobe. Wissen Sie, wie lange ich neulich morgen im Regen warten musste, bis Pippin sein Geschäft gemacht hatte?«
Ich bin nicht allmächtig. Ich habe keinen Einfluss auf das Wetter. Was Pippins Verdauung angeht, wäre ich dafür, eine dritte Meinung einzuholen. »Mr Brown«, sage ich, »ich habe alles getan, was mir hier möglich ist. Am besten überweise ich Pippin an einen Spezialisten an einer der tiermedizinischen Hochschulen.«
»Aber der arme Pippin verträgt Autofahren so schlecht. Von dem Rütteln wird ihm schlecht, und dann erbricht er Schaum, der in Farbe und Konsistenz an leicht geschlagenes Ei erinnert.« Mr Brown räuspert sich. »Maz, ich lese gerade ein Buch über Homöopathie.«
»Ich bin mir nicht sicher …«, setze ich an. Nicht sicher? Was soll der Quatsch? Natürlich bin ich mir sicher. »Ich glaube nicht an Homöopathie. Ich habe noch keinen Beweis gesehen, der mich davon überzeugt hätte, dass solche Behandlungen wirken.«
»Aber etwas Wahres muss doch dran sein«, widerspricht Mr Brown. »Die Bibliothek würde doch keine Bücher verleihen, in denen die Unwahrheit steht. Das wäre bestimmt nicht erlaubt.«
»Das erscheint mir etwas naiv, wenn Sie mich fragen. «
»Ich frage Sie aber nicht«, entgegnet Mr Brown sehr höflich. »Ich teile es Ihnen mit. Zu Ihrer Information …« Er zieht ein Blatt Papier aus der Tasche, setzt eine Brille auf und beginnt vorzulesen. Es ist eine Liste homöopathischer Heilmittel, von Pulsatilla bis Schwefel. »Ich werde das alles auf dem Heimweg in der Apotheke besorgen und Pippin von heute Abend an damit behandeln, wenn Sie der Ansicht sind, dass die Mittel ihm nicht schaden können.«
Ich zucke mit den Schultern. »Schaden
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