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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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würde etwas anderes finden müssen, was wir gemeinsam haben könnten, aber das ging irgendwie nach hinten los, denn es hat sich herausgestellt, dass wir sonst nichts gemeinsam haben.«
    Für einen Jungen, der so wenig spricht wie Jared, ist das praktisch eine Rede, und wir anderen nehmen sie mit respektvollem Schweigen auf. Jared geht zu Wayne hinüber und streckt die Hand nach dem Ball aus. »Und das ist meine ganze, traurige Geschichte. Film um elf.« Er fängt einen Ball von Wayne auf und dribbelt ihn zwischen seinen Beinen hin und her. »Ich nehme an, ich habe mehr mit dir gemeinsam, Onkel Joe, als mit meinem Dad«, sagt er zu mir.
    »Nur dass du tatsächlich spielen kannst«, bemerkt Wayne zur allseitigen offensichtlichen Belustigung.
    »Leck mich«, sage ich gutmütig, während Jared und Carly kichern. »Wollen wir jetzt Eins-gegen-Eins spielen?«
    Wayne lächelt. »Das ist eine Kampfansage.« Er wirft theatralisch seinen Mantel ab und stemmt sich vorsichtig hoch, wobei er die Arme in Jareds Richtung ausstreckt. »Gib mir den Ball, Junior.«
    In dem Augenblick, in dem Jared ihm den Basketball zuwirft, ertönt ein schrilles, heulendes Geräusch von kratzendem Metall und knarrenden Türangeln. Wir alle sehen auf die gegenüberliegende Wand der Turnhalle, wo auf einmal eine der Türen aufgeschwungen ist und einen dreieckigen Lichtkegel über den Turnhallenboden wirft. Umrahmt vom Lichtschein aus seinem Büro, steht Coach Dugan. Seine Züge sind im Halbdunkel nicht zu erkennen, aber an seinem gemeißelten. Profil gibt es keinen Zweifel. »Wer ist da?«, sagt er und tritt in die Turnhalle.
    »Erwischt«, stöhnt Jared unhörbar.
    »Hey, Coach«, sagt Wayne ein wenig verlegen. »Wie geht's?«
    Dugan blinzelt durch die Turnhalle in seine Richtung.
    »Wer ist das, Hargrove?«
    »Ja, Sir.«
    »Was zum Teufel treibst du hier, Söhnchen?«
    »Ich wollte nur noch einmal den alten Hartholzboden unter meinen Füßen spüren.«
    Dugan wirft einen Blick auf den Rest von uns, und seine Miene wird besonders grimmig, als er mich erkennt. Er scheint schon etwas sagen zu wollen, doch dann wendet er sich um, verschwindet wieder in sein Büro und lässt die Stahltür hinter sich mit einem lauten Knall ins Schloss
    fallen.
    »Erwischt«, sagt Jared noch einmal und steuert auf die Türen zu. »Und zwar so richtig. Er wird auf jeden Fall die Cops rufen.«
    »Was sollen wir jetzt machen?«, fragt Carly, wobei ihr ein ungewolltes Kichern entfährt. »Sollen wir abhauen?« Ich denke eine Sekunde darüber nach. »Hauen wir ab.« Wayne lehnt sich in seinem Rollstuhl zurück, und wir steuern in aller Eile auf die Ausgangstüren zu, als uns ein lautes Klicken und das Surren unsichtbarer Elektrizität abrupt innehalten lässt. Sekunden später schalten sich hörbar die Natriumlichter der Turnhalle an, Reihe um Reihe, und ihr weiches elektrisches Brummen erfüllt den Raum. Wir stehen im violetten Schimmer des Lichts und sehen uns in der zunehmenden Beleuchtung ungläubig um, und ich bemerke, dass Wayne lächelt. »Seht mal!«, sagt Carly und deutet nach oben.
    »Na, Teufel aber auch«, sägt Wayne, die Stimme belegt vor Emotion. Anfangs verstehe ich nicht, wovon sie reden, aber dann blicke ich noch ein bisschen höher und sehe, wie sich die Fiberglas-Korbbretter - ausschließlich für die Cougars reserviert - in ihren gefurchten Bahnen fast majestätisch senken, bis sie schließlich gleichzeitig in ihren Spielpositionen einrasten.
    Jared stößt einen Jubelschrei aus, wendet Waynes Rollstuhl und rennt über das Spielfeld zurück zu einem der jetzt gesenkten Korbbretter, und Carly jagt hinter ihnen her, den Ball viel zu hoch dribbelnd in der überschwänglichen und bewussten Art einer Frau, die noch nicht zum Kreis der Eingeweihten gehört. Ich bin gerührt von Dugans Geste und dann sauer auf mich, weil ich gerührt bin, denn er kann doch wohl nicht glauben, dass diese eine Freundlichkeit, diese eine winzige Tat, alles andere wieder gutmachen kann, und dann denke ich, ist es wirklich anders als das, was ich versucht habe, seit ich nach Falls gekommen bin, und ich beantworte das mit Ja, es ist anders, weil er ein Arschloch ist, und dann fällt mir wieder ein, dass ich ja auch eines bin.
    Ich setze mich in Bewegung, um am Ende des Spielfelds zu den anderen zu stoßen, aber auf einmal merke ich, dass ich an Ort und Stelle wie festgefroren bin, überwältigt von einer gewaltigen Welle größtenteils ungeformter Emotionen. Es kommt mir vor, als

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