Stadtfeind Nr.1
keinen Pool besaß, war für mich in jenen Tagen ohnehin kein Ort, an dem ich mich gerne aufhielt. In den Jahren nach dem Tod meiner Mutter hatte sich eine bedrückende Stille über die Familie gelegt, aber anstatt gegen diese Stille anzukämpfen, schien es, als hätten wir uns unter ihrem Gewicht verbogen, wie ein Haus mit einem latenten Konstruktionsfehler. Gespräche waren selten, Lachen eine Anomalie. Brad und mein Dad konnten sich wenigstens noch über Basketball unterhalten, hin und wieder sogar für ein bisschen Eins-gegen-Eins in die Auffahrt hinausgehen, was eine Illusion familiärer Entspanntheit schuf. Aber in jenem Sommer unternahm mein Bruder mit ein paar Freunden vom College eine Geländetour, und so blieb ich allein zurück, um mit anzusehen, wie mein Vater nach Hause kam, mit grimmiger Miene, die massiven Schultern gebeugt von einer allgemeinen Erschöpfung, die weitaus tiefer reichte, als von der Arbeit eines harten Tages verursacht. Ich überlegte, ob ich ihm anbieten sollte, ein bisschen Eins-gegen-Eins mit ihm zu spielen, aber ich tat es nie, so sicher war ich mir des sardonischen, herablassenden Grinsens, das seine Miene augenblicklich aufhellen würde, und der ironisch hochgezogenen buschigen Augenbrauen, wenn er auf mich hinunterblicken und sagen würde: »Du?« Es war mein bedauernswertes Schicksal, nur zu genau zu wissen, dass mein Vater es vorzog, in der trüben, klimatisierten Privatsphäre seiner Wohnzimmernische zu sitzen und in der nuklearen Glut seines Fernsehers sein TV-Dinner mit Bushmills hinunterzuspülen, bis er umkippte, anstatt nach draußen zu gehen und ein paar schöne Stunden mit dem Jüngsten seines unerheblichen Wurfs zu verbringen.
Die Arbeitszeit in der Fabrik dauerte von sieben bis drei, und da Wayne bei Porter's jeden Abend bis nach sechs arbeitete, dehnten sich meine Nachmittage mit einem trostlosen Mangel an Möglichkeiten vor mir aus. Eine Freundin hätte ich in jenen Tagen gut gebrauchen können, aber in drei Jahren Highschool hatte ich mich auf diesem Feld als erstaunlich ungeschickt erwiesen, und das traurigerweise nicht aufgrund mangelnder Versuche. Was bis zu diesem Punkt in meinem Leben Sex am nächsten gekommen war, hatte am Abend meiner Abschlussfeier der achten Klasse stattgefunden, als sich Morgan Hayes unter ihrer Bluse über ihrem BH von mir befummeln ließ, während sie meine Lippen mit ihrer Zahnspange zerschredderte.
Und so war es ein einsamer, mutterloser, gelangweilter und sexuell frustrierter Teenager, der Sammys Einladung annahm, täglich in die kühlen Wasser des Haber'schen Swimmingpools einzutauchen. Und es war derselbe Junge, der zu seiner großen hormonellen Freude entdeckte, dass Lucy Haber, Sammys langbeinige, lächerlich sexy Mutter, ihre Nachmittage abwechselnd mit Brustschwimmen und Sonnenbaden zubrachte, in diversen zweiteiligen Badekostümen, bei denen sich jede Faser anspannte, um die Prunkstücke ihres Körpers zusammenzuhalten.
Sammy war kein großer Schwimmer. Er legte rasch ein paar Züge hin, als wollte er seine Einladung zum Schwimmen rechtfertigen, aber er kletterte jedes Mal nach fünf oder zehn Minuten aus dem Wasser, warf sich ein Handtuch über seinen mageren Oberkörper und zog sich in das klimatisierte Haus zurück, wo er die durchnässten Strähnen seiner Stirntolle neu frisierte und Musikzeitschriften las. Nach den ersten paar Tagen, die auf diese Weise verliefen, fielen wir in eine bequeme Routine, die so aussah, dass Sammy lesend im Haus herumhing und ich im Pool blieb und mich um eine schamlose Unterwassererektion sorgte, während ich mit seiner Mutter plauderte. Lucy, völlig anders als jede Mutter, die ich je kennen gelernt hatte, schien sich zu freuen, dass jemand da war, mit dem sie die Nachmittage verbringen konnte, und fragte mich unablässig über mein eigenes Leben aus, wobei sie gelegentlich zu Geschichten aus ihrem eigenen abschweifte. Was mich betraf, so hätte sie ebenso gut über Quantenphysik sprechen können - es hätte mich gleichermaßen gefesselt, so tief versunken war ich in die ständige Begutachtung ihrer vollen Lippen, ihrer schlanken, sonnengebräunten Schenkel und der Wassertröpfchen, die an ihrer glänzenden Brust hinunter und in die Spalte ihres wundervollen Dekolletes sickerten, während sie sich am Pool sonnte. Die wiederholte Untreue ihres Mannes erschien jetzt nicht nur falsch, sondern verblüffend und unbegreiflich gierig. Wonach hätte er sich sehnen können, was er nicht schon
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