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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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durch das gerauchte Gras beeinträchtigt war. Wir saßen bis in die frühen Morgenstunden da und krallten uns ängstlich an die glatten Gipswände der Kuppel, bis die Sterne über uns aufhörten, wie eine Galaxie herumzuschwirren. Danach kamen wir überein, im nächsten Jahr wieder zu normalen Zigaretten zurückzukehren.
    Ich erwartete nicht, dass sich Wayne zu unserem alljährlichen Raucherabend zu mir gesellen würde, aber an diesem Tag der Arbeit veranlasste mich eine tiefe Melancholie, die mit der vagen Vorstellung zusammenhing, dass die Zeit ungebremst davonjagte, allein dort hinaufzuklettern. Sobald ich es mir sicher oben auf der Kuppel bequem gemacht hatte, zündete ich mir eine Zigarette an und sah nachdenklich über die Stadt hinaus. Auch wenn mein kümmerlicher Freundeskreis nun um Sammy erweitert war, fühlte ich mich doch einsamer als je zuvor. Ich lehnte mich zurück, betrachtete die Sterne und dachte über meine Mutter nach, fragte mich, ob sie auf mich hinunterblickte, und war bedrückt von dem Gedanken, dass sie mich so traurig und allein sehen würde, falls sie es tat.
    Dann hörte ich ein leises kratzendes Geräusch von Stoff auf Stein, und Wayne stemmte sich mit einem leisen Keuchen neben mir hoch. »Was zum Teufel, Mann?«, sagte er schwer atmend. Das blonde Haar klebte ihm an der schweißbedeckten Stirn. »Konntest du nicht noch zehn Minuten auf mich warten?«
    Ich lächelte und zündete ihm eine Zigarette von meinen eigenen an. »Ich dachte nicht, dass du kommen würdest«, sagte ich.
    »Na, du bist eben ein Arschloch«, sagte Wayne und nahm die Zigarette entgegen. »Tradition ist mein zweiter Vorname.«
    »Ich dachte, Howard.«
    »Bemerkungen wie diese könnten zu einem hässlichen Sturz führen, falls du verstehst, was ich meine.« »Entschuldige.«
    »Also«, sagte er und hielt die Zigarette wie zu einem Toast hoch. »Letztes Highschooljahr.«
    »Letztes Highschooljahr«, sagte ich, verblüffend froh darüber, dass Wayne gekommen war, dass wir wie in alten Zeiten wieder zusammen herumhingen. Irgendwie schien es dadurch möglich, dass trotz der seltsamen Entwicklung, die die Dinge genommen hatten, immer noch alles wieder normal werden könnte.
    Wayne zog einmal tief an seiner Zigarette und schien mich ein paar Augenblicke lang nachdenklich zu betrachten. »Joe«, sagte er schließlich. »Du bist immer noch mein bester Freund.« »Ich weiß.« »Gut.«
    Wir saßen in geselligem Schweigen da und sahen zum Nachthimmel hoch, und die Unmenge ungesagter Dinge schwebte in der raucherfüllten Luft zwischen uns. Wenn es je einen Augenblick geben sollte, um über alles zu reden, dann war er jetzt gekommen. »Wayne«, sagte ich vorsichtig.
    »Sag jetzt nichts, Mann«, sagte er mit einem traurigen Lächeln. »Ich bin sowieso schon völlig am Arsch. Wenn ich jetzt auch noch darüber reden muss, dann drehe ich völlig durch.«
    »Okay«, sagte ich und stieß dann einen lauten, hyperbolischen Seufzer der Erleichterung aus, über den wir beide lachen mussten. Unter uns tauchte ein plumpes Stinktier auf dem Schulrasen auf und huschte über den Boden, die Nase ins Gras gesteckt, als würde es nach einer Kontaktlinse suchen. Ich folgte den Bewegungen des Stinktiers, während Wayne noch zwei Zigaretten für uns anzündete.
    »Unser letztes Highschooljahr«, sagte er, wobei er an beiden Zigaretten gleichzeitig zog, bevor er mir meine reichte. »Ab jetzt geht es nur noch bergab.«
    »Wenn das schon das Beste war, dann bring mich bitte gleich um«, sagte ich.
    Wayne grinste. »Du solltest dieses Mädchen fragen, ob sie mit dir ausgehen will, Joe.«
    »Welches Mädchen?«
    »Diese Carly Wie-heißt-sie-doch-gleich.«
    »Carly Diamond«, sagte ich. Ich hatte in der zweiten Hälfte des vorletzten Highschooljahres begonnen, in aller Stille für sie zu schwärmen, etwas, was ich Wayne mehr als einmal anvertraut hatte.
    »Sie ist süß«, sagte Wayne. »Du solltest einen Versuch wagen.«
    »Vielleicht.«
    »Was ist das Problem?«
    »Wir haben uns erst ein- oder zweimal unterhalten«, sagte ich. »Wie komme ich denn von ein paar beiläufigen Gesprächen dazu, sie plötzlich zu fragen, ob sie mit mir ausgehen will?«
    »Aber das ist genau der richtige Zeitpunkt dafür.«
    »Ich dachte, wir sollten uns vielleicht erst ein bisschen besser kennen lernen, damit es nicht so, na ja, aus heiterem Himmel kommt.«
    »Falsch, falsch, falsch«, sagte Wayne. »Dieser Augenblick jetzt, wenn ihr euch kennt, aber eure Beziehung noch nicht

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