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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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schon an der Tür und hielt sie für ihn auf.
    »Einmal«, stieß er hervor, »als ich zwölf war, haben dieser Junge aus meiner Pfadfindergruppe und ich unsere Hosen ausgezogen und …«
    »Das zählt nicht«, sagte sie.
    Brian blieb im Flur stehen und sah wehmütig zu, wie Hillary die Tür schloß.
    Die Venus kehrte in ihre Muschel zurück.
Frühstück im Bett
    Michael hatte beim Aufwachen einen pelzigen Mund.
    Er schlüpfte so leise wie möglich aus dem Bett, ging ins Badezimmer und drückte mit seinem silbernen Zahnpastaroller von Tiffany etwas Aim auf seine Zahnbürste. Zum Putzen machte er die Tür zu.
    Als er auf Zehenspitzen ins Schlafzimmer zurückschlich, sagte das Wesen unter den Laken etwas zu ihm: »Du hast gemogelt.«
    Michael kroch wieder ins Bett. »Ich dachte, du schläfst noch.«
    »Jetzt muß ich mir auch die Zähne putzen.«
    »Mußt du nicht. Ich hab wegen meinem Atem eine Paranoia, nicht wegen deinem.«
    Jon schlug die Bettdecke zurück und ging ins Badezimmer. »Dann haben wir noch etwas gemeinsam.«
     
    Mona klopfte im falschen Augenblick.
    »Äh … ja … Moment noch, Mona.«
    Mona rief durch die Tür: »Zimmerservice, die Herren. Ziehen Sie einfach die Decken hoch.«
    Michael grinste Jon an. »Meine Mitbewohnerin. Mach dich auf was gefaßt.«
    In dem Moment platzte Mona auch schon herein und brachte ein Tablett mit Kaffee und Croissants.
    »Hallo! Ich bin Nancy Drew! Und ihr müßt die Hardy Boys sein!«
     
    »Sie gefällt mir«, sagte Jon, nachdem Mona wieder abgezogen war.
    »Macht sie das jeden Morgen?«
    »Nein. Ich denke, sie ist neugierig.«
    »Worauf?«
    »Auf dich.«
    »Oh … Seid ihr zwei …?«
    »Nein. Wir sind nur befreundet.«
    »Hast du noch nie mit …?«
    Michael schüttelte den Kopf. »Noch nie.«
    »Warum nicht?«
    »Warum nicht? Na ja … laß mich mal überlegen. Wie wär’s damit … Ich bin so warm, daß ich mit der flachen Hand bügeln kann.«
    »Und was heißt das?«
    »Das heißt, daß ich in bezug auf Frauen völlig unbeleckt bin. Nach Kinsey hundertprozentig Kategorie sechs.«
    »Oh.«
    »Erschreckt dich das?«
    »Nein, ich dachte nur … Wie alt bist du?«
    »Hoffentlich bist du kein Päderast. Ich bin sechsundzwanzig.«
    »Ich bin achtundzwanzig … und kein Päderast.«
    »Da bin ich aber froh.«
    »Und wie war’s in der High-School.«
    »Im Durchschnitt zwei minus.«
    Jon lächelte. »Ich wollte wissen, wie es in der High-School mit den Mädchen war. Hast du denn mit keiner was laufen gehabt?«
    »Auf der High-School hab ich mich immer nur mit den anderen Jungs rumgetrieben. Wir haben uns Budweiser reingezischt und uns Heteros ausgeguckt, die wir hinterher verkloppt haben.«
    »Tatsächlich?«
    Michael nickte. »Man kann sich gar nicht vertun bei den Heteros. Sie haben einen komischen Gang und stützen ihre Schulbücher immer auf der Hüfte ab. Das war doch bei dir bestimmt auch so, was? … Als du noch hetero warst.«
    Jon schaute ihm in die Augen. »Schalt doch nicht gleich auf Abwehr. Ich hab dich nicht kritisiert.«
    »Ich kann dich beruhigen, wenn dir das was hilft. Mein Comingout hatte ich erst vor drei Jahren. In der High-School war ich der reinste Eunuch.«
    »Damals hätte ich dich gern gekannt.«
    »Lieber als heute?«
    »Nein, zusätzlich zu heute.« Jon wuschelte durch seine Haare. »Ich mag dich, du Schwachkopf!«
     
    Nachdem Jon gegangen war, sprudelte es aus Michael nur so heraus. »Er ist unglaublich, Mona. Er hat eine praktische Einstellung, er ist selbstbewußt … und er ist ein richtiger Doktor! Kannst du dir vorstellen, daß ich jetzt einen Doktor habe, der das Bett mit mir teilt?«
    »Hat er dir einen Antrag gemacht?«
    »Komm mir nicht mit technischen Details.«
    »Was für ein Doktor ist er denn?«
    »Gynäkologe.«
    »Das könnte ja noch mal nützlich sein.«
    Michael gab ihr einen Klaps auf den Po. »Laß mich gefälligst ein bißchen herumspintisieren.«
    »Dann wirst du wohl ausziehen wollen, was?«
    »Mona!«
    »Nun?«
    »Du bist meine Freundin, Mona. Irgendwie werden wir immer Zusammensein.«
    »Ach ja? Und wie willst du das anstellen? Willst du mich adoptieren?« Sie ging zur Tür, machte sie auf und sagte zu einer unsichtbaren Besucherin: »Ach, hallo, Mrs. Plushbottom! Darf ich Ihnen meinen Vater Michael Tolliver vorstellen, den berühmten Geschichtenerzähler und Bonvivant, und meine Mutter, den Gynäkologen!«
    Michael schüttelte lachend den Kopf. »Ich würde dich vom Fleck weg heiraten, Mona Ramsey.«
    »Ja, wenn du

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