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Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Titel: Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Fachautoren, die sie in der Phil-Donahue-Show erlebt hatte) waren diese Beschwerden – Mittelschmerz hieß der blöde Fachausdruck dafür – der sicherste Anhaltspunkt für einen Eisprung.
    Manche Frauen hatten anscheinend nur ihre Tage und merkten vom Eisprung überhaupt nichts. Bei Mary Ann dagegen machte er sich unmißverständlich bemerkbar. Sie blätterte in ihrem New Yorker -Terminkalender vierzehn Tage vor und landete beim 3. April – Ostersonntag.
    Ein Ostereisprung. Wie sinnig.
    Brian erkundigte sich nie nach ihrem Mittelschmerz. Er verließ sich ganz romantisch auf etwas, das er »die gute alte Schrotschußtechnik des Babymachens« nannte. Der Ausdruck hatte sie immer gestört (warum waren Männer so stolz auf ihre Gedankenlosigkeit?), doch jetzt war sie plötzlich dankbar für seinen blinden Traditionalismus.
    Sie klappte ihren Terminkalender zu, und als sie sich zurücklehnte, mußte sie auf einmal an Mouse denken. Mit ihm hatte sie einmal über ihren Mittelschmerz gesprochen – unter anderem, um ihm ihre unbeherrschten Ausbrüche zu erklären –, und er hatte sie nie mehr damit in Ruhe gelassen. (»Ach je«, pflegte er zu sagen, wenn er sie in schlechter Laune antraf, »hast du etwa schon wieder deinen ethelmertz?«) Die Erinnerung entlockte ihr ein Kichern, und sie hauchte ihm um die halbe Welt einen Kuß zu.
    Der Rest ihres Arbeitstags war grauenhaft. Sie stritt sich eine Stunde mit einem Regisseur, der ihren Bericht über das Eisbärenbaby mit läppischer Disney-Musik unterlegen wollte, und dann kippte Bambi Kanetaka ihren Beitrag über die Blumen von Alcatraz zugunsten eines geschmacklosen Features über aufblasbare Sexpuppen in Marin County.
    Als sie abends um acht nach Hause kam, war Brian in seiner Jeansschürze zugange, und auf dem Herd duftete ein köstlicher Eintopf. Er gab ihr ein Küßchen auf die Wange und merkte erst dann, wie erschöpft sie war. »Anstrengender Tag, hm?«
    »Ja.«
    »Na, da habe ich was zum Aufmuntern. Wir haben heute eine verlockende Einladung gekriegt.«
    »So? Von wem?«
    »Theresa Cross. Wir sollen uns ein Wochenende bei ihr vergnügen. Im Pool planschen, faulenzen und … wer weiß, vielleicht machen wir sogar ein Baby oder zwei.« Als er ihre Miene sah, fügte er hinzu: »He, ich weiß, du stehst nicht auf sie, aber … na ja, irgendwie ist es doch eine nette Geste, findest du nicht?«
    »Ja«, gab sie zu, »schon.«
    Er wirkte erleichtert. »Es werden ein paar von ihren Rock’n’Roll-Freunden da sein.«
    »Na prima. Und wann?«
    »Ostern.«
    Natürlich, dachte sie.
    »Was ist denn?« fragte er.
    »Tja … da kann ich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Ich … na, weil ich arbeiten muß.«
    »An was denn?« brauste er auf. »Herrgott, es geht um Ostern.«
    »Ich weiß, aber … ich hab versprochen, das Osterfeature zu machen … die Morgenandacht am Mount Davidson und so Zeug. Ich weiß, es ist zum Kotzen, Brian. Ich wollte dir’s schon sagen. Pater Paddy hält die Andacht, und ich soll es für Bay Window covern.«
    Er zog einen Flunsch. »Jessas«, murmelte er.
    »Es tut mir leid«, sagte sie leise und verkniff sich den üblichen Jesus-Kalauer.
    »Herrgott, Ostern. Wie kommen die dazu, von dir zu verlangen, daß du …«
    »Brian, es ist mein Job.«
    »Ich weiß, daß es dein Job ist.« Auf seiner Stirn bildeten sich häßliche kleine Furchen – ein untrügliches Alarmzeichen. »Komm mir nicht wieder mit der alten Leier. Ich kenne deine Pflichten. Und deine Prioritäten auch. Ich bin einfach enttäuscht, ja? Oder hab ich vielleicht kein Recht dazu?«
    »Doch, natürlich.«
    »Laß mal«, sagte er in ruhigerem Ton. »Ich sag Theresa, daß wir nicht können.«
    Es wurmte sie, daß er die Rockwitwe beim Vornamen nannte, als wären sie die dicksten Freunde. Doch wie hätte er sie sonst nennen sollen? Bestimmt nicht Mrs. Cross. »Nein, das machst du nicht«, sagte sie. »Ich finde, du solltest hingehen.«
    Er machte ein ungläubiges Gesicht.
    »Ich möchte, daß du hingehst«, ergänzte sie.
    »Na, ich weiß nicht …«
    »Sieh mal, einer von uns muß doch rausfinden, wie es bei ihr ist. Wer kommt eigentlich noch?«
    »Tja, zunächst mal Grace Slick.«
    »Holla.«
    Er sah sie mißtrauisch an. »Seit wann sagst du holla, wenn der Name Grace Slick fällt?«
    »Das ist nicht fair«, maulte sie. »Ich mag Grace Slick.«
    »Na, jetzt hör aber auf. Du magst sie nicht. Du hast sie nie gemocht.«
    »Na ja … das Holla war für dich gedacht. Es war ein uneigennütziges

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