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Stadtmutanten (German Edition)

Stadtmutanten (German Edition)

Titel: Stadtmutanten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Strahl
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war der Nachbar eines Freundes.«
    »Im Almatahaus?«
    »Ja, vielleicht hat er von ihm erzählt. Mehmet hat auf seine Katze aufgepasst.«
    Sie lächelte traurig. »Enrico. Ich weiß von ihm. Mehmet fand ihn irgendwie komisch. Geht’s Enrico gut?«
    Ich konnte das Versteckspiel nicht mehr ertragen.
    »Enrico geht’s gut. Aber darum geht es nicht. Hör zu: Wir wissen von dem Koks. Wir wissen von dem Plan, den Mehmet und Andrej ausgeheckt haben.«
    »Andrej.« Fatima seufzte unglücklich.
    »Hat sich lange nicht hören lassen, wie?«, warf Ben ein, fing sich dann einen bösen Blick von Rita.
    Tränen in Fatimas Augen. »Nein. Was ist mit ihm?«
    »Wissen wir nicht genau«, antwortete ich wahrheitsgemäß, »aber seine Chancen stehen schlecht. Er hat Dimitri töten lassen und Egor hat es gesehen.«
    »Dann ist er ein toter Mann.«
    Ich ersparte ihr den Teil mit Egors Infektion und seinen Plan, Andrej aufzuessen. Zum Glück hielt auch Ben seine Klappe.
    »Ja, Egor ist ein gefährlicher Mann.«
    »Aber ich verstehe das nicht! Andrej mochte Dimi. Vor Egor hatte er nur Angst. Aber Dimitri war fast ein Freund!«
    »Er dachte, dass du mit Egor gefickt hast.«
    »Oh nein.«
    »Ist da was dran?«
    »Nein, aber ich weiß, warum Andrej das dachte. Egor hat mich geprüft, ihr versteht? Der Arsch. Wollte sehen, ob ich so eine Schlampe bin. Ich!«
    Sie wurde still. Ich überlegte, ob ich ihr sagen sollte, dass ihr geliebter Bruder wahrscheinlich für den Tod Hunderter, wenn nicht Tausender Einwohner Bremens verantwortlich war, behielt den Gedanken aber für mich. Ben und Rita sagten auch nichts.
    »Fatima. Wie sicher ist das Haus, in dem deine Familie lebt?«
    »Sehr sicher. Das ganze Haus hält zusammen. Wir beten zusammen, bewachen das Haus. Stellen Wachen auf und so.«
    »Dann geh dahin zurück. Sag ihnen, was passiert ist. Aber sag nichts von dem Koks. Es ist weg, es kann nicht mehr in Verbindung mit Mehmet oder Andrej gebracht werden. Finde Trost in der Familie. Sprich Gebete für sie, wenn du magst. Eine intakte Familie ist unersetzlich. Ich sage nicht, dass du jemals ganz darüber hinweg kommen wirst. Aber die Familie wird einen großen Teil auffangen, da bin ich sicher.«
    Sie starrte eine Weile ins Leere. Dann bedankte sie sich, ließ sich zur Tür geleiten und ging. Wir tauschten uns noch kurz über Fatima aus. Den Rest des Abends schauten wir gemeinsam DVDs und tranken guten Wein aus dem Keller von Ritas Eltern. Es tat verdammt gut, zu Besuch bei Freunden zu sein. Ein Stück Normalität im Chaos. Ich verkniff mir bis zum Ende weitere Kommentare zu der Auswanderungsgeschichte. Zu kostbar war die Zeit, die wir zusammen verbrachten. Morgens beim Frühstück erzählte ich mehr von meinem Plan, Doktor Bayer bei der Hilfe nach einem Heilmittel zu helfen. Ben nickte verständnisvoll.
    »Falls es nichts wird, bist du gern eingeladen, mit uns zu kommen.« Und das meinte er todernst.
    »Ich werde darüber nachdenken.« Das meinte ich in dem Moment nicht ernst. Ich sollte später aber genauso ernsthaft an Bens Worte zurückdenken.
     

 
     
     
     
    21 HOFFNUNG
     
     
    Die Beamten in der Polizeistation, die ich gegen Mittag betrat, waren im Dauerstress. Offenbar war zu den Problemen im Sperrgebiet mit seinen Plünderungen, Straßenkämpfen und Beißerattacken ein neues Problem gekommen. Nach allem, was ich mitbekam, hatte das Militär Truppen von den Grenzen abgezogen, da der Einsatz auf die Dauer zu teuer wurde. Das machte die Grenzen durchlässig. Das Problem waren aber nicht nur Flüchtlinge oder Totenmänner, die die Grenzen überschreiten wollten, sondern auch Schaulustige, die nun die sich bietenden Schlupflöcher nutzen, um für einen Tag Abenteuerurlaub im Krisengebiet zu machen. Von normaler Polizeiarbeit keine Spur. Schließlich kam ich an die Reihe und auf einmal ging alles sehr schnell. Man nahm mir zuerst den Knüppel ab. Der örtliche Beamte setzte dann einen Funkspruch auf und 15 Minuten später wurde ich in einen Hubschrauber verladen, der mich zum Krankenhaus brachte. Während meines kurzen Fluges konnte ich mir das ganze Elend aus der Vogelperspektive ansehen. Die Straßen Gröpelingens glichen einem Kriegsgebiet. Zerstörte Autos, brennende Häuser, hier und da fanden kleine Scharmützel statt. Ich wunderte mich nicht mehr über den Mangel an alltäglicher Polizeiarbeit. Wie sollten die paar Figuren, die hier die Stellung hielten, etwas ausrichten? Wo anfangen? Also taten sie das Offensichtliche: Sie

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