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Stalins Geist

Stalins Geist

Titel: Stalins Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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bringen.
    Arkadi kroch unter die Couch, fand die Feder und tastete nach der Muffe, in die er die Feder hineinzuschieben hatte. Er berührte sie mit den Fingerspitzen, aber sie rollte jedes Mal weg. Von der anderen Seite konnte er sie nicht erreichen, weil sein Vater im Weg war.
    »Ich habe diesen Waffenexperten kennengelernt, weil ich die schmutzige Arbeit bekam - Aufträge, die niemand sonst ausführen wollte. Stalin selbst nahm mich dann beiseite und sagte, hier oder da sei ein Fehler begangen worden, der korrigiert werden müsse. Je weniger davon wüssten, desto besser, und er werde sich an mich erinnern, wenn die Marschallsstäbe verteilt würden. Ich bildete mir ein, ich sei der Elefant in der Parade. Wie sich herausstellte, war ich der Mann, der mit einer Schaufel und einem Eimer voll Scheiße hinter dem Elefanten herging. Noch zehn Sekunden. Hast du das verdammte Ding immer noch nicht zusammen?«
    Arkadi angelte mit der Pistole nach der Muffe. Als er sie erreicht hatte, kroch er unter dem Sofa hervor, schob die Feder hinein, drehte die Muffe fest, schob das Magazin in den Griff und riss sich die Augenbinde herunter.
    »Fertig!«
    »Wirklich? Das ist die Frage. Gib her.«
    Der General nahm die Pistole, hielt sie sich an die Schläfe und drückte auf den Abzug. Der Schlagbolzen rührte sich nicht.
    »Sie ist nur halb gespannt.« Arkadi nahm die Waffe und drückte den Schlagbolzen einen Rast weiter. Dann gab er sie seinem Vater zurück. »Jetzt ist sie gespannt.«
    Trostlosigkeit lag im Blick seines Vaters.
    »Ich muss meine Hausaufgaben machen.« Arkadi entließ sich selbst.
    Es war das letzte Mal, dass sie dieses Spiel gespielt hatten.
    »Ein Neuer Russe«, erzählte Viktor, »geht in eine teure Boutique und fragt die Verkäuferin, was er seiner Frau zum Geburtstag schenken soll. Der Preis spielt keine Rolle. Er hat ihr schon einen Mercedes, Brillanten von Bulgari und einen knöchellangen Zobelmantel geschenkt.«
    »Wie lang ist dieser Witz?«, fragte Arkadi. Nach seiner Uhr war es sechs Uhr morgens. Ein bisschen früh für einen Anruf.
    »Nicht lang. Die Verkäuferin sagt: >Dann gibt es nichts mehr zu kaufen. Tun Sie etwas Persönliches, etwas Intimes. Schenken Sie ihr einen Gutschein über zwei Stunden wilden Sex, die Erfüllung aller Fantasien und Wünsche.< Der Neue Russe sagt: >Yeah!< Das klingt, als hätten sie beide etwas davon. Er geht zu einem Kalligraphen und zahlt ihm tausend Dollar für einen handgeschriebenen Gutschein über zwei Stunden Sex und die Erfüllung aller Fantasien, ohne Einschränkungen.«
    »Lieber Gott, bitte lass Viktor tot umfallen.«
    »Geduld. Ein Gutschein über zwei Stunden Sex. Ihr Geburtstag kommt. Er schenkt ihr Perlen, einen neuen Mercedes, ein Faberge-Ei wie immer - und schließlich einen Umschlag mit dem Gutschein. Sie nimmt ihn heraus, liest ihn und wird rot. Sie lächelt. Sie drückt den Gutschein an die Brust und sagt: >Danke, danke, Boris. Das ist das schönste Geschenk, das ich je bekommen habe. Ich liebe dich, ich liebe dich.< Sie nimmt ihre Autoschlüssel. >Dann bis in zwei Stunden also!«<
    Pechschwarze Nacht. Arkadi stand im trüben Licht, das von der Straße hereinfiel, und sah sich in einem klassischen Dilemma. Sollte er seine Zigaretten da suchen, wo sie höchstwahrscheinlich waren, oder da, wo das Licht am besten war? Ein paar Schneeflocken schmolzen auf dem Asphalt.
    »Und wer sind die >zwei Stunden< in Twer?«, fragte Viktor. »Deine Fähigkeit, alles auf Sex zu reduzieren, ist wirklich verblüffend. »
    »Das beste System, das ich kenne.«
    Eine Goldmine. Arkadi fand eine Schachtel in seiner Jacke, aber keine Streichhölzer.
    »Surin hat angerufen und wollte wissen, wo du bist«, berichtete Viktor. »Ein Staatsanwalt aus Twer, ein Kretin namens Sarkisian, hat angerufen und gefragt, warum du nicht ins Büro kommst. Das hat mir Gelegenheit gegeben, an meinen antisozialen Fähigkeiten zu feilen.«
    »Warum bist du um diese Zeit auf?« Arkadi fiel ein, dass er in der Küche Streichhölzer gesehen hatte.
    »Ich observiere jemanden.«
    »Du rufst mich an, um bei einer Observation wach zu bleiben?« Arkadi tastete auf Küchentisch und Arbeitsplatte nach Streichhölzern.
    »Ich will diesen Typen einbuchten. Vorhin hatte er Besuch, aber jetzt ist er allein. Ich wünschte, er würde die Kühlschranktür aufmachen, pissen gehen, ein Streichholz anreißen - irgendetwas, das ich berichten kann.«
    »Was hat er getan?«
    »Ist von der Armee desertiert. Was mir ja recht

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