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S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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richtigen Fragen stelle."
    David antwortete nicht, dabei hätte er ihr genau sagen können, welche Frage sie hätte stellen müssen.
    Warum siehst du nie aus dem Fenster, David? Das hätte Irina fragen sollen, doch das verschwieg er ihr.
    Irina stand auf und steckte den PDA ein. „Also gut, ich komme heute Abend noch mal vorbei. Major Marinin wird dich vermutlich auch noch einmal sprechen wollen."
    David nickte, erleichtert darüber, dass sie das Thema gewechselt hatte. „Okay, und wenn Sie Doktor Getman sehen, können Sie ihn dann an das Gespräch erinnern, das er mir versprochen hat?"
    „Natürlich."Irina drehte sich weg und öffnete die Tür, während sie es sagte. „Bis später."
    Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
    David atmete tief durch und stand auf. Mit starr auf den Boden gerichtetem Blick ging er zum Fenster und ließ die Jalousie herunter, bis das Licht nur noch durch schmale Spalte fiel. Es war sicherer, wenn er nicht nach draußen blicken konnte. Seltsame Dinge geschahen mit ihm, wenn er es tat. Er verlor sich in der öden Landschaft, vergaßdie Zeit und manchmal sogar sich selbst. Die Zone rief ihn, zog ihn an, lockte ihn durch den Wind und das Gras. In der gestrigen Nacht wäre er beinahe aus dem Fenster geklettert, um dorthin zu gelangen. Doch er war im vierten Stock einquartiert, und der Weg nach unten war weit.
    Aber die Sehnsucht ließ nicht nach, im Gegenteil, sie schien mit jedem Tag stärker zu werden.
    Natürlich, dachte er, während er Jeans und T-Shirt anzog. Deine Eltern sind irgendwo in der Zone. Es ist ganz normal, dass du dich dorthin gezogen fühlst. Das würde Irina auch sagen.
    Doch es war mehr als die Suche nach seinen Eltern, was ihn antrieb. Er konnte es nicht erklären, aber es fühlte sich an, als wäre etwas in ihm, das in die Zone gehörte und dorthin zurückkehren wollte.
    Das Gefühl machte ihm Angst, aber es faszinierte ihn auch. Was würde er wohl finden, wenn er ihm nachgab?
    David band sich die Schnürsenkel seiner Turnschuhe und öffnete die Tür. Der uniformierte Polizist, der zur Abschreckung eventueller Journalisten davor postiert war, sah von seiner Zeitung auf und nickte ihm zu.
    „Morgen", sagte David freundlich. „Ich hab einen Termin mit Doktor Getman und soll ihn in seinem Büro treffen."
    Das entsprach zwar nicht der Wahrheit, aber er hatte keine Lust mehr, auf den Arzt zu warten. Er wollte raus aus der Langeweile und der ständigen Kontrolle des Krankenhauses.
    Er wollte in die Zone.
    Der Polizist winkte nur desinteressiert. „Geh ruhig. Du weißt ja, dass du das Gebäude nicht verlassen darfst."
    „Ja."David ging an ihm vorbei den Gang hinunter. Es roch nach Desinfektionsmitteln und Früchtetee. Krankenschwestern eilten in weißer Kleidung an ihm vorbei. Ihre Sohlen quietschten auf dem Linoleumboden. Niemand beachtete ihn.
    Er hielt einen Pfleger auf, der gerade ein Krankenzimmer verließ. „Wo finde ich Doktor Getmans Büro?"
    „Im Ärztetrakt. Zum Fahrstuhl und dann links durch die Glasür."Der Pfleger, der kaum älter wirkte als David, musterte ihn stirnrunzelnd. „Bist du ein Patient?"
    „Nein."David log instinktiv. „Ich habe einen Termin mit DokGetman."
    „Dann ist es ja gut. Patienten will er in seinem Büro nämlich nicht empfangen. Dazu sind die Visiten da."
    „Schon klar. Danke." David wandte sich ab und atmete tief durch. Der Pfleger schien keine Fernsehnachrichten zu verfolgen, sonst hätte er ihn sicherlich erkannt.
    Vor den Fahrstühlen standen einige Patienten mit ihren Freunden und Angehörigen, waren wohl auf dem Weg in die Kantine. Als David an ihnen vorbeiging, drehten sich zwei ältere Frauen nach ihm um.
    „Ist das nicht der deutsche Junge aus dem Bus?", hörte er eine fragen.
    „Ja", entgegnete die andere. „Wie schrecklich."
    Er wusste nicht, was sie damit meinten. Fanden sie das Verschwinden des Busses schrecklich oder das seiner Eltern? Oder fürchteten sie vielleicht, dass schon durch die Anwesenheit eines Überlebenden ein Teil des Schreckens auf sie übergehen könnte, wie ein Fluch, den man nicht mehr loszuwerden vermochte?
    David hörte die Frauen tuscheln. Weitere Stimmen gesellten sich dazu und verstummten erst, als die Brandschutztür des nächsten Trakts hinter ihm zufiel. Trotzdem spürte David die Blicke der Menschen in seinem Rücken. Er wusste nicht warum, aber ihre Neugier ärgerte ihn.
    Der Gang, der vor ihm lag, war leer. Der typische Krankenhaus-Geruch war verschwunden, stattdessen roch es hier

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