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Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Titel: Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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hochgesteckt und mit hellblauen Bändern geschmückt. Über ihre Wange zog sich eine frische Narbe, die ihre Schönheit jedoch keineswegs beeinträchtigte, sondern sie merkwürdigerweise noch faszinierender machte. Die Narbe zog sich als weißer Strich von ihrem linken Wangenknochen bis zu ihrem Ohr. Sally schaute Starbuck an, anscheinend war sie ebenso überrascht, wie er nervös war, dann schlug sie das schmale Buch zu und legte es auf einen Beistelltisch. «Der Pastor!» Sie klang erfreut.
    «Sally?» Starbucks Stimme schwankte. Er war unsicher wie ein Kind.
    «Ich heiße jetzt Victoria. Wie die Königin.» Sally lachte. «Sie haben mir einen neuen Namen gegeben, verstehen Sie? Also bin ich jetzt Victoria.» Sie hielt inne. «Aber Sie können mich Sally nennen.»
    «Sie sperren dich ein?»
    «Das ist nur, um die Kunden draußen zu halten. Manchmal geht es mit den Männern durch, jedenfalls mit den Soldaten. Aber ich bin keine Gefangene. Ich hab ’nen Schlüssel, sehen Sie?» Sie zog einen Schlüssel aus ihrer Kleidertasche. «Und ich sollte nicht ’nen sagen. Das mag Mrs. Richardson nicht. Sie sagt, ich sollte nicht ’nen sagen und Nigger auch nicht. Das ist nicht schön, verstehen Sie? Und sie bringt mir auch das Lesen bei.» Sie zeigte Starbuck ihr Buch. Es war eine der McGuffeys-Lesefibeln, der erste Band einer Reihe, den Starbuck mit drei Jahren hinter sich gehabt hatte. «Ich kann es bald richtig gut», sagte Sally begeistert.
    Starbuck hätte am liebsten um sie geweint. Er wusste nicht recht, weshalb, denn sie sah gut aus, klang sogar glücklich, und doch war etwas Erbärmliches an diesem Ort, das ihn die ganze Welt hassen ließ. «Ich habe mir Sorgen um dich gemacht», sagte er lahm.
    «Das ist nett.» Sie lächelte ihn kurz an, dann zuckte sie mit den Schultern. «Aber mir geht es gut, richtig gut. Außer, dass sich dieses Stück Scheiße Ethan Ridley keine Sorgen um mich macht, darauf könnt ich wetten.»
    «Ich glaube auch nicht, dass er das tut.»
    «Ich sehe ihn in der Hölle wieder.» Sally klang bitter. Ein Donnergrollen rollte über die Stadt, einen Augenblick später gefolgt von schwerem, rauschendem Regen. Die Tropfen ließen die straffgespannte Insektengaze zittern, die über die beiden offenen Fenster genagelt war. Es wurde dämmrig, und die Blitze eines Sommergewitters zuckten hell über den Himmel im Westen. «Wir haben Wein», sagte Sally, die ihre gute Laune wiedergefunden hatte, «und ein bisschen kaltes Huhn, sehen Sie? Und Brot. Und das hier sind kandierte Früchte, sehen Sie? Und Nüsse. Mrs. Richardson sagte, ich würde einen besonderen Gast bekommen, und die Mädchen haben das alles heraufgebracht. Sie können sich sehr gut um uns kümmern, verstehen Sie?» Sie stand auf und ging zu einem der offenen Fenster, um durch die Gaze den Blitzen zuzusehen, die in der zunehmenden Dunkelheit zuckten. Die Luft war schwer und schwül, durchzogen von den Tabakgerüchen der Richmonder Fabriken, die Sallys großes Zimmer erfüllten, das für Starbucks unschuldiges Auge erschütternd normal wirkte, eher wie ein gut eingerichtetes Hotelzimmer. Da waren ein schwarzmetallener Kamin mit einem kleinen Kaminrost, ein Kaminschirm aus Messing, geblümte Tapeten, und an den Wänden hingen gerahmte Bilder von Berglandschaften. Es gab zwei Stühle, zwei Tische, mehrere Teppiche und den allgegenwärtigen Spucknapf auf dem gebohnerten Holzboden. Außerdem stand in dem Zimmer ein breites Bett mit einem beschnitzten Kopfteil und einem Berg weißer Kissen. Starbuck bemühte sich angestrengt, nicht zu dem Bett hinüberzusehen, während Sally immer noch das Wetterleuchten am westlichen Horizont beobachtete. «Manchmal schaue ich dort hinüber und denke an zu Hause.»
    «Vermisst du es?»
    Sie lachte. «Mir gefällt es hier, Pastor.»
    «Nate, nenn mich Nate.»
    Sie wandte sich von dem Fenster ab. «Ich wollte immer eine feine Dame sein, weißt du? Ich wollte, dass alles schön ist. Meine Ma hat mir immer von ’nem richtig schönen Haus erzählt, in dem sie mal war. Sie sagte, dort gab es Kerzen und Bilder und weiche Teppiche, und das wollte ich schon immer haben. Ich habe das Leben dort oben gehasst. Um vier Uhr früh aufstehen und Wasser aus dem Brunnen holen und dann diese Kälte im Winter. Und meine Hände waren immer entzündet. Haben sogar geblutet.» Sie hielt ihre Hände hoch, die nun weiß und weich waren, dann nahm sie eine Zigarre aus einem Becher auf dem Tisch, auf dem auch das Essen stand. «Willst du

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