Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
Schwenk zu heftig an den Zügeln, Pocahontas protestierte gegen den Schmerz und wurde langsamer, bis sie schließlich stehen blieb. «Ist mir auch egal, verdammtes Vieh», knurrte Starbuck. Dann schüttelte er den rechten Steigbügel vom Fuß und schwang sich aus dem Sattel. Ein Vogel kreischte vor ihm im Unterholz. Er wusste nicht, was für ein Vogel das war. Er erkannte Kardinäle, Blauhäher, Meisen und Möwen. Das war alles. Er hatte geglaubt zu wissen, wie ein Adler aussah, doch als er bei Faulconer Court House einen entdeckte, war er von den Männern der Kompanie C nur ausgelacht worden. Das sei kein Adler gewesen, sagten sie, sondern ein Eckschwanzsperber. Das wisse doch jeder Esel, nur nicht Second Lieutenant Starbuck. Gott, dachte er, ich versage wirklich bei allem.
Er schlang die Zügel des Pferdes um einen niedrigen Ast und ließ sich mit dem Rücken an dem Baum hinuntergleiten, um sich in das hohe Gras zu setzen. Eine Heuschrecke sang ihn an, als er die zerknitterten Papiere aus seiner Tasche zog. Die aufsteigende Sonne überflutete die Baumwipfel mit Licht, filterte grünen Glanz durch das Sommerlaub. Starbuck scheute sich davor, den Brief zu lesen, aber er wusste, dass er sich dem Zorn seines Vaters früher oder später stellen musste, und besser, das geschah auf Papier als in dem muffigen, mit Büchern überfüllten Bostoner Studierzimmer von Reverend Elial Starbuck, der seine Rohrstöcke an die Wand zu hängen pflegte wie andere Männer ihre Angelruten oder Schwerter. «Wisset, dass eure Sünde euch finden wird.» Das war ein bevorzugtes Bibelzitat von Reverend Elial, die Klagemelodie von Nates Kindheit und ständiger Begleitgesang der zahlreichen Prügelstrafen mit dem an der Spitze metallbeschlagenen Rohrstock. Starbuck entfaltete die steifen Papierbögen.
Reverend Elial Starbuck an Colonel Washington Faulconer, Faulconer County, Virginia
Verehrter Herr,
ich habe Ihr Schreiben vom 14. erhalten, und meine Frau schließt sich meinem christlichen Dank für die darin ausgedrückten Wünsche an. Ich kann niemandem verhehlen, am wenigstens mir selbst, wie tief mich Nathaniel enttäuscht hat. Er ist ein junger Mann mit unüberschätzbaren Privilegien, aufgewachsen in einer christlichen Familie, erzogen in einer gottesfürchtigen Gemeinde und so gut ausgebildet, wie es unsere Möglichkeiten zuließen. Gott hat ihm einen scharfen Verstand gewährt und die Zuneigung einer einträchtigen und innig verbundenen Familie, und es war lange mein frommer Wunsch, dass mir Nathaniel in das Predigeramt für Gottes Wort folgen würde, doch zu meinem Bedauern hat er stattdessen den Weg des Lasters gewählt. Ich bin nicht unempfänglich für den Überschwang der Jugend, aber seine Studien für eine Frau aufzugeben! Und zum Dieb zu werden! Das genügt, um einem Vater das Herz zu brechen, und der Kummer, den Nathaniel seiner Mutter bereitet hat, wird, da bin ich gewiss, nur noch von der Betrübnis übertroffen, mit der er unseren Herrn und Erlöser erfüllt hat.
Dennoch vergessen wir die Christenpflicht gegenüber einem reuigen Sünder nicht, und wenn, wie Sie andeuten, Nathaniel bereit ist, das volle Ausmaß seiner Sünden demütig und in wahrer Reue zu beichten, werden wir uns der Wiedergutmachung nicht in den Weg stellen. Dennoch kann er nicht darauf hoffen, dass wir die warmen Gefühle, die wir einst für ihn empfunden haben, wiederaufleben lassen, noch darf er glauben, eines Priesteramtes würdig zu sein. Ich habe diesem Mann Trabell das gestohlene Geld ersetzt, doch ich werde darauf bestehen, dass Nathaniel es mir in voller Höhe zurückzahlt, wofür er sein Brot im Schweiße seines Angesichts verdienen muss. Wir haben ihm einen Platz in der Anwaltskanzlei meines Schwagers in Salem verschafft, wo Nathaniel, so Gott will, unsere großzügige Vergebung durch die gewissenhafte Erfüllung seiner neuen Pflichten belohnen wird.
Nathaniels älterer Bruder James, ein guter Christenmensch, erfüllt in unserer Armee seine derzeitigen traurigen Aufgaben, und er wird, mit Gottes Hilfe, dafür sorgen, dass dieses Schreiben sicher bei Ihnen ankommt. Ich bezweifle, dass Sie und ich jemals zu einer übereinstimmenden Meinung kommen werden, was die tragischen Ereignisse angeht, die nun unsere Nation erschüttern, aber ich weiß, dass Sie sich mit mir in der anhaltenden Hoffnung auf den Spender Alles Guten, den Einen Gott, vereinen, in dessen heiligem Namen wir doch, darum bete ich, den Brüderzwist abwehren und unsere
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