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Starke Frauen

Starke Frauen

Titel: Starke Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Horáková
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Lob über dich. Du bist für viele ein Duft des Lebens geworden.« Nie zuvor hat ein Papst einem Menschen einen solchen »Blankoscheck« ausgestellt.
    Hildegard, die sich jetzt als die »Posaune Gottes« versteht, bekommt von den Mönchen einen Sekretär gestellt, dem sie ihre Bücher über Biologie und Astronomie, ihre Liedertexte, Koch- und Naturheilrezepte diktiert. Gegen Depressionen hilft Wein aus Veilchen; um den Kater loszuwerden, müsse man Fenchelsamen kauen oder Fencheltee trinken. Sauerkraut macht die Haut zart, und gegen Dummheit hilft es, am Saphir zu lecken. Den Sextrieb allerdings, dieses »Drangsal der Glut, die in dir ist ...«, kriegt man nur mithilfe einer starken Seele in den Griff.
    Hildegards Empfehlungen aus ihren Schriften Causae et Curae (Heilkunde) und Physica (Naturkunde) sind bis heute populär. Hildegard, die Nonne, verteufelt weder Sex noch physische Schönheit, weil für sie Körper und Geist untrennbar sind – hinter der verblüffenden Vielfalt ihres Wissens verbirgt sich ein geschlossenes Weltbild mit einer »Lichtgestalt von höchster Schönheit« in der Mitte.
    Natürlich war diese weibliche Universalgelehrte irgendwie unheimlich. Ihr selbstbewusstes Auftreten war jedoch ebenso unerhört wie mitreißend – sie plädiert für eine neue Frömmigkeit der Liebe, nicht des Zorns und blinden Gehorsams. Die Scharen, die sich bei ihr Rat holen, erweisen sich als großzügig. Aus dem »Zehntel« wird eine Goldgrube für das Kloster.
    Denn wohlgemerkt, sie ist immer noch in der Klause eingemauert, die sie vor 44 Jahren betrat. Jetzt aber will sie ein eigenes Kloster. Nie zuvor hatte eine Frau ein Kloster gegründet.
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    »Ich sah ein so großes Licht, dass meine Seele erbebte«
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    Anno 1150 zieht Hildegard mit 18 Nonnen in ihr eigenes Kloster, mit – welch Luxus! – fließendem Wasser in allen Räumen, auf dem Rupertsberg ein. Ihre Ordensschwestern dürfen nach Lust und Laune lachen und musizieren, sich »schön« machen, Schmuck tragen, »leuchtend weiße Seidenschleier, auf dem Haupt goldgewirkte Kränze« tragen.
    1158 garantiert Kaiser Barbarossa der Äbtissin Steuerfreiheit. Aber Hildegards Dankbarkeit hält sich in Grenzen, weil er sich im Streit um den »richtigen« Papst (die Kirche ist durch ein Schisma gespalten) für den »falschen« Nachfolger Petri entschieden hatte. Sie »erinnert« ihn daran, dass er ein »armer Sünder« sei und in der Hölle lande, falls er nicht umdenke.
    Hildegard – sie ist fast 60! – beginnt, das Land zu Pferd zu erkunden und vor Klerus und Volk zu predigen. Auch dies hat vor ihr noch keine Frau gewagt. Die Zahl von Hildegards Bewunderern wächst ebenso wie die Zahl der Neider.
    Anfang 1169 bittet man sie, eine vom »Teufel Besessene« zu heilen. Die Austreibung böser Geister war an sich ein Privileg hochspezialisierter Priester. Aber sie lässt sich darauf ein. »Durch Gebete, Almosen und körperliche Buße«, also im Grunde genommen durch Solidarität, bemühen sich die Ordensschwestern um die Austreibung des Dämons. Und es gelingt: Die Kranke, und das war sie wohl für Hildegard, wird geheilt. Die Kunde von der wundersamen Genesung macht Hildegard endgültig zur Volksheiligen – doch ihr entscheidender Kampf steht noch bevor.
    1178 lässt sie auf ihrem Friedhof einen exkommunizierten Edelmann beerdigen. Der Mainzer Bischof befiehlt ihr, die Leiche zu exhumieren und auf einem Schindanger beizusetzen. Die Äbtissin lehnt ab, weil sie in einer Vision erfahren hatte, dass der Tote schuldlos ist. Zur Strafe für diesen Ungehorsam wird über ihr Kloster ein Interdikt verhängt. Sprich: Der Gottesdienst wird eingestellt, die Nonnen müssen auf Glockenklang, Singen und Kommunion verzichten.
    Hildegard leidet unter dem Entzug der sinnesfreundlichen Schönheit, aber sie gibt nicht nach. Es geht um ihr Lebenswerk: Die Daseinsberechtigung des Klerus sei es, Gottes Willen zu vermitteln. Wenn der Mensch, und sei es eine Frau, seine Hinweise »direkt von oben« erhalte, würden die Geistlichen obsolet. Das »armselige Geschöpf« greift die mächtigste Institution der Welt an. Gefragt, wie sich eine Vision anfühlt, antwortet sie: »Wie Tropfen süßen Regens in das Bewusstsein meiner Seele gegossen.«
    Da sie nicht musizieren darf, beginnt Hildegard, über die Wirkung der Musik nachzudenken (was sie zur ersten »Musiktherapeutin« Europas macht) und zu komponieren, und zwar bewusst einstimmig, gegen den Trend der modischen Mehrstimmigkeit.
    Der

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