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Starke Frauen

Starke Frauen

Titel: Starke Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Horáková
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schwerere, weil kleinlichere Teil zu. Der Mann, er kräftigt sich im Kampf mit der Außenwelt ... wir sitzen daheim und stopfen Strümpfe. Das bannt die Sorge nicht und die täglich kleine Not nagt langsam, aber sicher den Lebensmut hinweg.«
    In den letzten drei Lebenswochen kann sie ihren Mann nicht einmal mehr sehen: Er liegt im Bett mit einer Bronchitis, sie im Zimmer nebenan. Keiner von beiden hat Kraft genug, das Bett zu verlassen: »Karl, mir schwinden die Kräfte ...«, ruft sie sterbend durch den Flur. Drei Tage später begräbt man sie in einer ungeweihten Ecke eines Londoner Friedhofs. Marx ist zu krank, um Abschied nehmen zu können.
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    »Die täglich kleine Not nagt langsam, aber sicher den Lebensmut hinweg«
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    Die Baronesse redigierte die Texte ihres »Schwarzwildchens«, war sein geschätzter Partner beim Austausch revolutionärer Gedanken, kurz: Sie hatte enormen Einfluss auf das Gesamtwerk von Karl Marx. Und nicht wenige der Genossen schätzten ihr politisches Urteilsvermögen. Trotzdem empfand sie sich als das »Liebchen«, »das da hofft und jammert und ganz abhängig vondeinem Schicksal ist«. Sie machte sich kleiner – um ihn strahlen zu lassen. Und ihm fehlte der Großmut, seinem »Frauchen« zu mehr Selbstachtung zu verhelfen.
    Eines jedoch steht fest: Karl Marx liebte seine Jenny mit aller Herzenskraft, die ein Patriarch seinerzeit überhaupt aufbringen konnte: »Nicht die Liebe für das Proletariat, sondern die Liebe für die eigene Geliebte, nämlich dich, macht einen Mann wieder zum Mann. Es gibt zwar viele Frauen auf der Welt, und manche von ihnen sind schön, aber wo kann ich ein anderes Gesicht finden, in dem jeder Zug, sogar jedes Fältchen, die größten und süßesten Erinnerungen meines Lebens zu mir zurückbringt?« Für diese Liebe nahm die Gräfin alles in Kauf: Mohrs wilden Elan, Exil, Ehebruch, materielles Elend – und sogar die Geringschätzung ihrer Töchter.

Paulas Eltern haben beschlossen, ihre Silberhochzeit in Worpswede zu feiern. Also machte sich die Großfamilie im Juni 1897 auf den Weg in das Dorf am Rande des Teufelsmoors nordöstlich von Bremen, in dem es seit 1889 eine »Künstlerkolonie« gab. Maler in ganz Deutschland verließen ihre Ateliers und Akademien und kamen nach Worpswede, um den Zauber der heilen Natur einzufangen. Ein Trend, der sich überall in Europa durchsetzte. 1895 stellten »die Worpsweder« ihre Bilder mit Birken und Torfstechern in München aus und begeisterten. Seitdem zieht ihr Dorf Touristen und Talente an.
    Paula Becker ist, wie sie in ihrem Tagebuch schreibt, hingerissen von der »Versunkene-Glocken-Stimmung ... Dann ist da noch der Modersohn ... Er hatte so etwas Weiches, Sympathisches in den Augen.«
    Paula, das dritte von sieben Kindern, ist examinierte Lehrerin, will aber Malerin werden, seit sie mit 16 Malunterricht erhält. Ihr Vater rät, über eine Gouvernantenstelle nachzudenken. Der Kunstbetrieb lebt ja vom Geniekult, Männlichkeit und Job sind identisch, während Weiblichkeit und Berufung als unvereinbar gelten. Genies tragen keine Röcke. Daher bleiben die Akademien für Damen tabu, und Generationen von Männern profitieren von diesem Verbot, das die weibliche Konkurrenz automatisch ausschaltet. Mutter Mathilde, Paulas Verbündete, überzeugt immer wieder die Verwandtschaft, für deren Kunstunterricht aufzukommen, und gesteht ihrem Ehemann: »Ich glaube nicht, dass unsere Töchter sich verheiraten werden. Paula am wenigsten, weil sie für andere kritischer als für sich selbst ist und von ihnen viel mehr verlangt, als sie zu verlangen berechtigt ist.«
    Am 7. September 1898 ist Paula zurück in Worpswede: »Wenn man es zu etwas bringen will, muss man seinen ganzen Menschen dafür hingeben.« Sie richtet sich bei einem Bauern ein Atelier ein und malt: »Um mich herum köstliche Abendstille und die vom Heu durchschwängerte Luft ... Ich genieße mein Leben mit jedem Atemzug, und in der Ferne glüht, leuchtet Paris.«
    Natürlich besucht sie den berühmten Otto Modersohn (»Er ist mir besonders lieb«), der inzwischen verheiratet, Vater einer Tochter und aus der »Künstlervereinigung« ausgetreten ist: Der Erfolg hat aus Freunden Rivalen gemacht, sie streiten um die künstlerische Führungsrolle,neiden sich die Honorare. Heinrich Vogelers Werke kosten um 6000 Mark, Fritz Mackensens bis 5000, Otto Modersohns bringen um 1500.
    Ende 1899 darf Paula ihre Werke in Bremen vorstellen. »Sie mag vielleicht ein niedliches Talent

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