Starters
Motor an. Dann sah ich mir im Navi die Liste ihrer jüngsten Ziele an. Sie war so lang, dass ich gleich wieder aufgeben wollte. Aber dann erkannte ich einen der Namen: Redmond. Das war der Mann, von dessen Anruf Eugenia bei meiner Ankunft in Helenas Haus berichtet hatte. Als ich sah, wo er wohnte, verstärkte sich mein Verdacht, dass er der mit Helena befreundete Biochip-Experte sein könnte.
»Redmond«, erklärte ich dem Navi.
»Redmond«, zirpte es zurück. »Sofort.«
Das Navigationsgerät führte mich zu einer Lagerhalle in einem Industriegebiet des San Fernando Valley. Es war nicht gerade die Gegend, die man für einen nächtlichen Ausflug wählte. Hinter Maschendraht knurrten schwarze Hunde – eine deutliche Warnung, hier nicht stehen zu bleiben. Die gewählte Adresse tauchte im Navi auf. Ich bog in die Einfahrt eines ganzen Komplexes von Lagerhäusern. Auf den Dächern montierte Scheinwerfer erhellten das Gelände mit ihren Lichtkegeln.
Redmonds Adresse war die letzte Halle. Ich parkte meinen Wagen so, dass ihn die Renegaten-Gangs von der Straße aus nicht sehen konnten, und näherte mich dem Eingang zu Fuß. Die Tür war verschlossen. Ich drückte auf einen altmodischen Summer aus Metall, über dem sich ein winziges Loch mit einem hellen Punkt in der Mitte befand. Eine Kamera. Es sprach für Redmonds Klugheit, dass er seine Forschungslabors von außen alt und schäbig aussehen ließ. Einen Augenblick später sprang die Tür mit einem dumpfen, metallischen Geräusch auf.
Im Innern herrschte nüchterne Strenge, ein Stil, wie ihn wahrscheinlich Bildhauer zum Wohnen und Arbeiten schätzten. Betonböden, ein langer Korridor mit nackten weißen Wänden, weit vorne in das kalte Licht von Leuchtstoffröhren getaucht. Ich zog meine Pistole aus der Tasche.
Mein Herz hämmerte. War das eine Falle? Ich wünschte mir Helena zurück. Sie hätte sich hier ausgekannt und mir Anweisungen geben können. Ich bedauerte, dass ich sie nicht über Redmond ausgefragt hatte, so lange noch Zeit dazu gewesen war.
Ich kam ans Ende des Korridors, wandte mich nach links und betrat einen geräumigen Saal. Tische und Werkbänke reihten sich aneinander. Überall sah man Elektronik, Computer und Monitore, manche in Betrieb, andere erloschen und halb ausgeschlachtet. Es gab so viel Technik, dass manche Geräte, an Schienen befestigt, von der hohen Decke hingen. Der Geruch, der in der Luft lag, erinnerte an einen Chemiesaal.
Ein Airscreen über einem chaotischen Arbeitstisch zeigte die Außentür mit dem Summer. Darunter saß ein zusammengesunkener Mann vor einer Reihe von Computer-Monitoren. Sein Silberhaar verriet ihn als Ender.
Nicht erkennen konnte ich, ob er tot oder lebendig war. Er rührte sich nicht, als ich von hinten heranschlich. Ich hielt die Pistole mit beiden Händen auf ihn gerichtet.
»Redmond?«, fragte ich.
»Helena«, murmelte er. »Du hast so lang gebraucht, dass ich fast eingeschlafen wäre.« Er sprach mit unverkennbar britischem Akzent.
Er hob den Kopf. Sein Gesicht wurde von zwei dunklen Bildschirmen reflektiert. Dann starrte er mein Spiegelbild an und sprach mit mir, ohne sich umzudrehen.
»Helena, was soll das?«
»Ich habe ein Anliegen.«
»Normalerweise musst du dafür nicht mit einer Pistole auf meinen Kopf zielen.«
Er setzte seinen Drehstuhl in Bewegung. Ich hinderte ihn daran, indem ich einen Fuß gegen den Metallring stemmte.
»Die Hände hoch«, sagte ich.
Alles, was ich tat, hatte ich entweder von meinem Dad gelernt oder im Kino gesehen. Es funktionierte. Er tat, was ich verlangte.
Von einem der Monitore kam ein Piepton als Untermalung eines pulsierenden roten Punktes. Der Punkt befand sich in einem Sektor des Stadtplans, der genau die Lagerhallen zu zeigen schien.
»Was ist das?« Ich deutete mit der Pistole.
»Na, was wohl? Das bist du. Dein Peilsender. Aber das weißt du doch.« Seine Augen verengten sich.
Er war hager und schlackerig und hatte die wirre Mähne des verrückten Wissenschaftlers. Sein Knochenbau verriet immer noch, dass er in seiner Jugend gut ausgesehen hatte.
»Jeder weiß mehr über meinen Körper als ich«, sagte ich. »Aber jetzt will ich, dass dieser Chip entfernt wird. Die Zeit ist um.«
»Wie lief die Sache?«
»Welche Sache?«
»Dein großer Plan.«
»Was nützen all diese Monitore, wenn man nicht erfährt, was sich draußen abspielt?«
Er starrte mich an und rollte seinen Stuhl nach vorne, die Hände immer noch hinter dem Kopf erhoben. Er betrachtete
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