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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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Sabine selbst war, die einbrach. Falls die Nachbarn bei dem Lärm der Staustufe und des Regens überhaupt etwas mitbekamen. Sabine griff entschlossen zum großen Messerschärfer in der Küchenschublade. Für ihre Verhältnisse war sie kaum aufgeregt. Zu handeln ist eben leichter, als passiv in der Ecke zu sitzen, der Angst ausgeliefert. Ohne Oberbekleidung und Schirm huschte sie rasch ums Haus und rammte mit aller Kraft den Metallstab durchs Glas der Terrassentür. Zu ihrem freudigen Schrecken zerbröselte mit einem Schlag die gesamte Glasscheibe in tausend Glaskrümelchen, die auf den Boden regneten. (Was würde Bert über die Kosten fluchen!) Mit dem Türgriff mühte sie sich gar nicht erst ab, sie konnte einfach eintreten. In wenigen Sekunden hatte sie den Schrankschlüssel da angebracht, wo er hingehörte.
    Erst als sie wieder vornherum das Haus betrat, durchnässt und mit nun doch heftig klopfendem Herzen, fiel ihr der rostige alte Schlüssel ein. Der aus dem Ordner. Den hatte sie oben in ihrem Nähkästchen versteckt. Es war besser, auch den zurückzubringen. Bloß wollte sie den alten Schlüssel vorher eigentlich mal an der Kellertür probieren. Zum Haus gehörte ein Keller mit drei Räumen. Den größten Raum hatten sie all die Jahre nicht betreten können, weil der Schlüssel fehlte. Der Zugang bestand aus einer Metallschutztür, die sich nicht aufstemmen ließ. Im Keller war es wegen des nahen Mains derart feucht und muffig, dass sie nichts hineinstellen konnten. Mit dem verschlossenen Raum konnten sie also sowieso nichts anfangen. Daher hatte Bert beschlossen, das Geld für den Schlüsseldienst zu sparen. Aber hineingesehen hätte Sabine schon gern einmal. Vielleicht stand hier irgendetwas Wertvolles?
    Sabine lief hoch ins Schlafzimmer und griff sich den rostigen Schlüssel. Bestimmt gehörte er nicht zum Keller. Bert hatte ihn doch damals sicher ausprobiert. Oder … hatte Bert etwa den Kellerschlüssel absichtlich vor ihr versteckt gehalten? War in dem Raum irgendwas, von dem sie nichts wissen sollte?
    Sabine merkte, wie sie einen leichten Schluckauf bekam. Das passierte nur, wenn sie sehr aufgeregt war. Sie hatte heute früh zwar eine Beruhigungstablette genommen, aber eine reichte schon lange nicht mehr. Das Zeugs machte süchtig, man brauchte es immer öfter, immer mehr.
    Bert war erst seit einer Stunde fort. Wahrscheinlich würde er nicht allzu bald wiederkommen. Und wenn doch, dann würde sie vom Keller aus das Auto hören. Sie war doch so mutig in den letzten Tagen. Jetzt nicht kneifen. Also knipste Sabine mit dem rostigen Schlüssel in der Hand die Vierzig-Watt-Birne auf der Kellertreppe an, ging die Stufen hinab und betrat den Raum rechts. Der dritte Kellerraum mit der Metalltür lag dahinter. Und – der Schlüssel passte! Sie öffnete. Die Metalltür knarrte nicht einmal. Aber sie roch intensiv nach altem Eisen. Der Lichtschalter in dem Raum funktionierte nicht. Bestimmt fehlte die Birne. Der schwache Lichtschein, der von dem mit Brettern verstellten Kellerfenster kam, lieferte kaum Helligkeit. Sabine konnte eigentlich nur sehen, dass der Raum groß war und komplett vollgestellt. Sie trat hinein. Die schwere Tür wollte zufallen, was sie als Brandschutztür wahrscheinlich musste. Mit der Hand die Tür aufhaltend, damit sie von nebenan noch etwas Licht hatte, sah sie sich um. Es roch merkwürdig. Wie ein Haufen Monatsbinden. Gemischt mit einer Spur uraltem französischem Käse. Wahrscheinlich lag hier alles voller Müll. Höchstwahrscheinlich hatte Bert deshalb den Schlüssel damals vor ihr versteckt: Er hatte Angst gehabt, dass sie sich ekeln würde und in das Haus gar nicht erst einziehen wollte.
    Ein schlaffer, praktisch leerer großer Plastiksack lag nicht weit entfernt auf dem Boden. Eine angerissene Ecke flatterte leicht im Zug der offenen Tür. Nachdem Sabine sich ans schlechte Licht gewöhnt hatte, ließ sie die Tür zufallen und ging ein paar Schritte nach vorn, um sich besser umsehen zu können. Dabei trat sie auf den leeren Müllsack. Ein knirschendes, dann leicht schmatzendes Geräusch fiel ihr auf. Sie sah nach unten. Sie hatte wohl den Müllsack mit dem Absatz weiter aufgerissen. Plötzlich erinnerte sie sich, dass sie irgendwann letzte Woche einen blauen Müllsack brauchte, doch es war keine Rolle mehr im Fach gewesen. Obwohl sie doch hätte schwören können, dass die letzte Rolle noch nicht aufgebraucht gewesen war. Hatte Bert …
    Sie bückte sich, zog an dem Plastik. Das

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