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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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wir.»
    Freimann, der vollbärtige, ergraute Koordinator des Erkennungsdiensts, war oben auf der Brücke. Er ging ebenfalls davon aus, dass sie es hier nicht mit einem Verbrechen zu tun hatten. «Suizid», diagnostizierte er, «aber sicher können wir es natürlich erst wissen, wenn wir die Leiche untersuchen können und alle Spuren ausgewertet sind.»
    «Warum nicht Unfall?», fragte Winter.
    «Glaub ich nicht. Hast du das Grünzeugs gesehen?»
    «Welches Grünzeug?»
    «Wir werden leider den ganzen Müll auswerten müssen, den die Reinigungsfirma aus diesem Rechen geholt hat. Eklige Aufgabe. Jedenfalls, eines ist schon klar, da sind Blumen dabei. Tulpen, ein bisschen aufgeweicht, aber bestimmt nicht alt. Die Taucher haben noch mehr davon aus dem Wasser gefischt. Sieht mir nach einer Inszenierung aus.»
    «Die Gruppe Ihrer Tochter hat hier Blumen ins Wasser geworfen», sagte Aksoy zu Winter. «Das hat sie mir am Telefon gesagt.» Winter stöhnte innerlich.
    «Was?», fragte prompt Freimann amüsiert, «wie, deine Tochter?»
    «Ich erklär’s dir wann anders. Wir müssen jetzt», wiegelte Winter ab.
    Im Auto fing die Aksoy prompt wieder von Sara an. «Was denken Sie, Herr Winter», begann sie, «sollten wir nicht Ihre Tochter holen, um zu sehen, ob sie den Jungen identifizieren kann?»
    Am liebsten hätte Winter brüsk gesagt: «Lassen Sie meine Tochter aus dem Spiel!» Aber gerade noch rechtzeitig wurde ihm klar, dass ihm das nicht zustand.
    «Das sehen wir noch», bestimmte er. «Da reicht auch ein Foto. Und wenn Sara, dann bitte auch die anderen aus der Gruppe.» Das Letzte rutschte ihm so raus. Es stimmte doch auch.
    «Übrigens», schob er nach, «sollte sich der Junge leicht identifizieren lassen. Nach einem Straßenkind sieht er nicht gerade aus. Sicher wird er von den Eltern vermisst.»
    Während er fuhr, wählte sich Aksoy mit ihrem schwarzen Wunderwerk der Mobilfunktechnik ins Intranet der hessischen Polizei ein und checkte die Vermisstenmeldungen. Es war jedoch nichts Passendes hereingekommen.
    Dafür erwartete sie im Büro stehend ein gereizt und erhitzt wirkender Fock. Der Erste Kriminalhauptkommissar hielt ein Handy in der Hand, die rote Fliege blitzte in fast derselben Farbe wie seine mageren Wangen, dazwischen glänzte silbern der Schnauzbart.
    «So, meine Herrschaften. Jetzt erklären Sie mir mal, wie ich die Entwicklungen in dieser Mainmädchensache zu verstehen habe. Sie wissen ja, dass wir gerade zwei unterschiedliche Verdächtige in Haft haben. Schwer genug, das der Presse zu vermitteln. Derweil müssen die Taucher eine weitere jugendliche Leiche aus dem Wasser fischen, an derselben Stelle. Sind Sie beide denn noch Herr der Lage?»
    Winter und Aksoy sahen sich an.
    Winter fühlte sich wegen Sara heute nicht souverän genug für eine Konfrontation. Aber er konnte auch nicht der Aksoy das Wort überlassen.
    «Soweit wir bis jetzt wissen», erklärte er, «ist der heutige Tote ein Suizidopfer und hat, wenn überhaupt, nur indirekt mit dem Mainmädchenfall zu tun.»
    «Was soll das heißen? Nur indirekt?»
    «Ich denke an eine Nachahmertat. Der Junge hat unsere ersten Pressemeldungen mitbekommen, wonach von einem toten Mädchen die Rede war, das von der Brücke der Staustufe in den Main gestürzt ist. Dann kam dieser Jugendliche auf die Idee, sich an derselben Stelle umzubringen.»
    «Vielleicht kannte er sie auch», mischte sich Aksoy ein. «Wir wissen, dass sich just gestern Abend eine Gruppe Jugendlicher auf der Brücke getroffen hat, um eine Art Totenfeier für das verstorbene Mädchen abzuhalten. Wir werden die Gruppe noch verhören. Vielleicht steht der Selbstmord in einem Zusammenhang mit dieser Feier.»
    Winter ärgerte sich, dass Aksoy die Sache vor Fock ansprach. Aber immerhin hatte sie Sara nicht erwähnt.
    «So, so», sagte Fock, gänzlich desinteressiert. «Haben Sie das übrigens schon gesehen?»
    Mit theatralischer Geste nahm er zwei auf dem Tisch abgelegte Zeitungen und hielt sie rechts und links von sich in die Höhe.
    Von dem bunten Boulevardblatt auf der einen Seite starrte ein großes Foto von Guido Naumann, daneben schrie die Überschrift: «Ist dieser berühmte Schriftsteller ein Mörder?»
    Die Frankfurter Zeitung für kluge Köpfe hingegen verkündete gemessen: «Guido Naumann unter Mordverdacht», und präzisierte in der Unterzeile: «Verleger: Peinlicher Versuch einer überforderten Polizei, nichtbürgerliche Lebensentwürfe unter Generalverdacht zu stellen».
    Aksoy

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