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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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überraschend noch einmal befragt worden. Er hat Hassos Rat missachtet und ohne Hasso erneut ausgesagt. Das hat mir alles Winter erzählt. Hier steht es noch nicht drin. Die gute Nachricht ist, Winter hat durchblicken lassen, dass sie eigentlich nicht an Ninos Schuld glauben. Winter wollte heute eigentlich von ihm hören, dass er’s entweder gar nicht war oder dass er das tote Mädchen bloß gefunden und dann beseitigt hat, weil er dachte, du hättest die Kleine umgebracht. Nino hat ihm den Gefallen aber nicht getan und ist stur bei seiner Geschichte vom letzten Mal geblieben. Winter hörte sich an, als sei er von Nino stratzgenervt.»
    Lena Serdaris sah Sonja Manteufel ratlos an. «Die wollen von Nino hören, dass er es nicht war? Wieso denn das?»
    «Das ist ganz einfach. Zwei Beschuldigte sind einer zu viel. Also will die Polizei einen wieder loswerden. Und da Ninos Geständnis wohl nicht besonders glaubwürdig klang, wird ein guter Polizist zusehen, ihn aus dem Rennen zu bekommen und nicht den anderen. Auch wenn es umgekehrt einfacher wäre. Zum Glück ist dieser Winter weder ein Arschloch noch ein Idiot. Aber solange Nino nicht kooperiert, wird es nicht funktionieren. Hasso redet sicher heute Abend noch mal mit ihm. Aber eigentlich bist wohl du es, die mit Nino reden müsste. Bloß, wegen der U-Haft kommst du im Moment nicht an ihn ran.»
    Lena Serdaris sah aus, als habe sie entweder nicht verstanden oder nicht zugehört. Ihr Blick unter dem locker fallenden Stufenschnitt war abwesend. Ihre schmalen Hände hielten sich im Schoß aneinander fest.
    Sonja Manteufel nahm einen Schluck Kaffee. «Lass mich die Lage aus meiner Sicht zusammenfassen: Nino denkt, du warst es. Und du denkst, er war’s. Dabei wart ihr es in Wahrheit beide nicht.»
    Serdaris lächelte traurig. «Ach, ich würde so gerne glauben, dass Nino es nicht war. Aber wie kannst du dir so sicher sein, wenn ich es nicht bin? Ich kenne ihn doch am besten. Und ich kenne ihn als den liebsten Menschen der Welt. Aber ich kann nicht mit Sicherheit sagen: Nein, mein Nino wäre niemals dazu fähig.» Ihre Augen füllten sich mit Tränen. «Weißt du, man weiß ja nicht mal selber, wie man in Extremsituationen reagiert. Erst wenn die Situation da ist, weiß man es.»
    Manteufel sah sie ernst an, überlegte kurz, ob das ein versteckter Hinweis auf eigene Schuld sein sollte. Aber dann erinnerte sie sich, wie Lena Serdaris an dem Tag ihrer Verhaftung aufgelöst zu ihr gekommen war. Das war nicht gespielt gewesen. Da hatte sie ja auch noch nicht einmal gewusst, dass sie selbst verhaftet werden würde. Sie hatte nur ihr Herz ausschütten wollen.
    «Es geht hier nicht um tiefe Menschenkenntnis, Lena. Es geht um simple Kriminalpsychologie. Nach Winters Meinung hat Nino kein Täterwissen. Das sagt auch Hasso. Nino hat in dem ersten Verhör Informationen über den tatsächlichen Tatverlauf immer erst eingebaut, nachdem er sie von den Polizisten bekommen hatte. Kann sein, dass ein hochintelligenter Täter so was absichtlich macht, um die Polizei irrezuführen und sie denken zu lassen, das Geständnis sei falsch. Aber so viel Subtilität traue ich deinem Nino ehrlich gesagt nicht zu.»
    Lena zeigte einen Ansatz zu einem Lächeln und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
    «Du hast sicher recht. Ich habe bloß Angst. Wenn ich mich daran klammere, dass Nino es nicht war, dann ist der Schrecken umso größer, falls sich herausstellt …»
    Sie sah zur Seite.
    Manteufel räusperte sich, verschob ihr Gewicht. Das grazile Sofa knarrte. «Gestern hast du übrigens gesagt, du würdest ihn trotzdem noch lieben, auch wenn er es war.»
    «Ja, weil ich mir sage, es war eine Ausnahmesituation, das ist nicht der wahre Nino, der das Mädchen getötet hat. Und er hat es nur für mich getan. Aber es würde doch einen Unterschied machen. Es wäre nie mehr … so wie früher.»
    «Nun ja. Wenn er verurteilt wird, kommt er für fünf Jahre Minimum hinter Gitter. Danach ist sowieso nichts mehr wie früher.»
    «Fünf Jahre? Nur so wenig?» Serdaris hörte sich fast freudig an.
    «Vielleicht auch mehr, wenn auf Mord statt auf Totschlag erkannt wird. Zwischen zwei und fünfundzwanzig Jahren ist alles drin. Übrigens kann ich dir nicht garantieren, dass nicht wieder du am Pranger stehst, wenn Nino sein Geständnis zurückzieht. Sicher, viel haben sie nicht gegen dich in der Hand. Die Spurensicherung hat zwar die Wohnungsdurchsuchung noch nicht komplett ausgewertet, aber wenn da irgendwo

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