Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
Verteidigungsvorgaben.
Weiter vorn waren Hunderte Männer – Briten wie alliierte Infanteristen – damit beschäftigt, den großen Graben weiter auszuheben. Andere Arbeiter mit Schaufeln füllten vier Fuß hohe Weidenkörbe mit Erde.
»Henry, ich werde das Gefühl nicht los, dass unsere Anstrengungen womöglich umsonst sind. Ich wüsste nicht, wie wir diese Belagerung auf normalem Wege bewerkstelligen sollen.«
Steel vernahm ein respektvolles Hüsteln hinter sich, drehte sich um und sah Sergeant Slaughter. »Bitte um Verzeihung, Sir. Aber die Männer wollen wissen, wann wir angreifen und … äh … wie wir das machen werden, weil alles um uns herum ein einziger stinkender Morast ist.« Als wollte er seinen Worten Nachdruck verleihen, erschlug der Sergeant eine große Stechmücke, die sich auf seiner Wange niedergelassen hatte.
Steel nickte und antwortete ungewöhnlich angespannt. »Ja, Jacob, mir ist durchaus bewusst, wie ungeduldig die Männer sind. Und glaubt mir, mir geht es nicht anders. Aber ich weiß wirklich keine Antworten auf Eure Fragen.« Er deutete in Richtung Meer auf die Schiffe der Flotte, die außerhalb der Reichweite der Geschützbatterien in den Wellen dümpelten. »Seht Ihr dort hinten? Das sind unsere Schlachtschiffe, beladen mit Mörsern, die kurz vor unserem Angriff alles in die arme Stadt feuern werden, was sie an Bord haben. Vielleicht werden wir es auf diese Weise schaffen, Sergeant.« Ein zynisches Lächeln umspielte seine Lippen. »Vielleicht sollten wir es aber auch wie die Türken machen und ein paar Köpfe der Franzosen über die Mauern schießen. Das könnte die Lösung sein, wer weiß.«
Slaughter hatte seinen Vorgesetzten selten so erregt gesehen und machte sich bewusst, dass der Unmut der Männer angesichts des Abwartens nichts war im Vergleich zu Steels Laune. Es überraschte ihn daher nicht, wie rastlos sein Captain wirkte. Nichts war für einen Soldaten schlimmer als Langeweile und Nichtstun. Denn immer dann geriet man ins Grübeln. Und das wollten die meisten Soldaten vermeiden. Nach dem Einmarsch in Brüssel war die Brigade nicht nach Westen marschiert, sondern hatte bei einem kleinen Dorf namens Aarsele campiert, etwa fünfzehn Meilen von Gent entfernt. Zehn Tage hatten sie dort ausgeharrt und auf Marlborough und den Rest der Armee gewartet. Die Männer waren unruhig und ungeduldig geworden. Die Einwohner hatten sich als entgegenkommend erwiesen und brannten nicht so auf Rache an den Franzosen wie Tage zuvor in Brabant. Wie es schien, waren diese Menschen einfach nur froh, noch am Leben zu sein.
Steel hatte es den Leuten nicht verdenken können und nahm die seltene Gelegenheit wahr, sich ein paar Tage auszuruhen. Als andere Einheiten eintrafen, berichteten sie, Marlborough habe ganz Brabant unter Kontrolle. Nach Brüssel hatten noch andere Städte ihre Tore geöffnet, auch wenn die Soldaten dort ursprünglich loyal zu Frankreich gestanden hatten. Nacheinander kapitulierten Städte wie Aalst, Gavere, Gent und Brügge, gefolgt von Malines und Oudenaarde. Steel hatte fest damit gerechnet, Letztere belagern zu müssen. Schlussendlich hatte auch der Verwalter von Antwerpen die Tore der Stadt für die siegverwöhnten Alliierten geöffnet.
Schließlich, inzwischen war es Mitte Juni und merklich wärmer geworden, hatten sie das Lager verlassen und waren nordwärts marschiert, einmal mehr unter Führung des Herzogs. So gelangten sie über Lichterwelde und Torhout bis zur Küste. Die Männer brannten vor Tatendrang, doch wieder einmal waren sie gezwungen, ohne festes Ziel vor Augen auszuharren.
Seither war einiges schiefgelaufen. Während des Marsches hatte man lange Zeit Marlboroughs Grundsatz eingehalten, jeden Plünderer innerhalb der Armee hinrichten zu lassen. Die Leute vom Lande hatte man für ihre Vorräte bezahlt. Oft hatten die Bauern ihre Verkaufsstände früh morgens am Rande des Lagers aufgeschlagen und waren am Abend zufrieden mit ihren Einnahmen wieder aufgebrochen. Doch in den letzten zwei Wochen hatte sich das geändert. Seit drei Tagen hingen westlich des gegenwärtigen Lagers die Leichen zweier Rotröcke am Galgen. Steel war froh, dass es sich um keine Kameraden aus Farquharsons Regiment handelte, aber die Exekutionen zeigten leider, dass das vormals gut funktionierende System der Abschreckung offenbar nicht mehr griff.
Dennoch, in Steels Brigade hatten es die Männer seither nicht einmal gewagt, ein mageres Hühnchen zu stehlen. Gleichzeitig musste Steel
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