Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
Euch von Frauen und Kindern in die Flucht habt schlagen lassen, Tom? Und die Bauern haben Euch so zugerichtet?«
Williams nickte und lief vor Scham dunkelrot an. »Ich habe die Männer angewiesen, nicht das Feuer zu eröffnen. Das war doch richtig, Sir, oder?«
Steel klopfte ihm auf die Schulter. »Ja, Ihr habt Euch richtig verhalten, Tom. Wir können keine Frauen und Kinder töten, selbst wenn sie Euch angegriffen haben. Aber wie erklärt Ihr Euch, wie es zu diesem Übergriff kommen konnte?«
»Die Leute haben geflucht, Sir. Sie haben uns beschimpft. Auf Französisch.«
Steel schüttelte den Kopf. Warum, so fragte er sich wiederholt, stand die Bevölkerung ihnen mit einem Mal so feindselig gegenüber? Was hatte diese Menschen dazu veranlasst, gewalttätig zu werden? Seine Männer – und soweit er wusste, die ganze Armee – hatten die Instruktionen erhalten, besonders vorsichtig vorzugehen, um das Vertrauen der Leute zu gewinnen. Schließlich waren die Alliierten hier, um das Land von der französischen Tyrannei zu befreien. Um Frieden zu bringen. Warum waren die Rotröcke dann zur Zielscheibe des Hasses geworden?
In diesem Augenblick trat Frampton zu den Männern und sah das Blut auf Williams’ Rock und die verwundeten Soldaten. »Gibt es Grund zur Sorge, Captain Steel?«
»Nichts Gravierendes, Sir. Einige meiner Männer wurden von Bauern aus der Gegend angegriffen. Sonderbar, nicht wahr, Sir?«
Frampton setzte ein salbungsvolles Lächeln auf. »Eigentlich wundert es mich nicht. Ich dachte mir, dass so etwas früher oder später passiert. Die Menschen hier vertrauen uns nicht, Steel. Sie hassen alle Soldaten. Liegt ihnen im Blut, versteht Ihr? Es war nur eine Frage der Zeit, dass sie über uns herfallen.«
Steel runzelte die Stirn – er konnte Framptons Gedankengang nicht folgen. Steel hatte selbst einige Bewohner der Gegend kennengelernt und hielt sie nicht für die unberechenbaren Tölpel, die Frampton in ihnen sah. War es denkbar, dass etwas oder jemand diese Menschen absichtlich gegen die britische Armee aufgestachelt hatte?
Etwas an Framptons überheblichem Gehabe weckte eine Erinnerung bei Steel; mit einem Mal entsann er sich eines Gesprächs, das er zufällig belauscht hatte. Als Frampton sich entfernte, wandte Steel sich noch einmal an die Fourage-Patrouille.
»Tom, nehmt Mulligan mit und lasst Euch von einem Arzt untersuchen. Oder geht zumindest zu Matt Taylor. Dann erstattet Ihr mir genauen Bericht. Ich möchte wissen, was sich da im Einzelnen in dem Dorf abgespielt hat.«
Taylor, da hatte Steel keinen Zweifel, war genauso tüchtig wie jeder Apotheker oder Wundarzt. Er kannte sich mit Heilkräutern aus und hatte eine Ausbildung im Chelsea Physic Garden in London genossen. Taylor wusste, was bei Fieber half, und war in der Lage, Schussverletzungen zu versorgen.
Während die Männer sich ins Lager begaben, trat Williams noch einmal zu Steel. »Da wäre noch eine Sache, Sir. Das hier haben wir im Dorf gefunden. Ich denke, dass es Euch interessiert.« Er griff in seine Rocktasche, holte ein Bündel zerrissener gedruckter Flugblätter hervor und reichte sie seinem Vorgesetzten. Aufmerksam las Steel den französischen Text. Das Wesentliche verstand er. »Marlboroughs Verwüstungen in Bayern … Frauen und Kinder wurden massakriert … dieses Schicksal werden auch Brabant und andere Landstriche erleiden … die Engländer sind nicht viel besser als die französischen Unterdrücker.«
»Denkt Ihr, dass diese Flugblätter von Nutzen für uns sind, Sir?«
Steel klopfte dem Fähnrich erneut auf die Schulter. »Absolut, Tom. Von sehr großem Nutzen. Gut, dass Ihr sie gefunden habt. Und nun ab mit Euch zu Taylor.«
Steel warf abermals einen Blick auf die Schriften und ging die einzelnen Blätter durch. Dahinter steckte niemand anders als Frampton – demnach war es also nicht bei dem Geplauder geblieben. Mit diesen Flugschriften konnten der Major und seine Mitverschwörer ihre Pläne verfolgen: Sie hetzten die Bevölkerung auf, um Marlborough zu Fall zu bringen und das Kriegsgeschehen nach Spanien zu verlagern.
Slaughter trat zu Steel und sah, dass er in die Schriften vertieft war. »Sieht so aus, Sir, dass wir ganz schön in der Patsche sitzen.«
Steel schaute auf. »Sergeant?«
»Nun, Sir«, erklärte Slaughter und räusperte sich. »Wir haben die Franzmänner vor uns in dieser verfluchten Festung, nicht wahr? Außerdem hocken wir hier in diesem elenden Morast an der See und werden bei
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