Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
lebendigem Leibe von diesen verdammten Viechern aufgefressen.« Er verscheuchte eine Fliege. »Und jetzt stellt sich heraus, dass uns die Landbevölkerung in den Rücken fällt. Die verkaufen uns nichts mehr und haben versucht, Hackfleisch aus unserem armen Mr. Williams zu machen.«
»Ja, Jacob. Wir sitzen tatsächlich in der Patsche. Der Herzog tut mir fast schon leid, weil ich mich frage, wie er uns aus dieser Sache herausholen will. Obwohl ich glaube, dass ich inzwischen weiß, wie ich ihm helfen kann.«
***
Derweil stand Marlborough auf einer Düne, hielt sich exakt außer Reichweite der schweren Geschütze von Ostende und sann über das weitere Vorgehen nach. Langsam schob er das schlanke Feldteleskop aus Messing zusammen, das seine Gemahlin ihm nach dem Sieg von Höchstädt geschenkt hatte, und reichte es Cadogan, der sich zusammen mit Hawkins aus dem Generalstab gelöst hatte, um sich ebenfalls einen Überblick zu verschaffen. Der Herzog verscheuchte eine Stechmücke von seiner Wange und wandte sich ruhig an Cadogan. »Schaffen wir das, William? Sind wir in der Lage, diese Stadt einzunehmen?«
»Es wird uns schon gelingen, Euer Hoheit, so Gott will. Wir schaffen das. Eher gesagt, Ihr werdet es schaffen.«
Marlborough lächelte. »Und was glaubt Ihr, wie lange wir dafür brauchen werden? Zwanzig Tage? Dreißig? Oder jene magischen achtundvierzig Tage, die Vauban veranschlagt hat? Ich bitte Euch, sprecht.«
»Ihr wisst von der letzten großen Belagerung hier, Euer Hoheit? Die aus dem Jahre 1604?«
Furchen zeichneten sich auf Marlboroughs Stirn ab. »Natürlich weiß ich davon. Hat man mich während der letzten Tage nicht oft genug an dieses Jahr erinnert? Als ob ich nicht wüsste, dass General Spinola genau hier mit Prinz Alberts Armee stand! Er benötigte drei Jahre, ehe er die Stadt einnehmen konnte. Glaubt Ihr, ich hätte vergessen, dass er mehr als achtzigtausend Mann verloren hat? Doppelt so viele Männer, wie mir im Augenblick zur Verfügung stehen. Dreißigtausend Niederländer verendeten hinter den Mauern, an Wundbrand, Seuchen und anderen Krankheiten.« Er wandte sich Hawkins zu. »Was hat es mit diesem Ort hier auf sich, James? Lastet ein Fluch auf Ostende?«
Der Colonel zuckte mit den Schultern. »Vielleicht, Sir. Aber wahrscheinlich ist diese Stadt einfach nur verdammt schwer einzunehmen. Ostende verfügte bereits über natürliche Verteidigungsvorteile, ehe Monsieur Vauban hier seine genialen Ideen umsetzte.«
Bei der Erwähnung des französischen Festungsbaumeisters zuckte Marlborough sichtlich zusammen. »Vauban. Verflucht soll er sein und sein Können gleich mit dazu. Er verfolgt mich wie die Ruhr und wird wohl erst von mir lassen, wenn ich tot bin. Vauban mit seinen verdammten Fortifikationen. Wusstet Ihr, dass er seine Schriften in einem anderen Buch veröffentlicht hat? Oisivetés hat er es genannt, seine ›Müßiggängereien‹. Ich wünschte bei Gott, dass dieser Mann sich mehr dem Müßiggang verschrieben hätte. Mir scheint, er hat in seinem ganzen Leben noch keine müßige Minute verbracht.«
»Es heißt, er hat bis zu hundertfünfzig Forts und befestigte Zitadellen konstruiert«, sagte Hawkins.
»Und mir scheint, James, dass ich jede einzelne davon belagert habe. Aber dieser Ort ist einzigartig. Seht doch. Wasser auf der einen Seite. Das allein dürfte uns nicht so viel Kopfzerbrechen bereiten. Dafür aber dieses verfluchte Marschland vor uns. Wie sollen wir einen zweiten parallel verlaufenden Graben ziehen, wenn unsere Schaufeln im Morast stecken bleiben?«
Cadogan hatte ein dünnes Lächeln aufgesetzt. »Eins ist sicher. Diese Stadt wird nicht auf die gleiche Weise kapitulieren wie andere Städte zuvor. In Antwerpen lag es am Willen der Einwohner, dass die Tore geöffnet wurden. Doch die Männer, die diese Festung verteidigen, sind aus anderem Holz geschnitzt. Es werden ein paar reguläre französische Truppen darunter sein, hier und da auch eine wallonische Einheit, aber beim Großteil der Verteidiger handelt es sich um Freibeuter in französischem Sold. Hinzu kommen die erfahrenen Geschützmannschaften der Garnison. Diese Männer werden uns nicht die Stadttore öffnen. Sie wissen, dass wir sie nicht schonen, also werden sie uns auch keine Schonung gewähren.«
Marlborough nickte zustimmend. »Ja. Das wird eine ganz andere Angelegenheit. In Gent, Antwerpen und Oudenaarde hießen uns die Menschen letzten Endes willkommen, weil ich ihnen Religionsfreiheit und die Freiheit
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