Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
vom französischen Joch zugesichert habe.«
»Das mag sein, Euer Hoheit. Ich persönlich denke nicht, dass die Menschen hier ihre Unabhängigkeit richtig zu würdigen wissen. Dennoch ist die Freiheit ein nicht zu unterschätzendes Gut.«
Marlborough schaute auf und betrachtete eine Seemöwe, die in der warmen Luftströmung über den Dünen schwebte und dann zu einem Steilflug in Richtung Stadt ansetzte. »Wie sollen wir Ostende also einnehmen? Was für Informationen erhalten wir von unseren Aufklärern?«
»Wie Ihr wisst, stehen unsere Spione in den Seehäfen entlang der Kanalküste«, antwortete Hawkins. »Monsieur Chandois ist ein ganz besonderer Fall. Er lässt Euch übrigens herzlich grüßen.«
Marlborough musste lachen. »Der alte Chandois ist ein bezaubernder Mann. Für die Franzosen gibt er sich als Gouverneur von Ath aus, genießt das volle Vertrauen des Feindes und ist in Wirklichkeit einer meiner besten Spione.«
»Ostende ist so, wie Lord Cadogan es beschreibt«, fuhr Hawkins fort. »Der Ort ist ein Nest voller Freibeuter und Piraten. Unter ihnen tut sich ein Franzose besonders hervor. Er heißt René Duguay-Trouin und genießt eine gewisse Berühmtheit, wenn man unseren Informanten glauben darf.« Ein Lächeln zeichnete sich in seinen Zügen ab. »Sehr beliebt bei den Damen, wie ich hörte.«
Cadogan hatte dafür nur ein Schnauben übrig. »Dieser Lump. Bezeichnet sich selbst als Freibeuter. Aber er ist nicht mehr als ein gemeiner Dieb.«
Hawkins grinste. »War es nicht dieser Duguay-Trouin, der Euch im Kanal die Fregatte wegnahm, Mylord? Ihr kennt den Gentleman also?«
»Gentleman, in der Tat«, grummelte Cadogan.
»Lassen wir diesen Duguay-Trouin außer Acht«, fuhr Hawkins fort. »Der gegenwärtige Gouverneur der Stadt ist der Comte de la Motte. Recht vernünftig eingestellt, soweit man das von den Franzmännern sagen kann. Die Garnison wird sich womöglich als unzuverlässig erweisen, wenn sie unter Druck gerät. Bei den Geschützleuten handelt es sich zumeist um Wallonen, die in französischem Sold stehen. Sie verfügen alles in allem über neunzig Kanonen und eine Menge Pulver, das in fünf Magazinen lagert. Auf dieser Karte sind die Magazine verzeichnet, sofern die Angaben stimmen. Ein einziger Treffer könnte unvorhersehbaren Schaden anrichten, doch im Augenblick können wir unsere Geschütze noch nicht nah genug heranbringen. Unsere große Hoffnung sind daher die Mörser auf unseren Schiffen dort draußen.« Gemeinsam schauten sie hinaus aufs Meer. »Oh, im Hafen liegen noch Schiffe der französischen Marine. Mindestens zwei Kriegsschiffe und natürlich Duguay-Trouins eigenes Schiff.«
Ein Seufzen Marlboroughs folgte. »Seid Ihr sicher, dass das alles ist?«
»Da wäre noch eine Sache, die Ihr wissen solltet, Sir.« Hawkins winkte einen Bediensteten zu sich, der eine Satteltasche brachte. Der Colonel griff hinein und holte einen Stapel Papiere hervor, den er auf den klappbaren Feldtisch legte.
Abscheu zeichnete sich in Marlboroughs Blick ab. »Noch mehr von diesen verfluchten Flugschriften?«
»Ich fürchte, ja, Sir.«
»Bei Gott, man diffamiert mich bereits daheim zur Genüge in den Blättern von Defoe und John Tutchin. Dieser Observator ist die Geißel meines Lebens. Jetzt sagt mir nicht, James, dass diese elenden Gossenblätter mich schon bis hierhin verfolgen.« Er überflog eine Flugschrift, worauf seine Miene sich vor Zorn verzerrte. »Das kommt Verrat gleich, sage ich. Wer, glaubt Ihr, könnte dahinterstecken? Wenn man unbehelligt solche unerhörten Lügengeschichten drucken darf, wo kommen wir dann hin, meine Herren? Dafür zeichnen gewiss nicht die Franzosen verantwortlich, denn sie sind auf der Flucht und müssen sich erst neu ordnen. Daher vermute ich, dass der Verfasser dieser Schriften einen Bezug zu England hat.«
Etwas leiser setzte er nach: »Mir ist bewusst, dass gewisse Offiziere dieser Armee die Gelegenheit wahrnehmen, anonyme Briefe nach Hause zu schicken, in denen sie sich über ihre politischen Auffassungen auslassen. Zu gern wüsste ich, wer diese Herren sind. Mir ist ebenfalls klar, dass es Gentlemen in meinen Reihen gibt, die offen kundtun, dass ich die Männer von Lord Orkney bei Ramillies nicht klug eingesetzt habe. Es heißt, ich hätte ihn nicht in einen solchen Angriff schicken dürfen, um ihn dann kurz vor der Eroberung wieder abzuziehen.«
»Mir kam zu Ohren, dass viele die Schuld bei Lord Cadogan suchen, Sir«, meldete sich Hawkins zu
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