Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
was Ihr getan habt. Schafft Ihr es allein, das Mädchen aus den Händen Trouins zu befreien?«
»Ich fürchte, mir bleibt nichts anderes übrig. Es ist die einzige Möglichkeit.«
***
Draußen in den Straßen blieb Brouwer immer deutlich vor Steel. Er hielt es für unauffälliger, wenn sie getrennt gingen. Allmählich gelangten sie in die weniger respektablen Viertel der Stadt. Einmal stieß Steel mit einem Mulatten zusammen und wäre fast über einen Chinesen gestolpert, der in einem Hauseingang schlief.
Sie nahmen hauptsächlich kleinere Gassen und erreichten schließlich einen gepflasterten Platz, auf dem allerhand Gerät für die Schifffahrt lagerte. Winden, Flaschenzüge und Weidenkörbe hatte man von den Kais bis in den Schutz der Befestigungsmauern geschafft. Doch die Mauern waren nicht unversehrt geblieben. An einer Stelle klaffte ein großes Loch; zerplatzte Pflastersteine und dunkel gefärbte Blutflecke zeigten an, wo eine Mörsergranate eingeschlagen hatte.
Es war lange nach Mitternacht, aber in den Gassen am Hafen herrschte reges Treiben. Steel machte drei Seeleuten Platz, die auffällig schwankten und sich gegenseitig auf dem unebenen Kopfsteinpflaster stützten. Weiter links erbrach sich ein Mann in der Gosse, während wenige Schritte entfernt eine Hure den Preis und die Dienstleistung mit einem potentiellen Kunden aushandelte. Von weiter vorn schallte unüberhörbar der Lärm einer Taverne durch die Straße. Laute Stimmen, kratzige Geigenmusik, Lachen und Shanties aus rauen Kehlen.
Als Brouwer und er um eine Ecke bogen, konnte man die Schänke bereits sehen: Ein großes Fachwerkgebäude, das schon bessere Tage erlebt hatte, aber ohne Zweifel gut besucht war. Über der Tür klapperte ein Schild in der Brise: L’Etoile du Nord.
Trouins Hauptquartier präsentierte sich so, wie Brouwer es Steel beschrieben hatte. Zu beiden Seiten der Tür standen bewaffnete Posten. In diesem Moment taumelte ein Betrunkener aus der Schänke, hielt mehr oder weniger auf Steel zu, zog umständlich den Hut und trudelte dann weiter zu Brouwer, der etwa zwanzig Schritte entfernt stand. Plötzlich stolperte der Mann über einen Pflasterstein, schoss mit seinem ganzen Gewicht nach vorn und riss Brouwer zu Boden. Der Flame war schnell wieder auf den Beinen, fluchte, ließ sich dann aber in seiner offensichtlichen Anspannung zu einer Beleidigung hinreißen. Steel schaute sich kurz um, beschloss jedoch, für sich zu bleiben und dem Gefährten nicht zu Hilfe zu eilen. Leider blieb es nicht bei Worten. Denn zu Steels Erstaunen rappelte der Betrunkene sich hoch, zog für einen Mann in seinem Zustand erstaunlich schnell seinen Degen und lallte üble Beschimpfungen in Brouwers Richtung. Der Flame war unbewaffnet und hielt sich in seiner Angst einen Arm vors Gesicht.
Für Steel gab es nur eine Möglichkeit. Er eilte zu Brouwer, riss den Betrunkenen an der Schulter zurück und schickte ihn mit einem Faustschlag ins Gesicht an die nächste Häuserwand. Der Mann sackte nach dem Aufprall zu Boden und blieb reglos liegen. Brouwer war im Begriff, sich bei Steel zu bedanken, hielt sich dann aber zurück und blieb in den Schatten.
Derweil rieb Steel sich die schmerzenden Handknöchel und schritt auf die beiden Wachposten an der Tür zu, vorsichtig zwar, aber dennoch möglichst unbefangen. Er konnte nicht recht einschätzen, wie viel die beiden Wachen von dem Streit mitbekommen hatten, als hinter den beiden ein größerer Mann auftauchte. Auch er trug keine Militärkluft. Auffällig waren jedoch seine rote Schärpe um die Taille und sein eleganter, mit Gold durchwirkter Hut, der ihm den Anschein eines Offiziers verlieh.
Er suchte sofort Steels Blick. »Sucht Ihr hier jemanden, Freund?«
Steel verbeugte sich und antwortete in passablem Französisch und eher schmeichelhaft: »Monsieur le Colonel, ich würde gern mit Eurem Captain sprechen – mit Commander Duguay-Trouin. Ich möchte ihm meine Dienste anbieten, im Namen Frankreichs und im Namen von König Louis und König James.«
Die Miene des Fremden war zuerst undurchdringlich, doch dann lachte er. »Ihr wollt Trouin sprechen? Seid Ihr sicher, Monsieur?«
Steel hielt seinen Mantel auf, damit sein Gegenüber den Uniformrock darunter sehen konnte, den Steel als Zeichen des Verräters und Überläufers auf links trug, sodass das weiße Innenfutter zu sehen war. Fast hätte man ihn in dem weißen Stoff für einen französischen Infanteristen halten können.
Kritisch beäugte ihn der
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