Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
Fremde und musterte ihn von Kopf bis Fuß. Steel war bewusst, dass er in seinem Aufzug – im Mantel eines Zivilisten, mit einem ungewöhnlich großen Degen an der Seite und zurückgebundenem Haar ohne Perücke - einen sonderbaren Anblick bot. Er spürte, wie sein Herz hämmerte. Kein Zweifel, der Mann war argwöhnisch.
Steel indes ging aufs Ganze. »Ihr müsst mich zu Captain Trouin vorlassen. Ich bin unter großer Gefahr hierhergekommen, um an seiner Seite zu kämpfen. Ich schwöre es. Tod den verdammten Briten und ihrer Queen. Lang lebe Frankreich und jeder wahre Jakobiter. Lang lebe der Papst, Gott schütze ihn, und der Teufel schicke Marlborough mitsamt seiner Armee aus Hurensöhnen in die Hölle.«
Eine wortgewaltige Vorstellung. Um seine Tirade zu unterstreichen, spie Steel aus und wartete auf die Reaktion seines Gegenübers. Nach einem schier endlosen Schweigen brach der Pirat in schallendes Lachen aus. Die beiden Posten fielen mit ein.
»Tut mir leid, Sir«, sagte der Man mit dem eleganten Hut. »Aber wir können nicht wachsam genug sein. Hier treiben sich immer wieder englische Spione herum. Ihr werdet Commander Trouin in der Schänke finden, es sei denn, er hat sich bereits für die Nacht zurückgezogen. Möchte Euer Freund auch eintreten?«
Verflucht, dachte Steel, sie hatten Brouwer doch bemerkt. Gewiss hatte man sie beobachtet, als sie sich des Trunkenbolds erwehrten. Er fluchte in sich hinein und spürte, dass der Fremde ihn nach wie vor genau musterte. Steel blieb nichts anderes übrig, er musste den Flamen mit einbeziehen. Daher drehte er sich um und fing Brouwers Blick ein. Er redete ihn mit dem erstbesten schottischen Namen an, der ihm in den Sinn kam.
»Kommt, Lieutenant Macleod. Wir haben Glück. Wir können uns hier als Soldaten verdingen.« Er zwinkerte Brouwer zu und winkte ihn zu sich. Der Flame war vollkommen verdutzt, sah sich indes gezwungen, Steel zu begleiten.
Der Offizier nickte. »Also dann, in diesem Fall wünsche ich Euch eine gute Nacht, Gentlemen. Und viel Glück mit Commander Trouin.«
Steel deutete eine Verbeugung an, und als der Fremde wieder die Schänke betrat, flüsterte er dicht an Brouwers Ohr: »Verdammt, ich dachte schon, wir wären aufgeflogen. Ich fürchte, Ihr müsst mit hinein. Aber dann verabschiedet Ihr Euch so schnell es geht wieder – haltet Euch nicht unnötig lange hier auf. Und versucht, ein bisschen militärischer zu wirken. Wir sehen uns später. Ich habe noch eine Verabredung mit einer Dame.«
Mit diesen Worten war er fort. Brouwer nickte. Doch während Steel in der vollen Schankstube verschwand, fragte der Flame sich, was der Brite mit »militärisch« gemeint haben mochte. Denn Brouwer wäre es nie in den Sinn gekommen, Soldat zu werden. Seit eh und je predigte er Frieden und hatte geschworen, nie zur Waffe zu greifen. Bis vor Kurzem. Doch auch nur als letztes Mittel, um sein Land und seine Familie zu verteidigen. Brouwer schaute sich unsicher um und wünschte, er wäre diesem großen schottischen Offizier nie begegnet. Doch sein Pflichtgefühl sagte ihm, dass er diese Rolle nun spielen musste, für seine Stadt und seine Familie. Daher öffnete er den Mantel, hakte die Daumen in den Gürtel und setzte eine Miene auf, die ihm ein soldatisches Aussehen verleihen sollte. Mutig hielt er auf einen kleinen, freien Tisch zu. Mit pochendem Herzen überlegte er, wie sich ein Offizier der britischen Armee bei einer Schankmagd in einer Taverne voller Piraten einen Krug Bier bestellen würde.
11.
Steel hatte rasch denjenigen ausgemacht, den er suchte. Ein Mann wie René Duguay-Trouin war nicht zu übersehen. Im hinteren Bereich der Schankstube saß er am Kopf eines Tisches, um den sich etliche Männer scharten. Es war nicht allein die Kleidung, die Trouin als Anführer kennzeichnete, sondern die ganze Art seines Gebarens. Er gehörte zweifellos zu den Männern, die durch ihre pure Anwesenheit bestachen. Trouin seinerseits hatte nach wenigen Sekunden erkannt, dass es sich bei dem Neuankömmling nicht um irgendeinen dahergelaufenen Dorftrottel handelte.
Steel bahnte sich seinen Weg durch die Menge aus Betrunkenen und Huren und hielt auf den Tisch des Piraten zu. Trouin verscheuchte das Mädchen, das bislang auf seinem Schoß gesessen hatte, und sah Steel an. Einer seiner Männer flüsterte ihm unterdessen etwas ins Ohr.
Als Trouin das Wort ergriff, verstummten sämtliche Gespräche am Tisch. »So, Ihr seid also gekommen, um mir Eure Dienste anzubieten, Mr.
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