Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
Reihe. Geschickt wehrte er ein Bajonett ab, schlug nach dem Gegner und drängte vorwärts, sobald er spürte, dass die Degenklinge bis auf den Knochen gegangen war. Der Franzose im dritten Glied ergriff die Flucht und zwängte sich an seinem verwirrten Offizier vorbei, der dann ebenfalls nicht mehr die Stellung hielt.
Jetzt hatten die Briten die Linie durchbrochen, und abgesehen von einigen verzweifelt kämpfenden Franzosen, die sich der Rotröcke zu erwehren versuchten, war die französische Einheit zusammengebrochen. Steel bekam aus dem Augenwinkel mit, wie sich mehrere Gegner ergaben und bei einem Kompanieführer Schonung erfuhren. Derweil war Steel bereits damit beschäftigt, die Verluste abzuschätzen. Doch er hatte kaum mit dem Zählen begonnen, als er weiter vorn neue feindliche Soldaten heranrücken sah. Wie Steel es befürchtet hatte, versuchten die Franzosen, die Lücken in der sich auflösenden Linie durch frische Infanteristen zu stopfen. Die Gegner schickten sich an, die Briten mit einer Salve zu bestreichen. Steel wappnete sich innerlich.
»Sergeant! Bereit machen für Beschuss aus fünfzig Schritt. Grenadiere, neu formieren. Mr. Williams, zu mir.«
Während die Kompanie sich alle Mühe gab, sich so gut wie möglich zu formieren, erkannte Steel, dass drüben in den Reihen des Gegner nicht alles reibungslos lief. Wie gebannt beobachtete er, wie einige der französischen Offiziere in ihren Befehlen innehielten und erschrocken nach rechts schauten. Steel folgte den Blicken der Gegner und sah in diesem Moment zum ersten Mal die dänischen und niederländischen Infanteristen und Kavallerieeinheiten, die vom Hügel herunter geradewegs in die Flanke der Franzosen stießen.
Auch die Franzosen hatten die Bedrohung inzwischen erkannt, und mit einem Mal waren jene Soldaten, die eben noch die Schlacht für sich hätten entscheiden können, vollkommener Verwirrung ausgesetzt. Offiziere und Sergeants schrien Befehle durcheinander, damit die Soldaten sich mit einem Schwenk rechtzeitig auf die neue Bedrohung einstellten. Andere Befehle hingegen ordneten den sofortigen Rückzug an. Augenblicke später war die zuvor straffe Linienformation in Auflösung. Die Franzosen waren nicht mehr als ein von Panik ergriffener Haufen. Einige jedoch, allesamt Veteranen, die gelernt hatten, dass Angriff oft die beste Verteidigung war, hielten die Stellung und luden unbeirrt ihre Musketen nach.
In diesem Moment gewahrte Steel einen hochgewachsenen Franzosen, der die Muskete anlegte und genau auf ihn zielte. Steel blieb nichts anderes übrig, als stehen zu bleiben und zu hoffen, dass der Mann weniger treffsicher war als mutig. Nach einem Krachen und dem Aufblitzen am Mündungsfeuer spürte Steel einen heftigen Stoß am linken Arm. Sofort wusste er, dass er getroffen war – und es war kein Streifschuss. Wunden waren nichts Neues für ihn, aber bei diesem eher unerwarteten Treffer und der Wucht der Kugel geriet er ins Taumeln und fiel gegen einen der Grenadiere. Es war Mackay, an dessen Schulter Steel Halt suchte. Der Kamerad drehte sich zu ihm um, sah die Verletzung und rief in Richtung von Slaughter und Williams.
»Offizier getroffen, Sergeant! Zu mir!«
Williams löste sich als Erster aus den Reihen der Grenadiere und eilte Mackay zu Hilfe. Steel war benommen, bekam aber noch mit, dass die Franzosen – und auch das Schlitzohr, das ihn angeschossen hatte – letzten Endes doch die Flucht ergriffen; zu groß war das Entsetzen angesichts der rasch anrückenden Niederländer. Aschfahl im Gesicht wandte Steel sich an den Lieutenant. »Mr. Williams, setzt die Attacke fort. Weiter, Tom. Verfolgt sie. Ihr übernehmt die halbe Kompanie. Ich finde Euch schon, keine Sorge. Setzt nach, aber übertreibt es nicht. Und immer schön achtgeben auf die feindliche Kavallerie!«
Kaum hatte Steel die letzte Warnung ausgesprochen, da sackte er auch schon gegen eine Hecke. Er nahm noch wahr, dass Taylor neben ihm kniete und versuchte, die Blutung am Arm zu stillen. Mit glasigem Blick wandte Steel sich dem Corporal zu, der mit einem Ladestock ein Tourniquet anlegte, und plapperte in einem fort: »Taylor, Matt Taylor. Corporal Taylor … gut gemacht, Taylor. Danke Euch.«
Er wusste, dass es überlebenswichtig war, jetzt nicht das Bewusstsein zu verlieren. Die ganze Zeit wartete er auf das Gefühl des einschießenden Schmerzes, aber es kam nicht. Krampfhaft umklammerte er Taylors Arm und zog den Mann so weit zu sich herunter, dass er ihm ins Ohr
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