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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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die Arme, und es war mir gleich, ob Gisas Knechte grinsend zuschauten. »Ich lasse dir mein Messer«, flüsterte Barlo mir ins Ohr. »Es liegt in deiner Truhe. Halte es scharf, denn ich werde es noch brauchen.« Dann küßte er mich und ging zu den Pferden, die er ins Schloß bringen sollte.
    Es war zu befürchten, daß ihn dort einer der Diener, die man inzwischen eingestellt hatte, erkennen würde. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, daß einer Barlo verraten würde, denn er war bei allen beliebt gewesen wie sein Großvater. Ich hielt es trotzdem keine drei Tage zu Hause aus, sondern ging ins Tal hinunter und trieb mich im Dorf unter dem Schloß herum, in der Hoffnung, Barlo zu treffen oder etwas über meinen Bruder zu erfahren. Als mir das nicht gelang, ging ich zu Furro dem Schmied, denn er pflegte die Pferde aus dem Schloß zu beschlagen und würde am ehesten etwas wissen. Auch war er ein Mann, der sich nicht so schnell vor diesen zottigen Knechten fürchtete. »Deinen Bruder haben sie zusammen mit anderen jungen Männern in die Berge gebracht«, sagte Furro. »Ich habe selbst gesehen, wie Gisas Knechte sie hier vorbeigetrieben haben. Von Barlo weiß ich nur, daß er oben auf dem Schloß als Pferdeknecht arbeitet. Aber du brauchst keine Angst zu haben, daß einer von unseren Leuten Gisa erzählt, wer da ihre Pferde striegelt.« Dann sagte er noch, er wolle mir Nachricht geben, wenn Barlo Pferde zum Beschlagen in die Schmiede bringen wolle; denn er hatte schon gemerkt, daß mir daran lag, Barlo zu sehen und mit ihm zu reden.
    Ein paar Tage später kam ein Nachbar vorbei und sagte, Furro lasse ausrichten, daß er morgen unsere Pferde nicht beschlagen könne, weil er für die Schloßherrschaft arbeiten müsse. »Haben wir ein Pferd zu beschlagen?« fragte mein Vater verwundert. »Natürlich«, sagte ich. »Weißt du das nicht?« und gab ihm heimlich ein Zeichen, daß er nicht weiter fragen solle. Da dankte er dem Nachbarn für die Nachricht, und als wir wieder allein waren, nahm er mich mit in die Stube und sagte mir, daß dies keine Zeit sei, in der man Geheimnisse vor einander haben dürfe. Da erzählte ich ihm von meiner Verabredung mit dem Schmied und sagte ihm auch, daß ich Barlo sehen müsse, und wenn es mich das Leben kosten solle.
    »Barlo hat jetzt anderes im Sinn, als sich heimlich mit einem Mädchen zu treffen«, sagte mein Vater. Ich hatte gewußt, daß er das sagen würde, und es machte mich wütend, daß Männer über ihrem Haß alles andere vergessen können. »Ja«, sagte ich, »leider hat er nur anderes im Sinn, und er ist bis in seine Augen hinein so voller Haß, daß er böse werden wird in diesem verfluchten Schloß.« Mein Vater blickte mich verständnislos an. »Willst du, daß diese Hexe mit ihren zottigen Knechten uns für alle Zeiten Gewalt antut?« fragte er. Er sah in diesem Augenblick genauso hart und böse aus wie Barlo, als er seinen Bogen schnitzte. »Du weißt, daß ich das nicht wünsche«, sagte ich. »Aber wer diesen bösen Spuk besiegen will, der muß zuerst den eigenen Haß besiegen, und ich werde nicht zulassen, daß Barlo vergißt, wie Menschen leben sollten. Vielleicht erinnert er sich daran, wenn ich ihn wieder in die Arme nehme, und daran wirst du mich nicht hindern.« Mein Vater schaute mich eine Zeitlang nachdenklich an. Dann lächelte er und sagte: »Ich werde dir nichts in den Weg legen, wenn du morgen zur Schmiede gehen willst. Aber bring dich und Barlo nicht in Gefahr.« Da gab ich ihm einen Kuß und sagte: »Ich sehe nur eine Gefahr: Daß diese wölfische Brut unsere Herzen frißt.«
    Am nächsten Tag war ich schon in der Schmiede, als Barlo mit den Pferden kam. Zwei der zottigen Knechte waren bei ihm. Der eine wollte mich wegjagen, aber der andere grinste nur, als er mich sah; denn er war dabeigewesen, als Barlo abgeholt wurde, und hatte unseren Abschied beobachtet. »Laß sie doch hecken wie die Kaninchen«, sagte er. »Arbeiter kann unsere Herrin immer brauchen.«
    Ich sah, wie Barlo blaß wurde vor Zorn. Da ging ich rasch zu ihm hin und umarmte ihn. »Sie reden so«, sagte ich, »weil sie wie Tiere denken. Das kann mich nicht beleidigen.«
    »Aber mich macht es krank«, sagte er, und ich spürte wie er vor Wut zitterte. »Ich bin krank vor Haß, seit ich diese Brut durch die Räume laufen sehe, in denen mein Großvater und meine Eltern gelebt haben.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Deshalb bin ich hier. Damit du nicht vergißt, daß dieser Haß nicht alles

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