Stein und Flöte
wartete wieder, bis Barlo nickend sein Einverständnis gab. Erst dann dankte er für die Einladung. »Und was die Arbeit betrifft«, fuhr er fort, »so braucht das Pferd meines Herrn neue Eisen, und mein Esel muß beschlagen werden.«
»Da bist du in der richtigen Schmiede, denn mit Eseln weiß ich Bescheid«, sagte Furro. »Aber heute ist es schon zu spät, um acht Eisen anzupassen. Ihr habt’s doch nicht eilig?«
Lauscher hatte keine Ahnung, ob Barlo es eilig hatte. Doch als dieser den Kopf schüttelte, sagte er: »Nein, das hat Zeit bis morgen.«
Der Geselle hatte inzwischen mit einer langen Zange das Werkstück aus dem Feuer geholt und wieder auf den Amboß gelegt. »Mach das allein fertig und komm dann rein zum Essen«, sagte Furro. Er klopfte dem Pferd den Hals und betrachtete dessen Hufe. »Und das hier ist Jalf, wenn ich mich nicht irre«, sagte er dann zu Lauscher. »Er war bei den Eseln, die ich mit meinem Freund durch den Wald getrieben habe. Meine Frau ist zeitweise auf ihm geritten.« Der Esel erkannte ihn offenbar auch und begrüßte ihn auf seine Weise.
»Wo kann ich unsere Tiere für die Nacht unterstellen?« fragte Lauscher.
»Komm mit mir«, sagte der Schmied, »ich zeig’s dir.«
Der Geselle hatte wieder angefangen zu hämmern, und man konnte erkennen, daß er aus dem flachen Stück Eisen eine Hacke zu formen begann. Barlo sah ihm interessiert zu.
»Willst du so lange hier warten, bis wir eure Reittiere versorgt haben?« fragte ihn der Schmied. Barlo nickte nur, ohne sich zu ihm umzudrehen, und beobachtete weiter, wie das rotglühende Eisen sich unter den Schlägen des Hammers streckte.
Lauscher nahm die Tiere beim Halfter und folgte Furro mit ihnen hinter das Haus. Hier war ein geräumiger Stall angebaut, in dem schon drei Pferde standen. Während Lauscher die Tiere zu einem freien Platz führte, füllte Furro ihre Futterkrippen mit Hafer. »Ist dein Herr stumm?« fragte er unvermittelt.
»Ja«, sagte Lauscher, »zumindest kann er nicht mit Worten sprechen.«
»Was willst du damit sagen?« fragte Furro.
»Ich will damit sagen, daß ihn der Sanfte Flöter seine Sprache gelehrt hat«, sagte Lauscher.
»Bei dem wart ihr also auch?« fragte Furro.
»Ja«, sagte Lauscher. »Ich bin sein Enkel Lauscher.«
Der Schmied zog die Augenbrauen hoch. Er wunderte sich offenbar, daß der Enkel eines solchen Mannes als Diener auf einem Esel durch die Gegend ritt. Aber er ließ das auf sich beruhen und fragte nur: »Wie heißt dein Herr?«
»Barlo«, sagte Lauscher.
Als er das hörte, hielt der Schmied mitten in seiner Tätigkeit inne und richtete sich auf. »Barlo?« fragte er. »Kommt auch er aus Barleboog?«
»Ja«, sagte Lauscher.
»Barlo reitet also wieder durch das Land«, sagte der Schmied, als sei das eine bemerkenswerte Angelegenheit. Lauscher wußte nichts Rechtes mit diesen Worten anzufangen, aber er wagte nicht zu fragen, was der Schmied damit sagen wollte. Er bemerkte, als sie wieder zurück in die Werkstatt kamen, daß der Schmied Barlo fast mit einer Art Ehrfurcht behandelte. »Entschuldige, daß ich dich warten ließ, Herr«, sagte er. »Wenn ich gewußt hätte …« Barlo unterbrach jedoch seine Rede mit einer knappen, befehlenden Geste und schüttelte den Kopf. Lauscher wurde aus alledem nicht recht klug, zumal er spürte, daß der Schmied auch ihn jetzt mit anderen Augen betrachtete. Offenbar war es nicht unbedingt eine Schande, der Diener dieses Mannes zu sein, dessen Name Furro so beeindruckt hatte.
Am Brunnen neben der Werkstatt spülten Barlo und Lauscher den Reisestaub ab; dann wusch sich auch der Schmied und zog ein leinenes Hemd an, ehe er sie bat, ihm ins Haus zu folgen. Er führte sie in eine geräumige Stube, in der eine Frau eben damit beschäftigt war, den Tisch für das Abendessen zu decken.
»Ich bringe dir Gäste, Rikka«, sagte Furro. »Du wirst auch zwei Betten für die Nacht herrichten müssen.«
Als die Frau sich umdrehte, sah Lauscher, daß sie wesentlich jünger als ihr Mann sein mußte, obwohl ihr glattes braunes Haar schon von einzelnen grauen Strähnen durchzogen war. Sie blickte ihnen entgegen, und ihre Augen nahmen Lauscher sofort gefangen. Sie erinnerten ihn an etwas, aber er hätte nicht zu sagen gewußt, woran.
Der Schmied machte sie mit den Gästen bekannt, und als er Barlos Namen nannte, setzte auch sie zu einer Frage an, die ihr Mann jedoch mit einer Geste abwehrte. »Wundere dich nicht über seine Schweigsamkeit«, sagte er nur. »Er kennt
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