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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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alle schlafen. Lauscher aber lag noch lange wach und grübelte darüber nach, was der Schmied mit diesen Worten wohl gemeint haben könnte.
    Am nächsten Tag wurden Barlo und Lauscher von den klingenden Hammerschlägen aus der Schmiede geweckt. Als sie die Stube betraten, brachte ihnen Rikka Milch, Brot, Käse und geräucherten Flußfisch. Sie setzte sich zu ihnen an den Tisch und nötigte sie zu essen. Als sie satt waren, fragte sie: »Reitet ihr heute weiter?«
    Barlo nickte.
    »Dann wünsche ich euch, daß ihr euer Ziel erreicht«, sagte sie. Haben wir denn eins? fragte sich Lauscher. Jeder wußte hier offenbar besser Bescheid über Barlos Absichten als er selbst. Rikka schien zu spüren, was in ihm vorging, während sie ihn lächelnd mit Urlas Augen ansah. »Du hast noch viel Zeit, Lauscher«, sagte sie, »und mit Urlas Stein muß man Geduld haben. Ich freue mich, daß du ihn jetzt trägst, wenn du vielleicht auch glaubst, daß er dir bisher nichts als Schwierigkeiten gebracht hat. Meinem Vater ging es nicht anders, bis er begriff, daß man immer in Schwierigkeiten gerät, wenn man seinem Geheimnis auf den Grund zu gehen versucht. Aber es war ihm schließlich der Mühe wert. Als du ihm den Tod leicht gemacht hast, hat er wohl gewußt, daß er den Erben von Urlas Stein gefunden hatte.«
    Lauscher fühlte sich wie ein Kind, das nicht recht begreifen kann, wovon die großen Leute eigentlich reden. Aber er merkte schon, daß sie es freundlich meinte, und dankte ihr für die Gastfreundschaft. Dann ging er mit Barlo hinaus in die Schmiede.
    Furro hatte dem Pferd schon neue Eisen angepaßt und brachte gerade den Esel in die Werkstatt. »Dem muß ich erst zwei Paar Eisen schmieden«, sagte er. »So was hat man gewöhnlich nicht auf Vorrat.« Er suchte eine Stange Roheisen aus, legte sie ins Feuer und fachte es mit dem Blasebalg an. »Eseleisen sind eine besondere Sache«, sagte er. »Zierlich müssen sie sein und leicht, damit sie die schmalen Hufe nicht belasten. Wie man das macht, habe ich bei den Bergdachsen gelernt.«
    »Stammst auch du aus Urlas Heimat?« fragte Lauscher.
    »Nein«, sagte Furro, während er das Eisen aus dem Feuer holte und mit einem Keilhammer ein Stück davon abteilte. »Ich bin im Dorf von Barleboog geboren und war dort schon eine Zeitlang Schmied, als ich hörte, daß man bei den Meistern dort im Gebirge noch einiges dazulernen könne. Da habe ich mich auf den Weg gemacht und bin bei Rikkas Großvater, der ein Eisenschmied war, in die Lehre gegangen. Er muß damals schon um die siebzig Jahre alt gewesen sein, stand aber noch immer täglich am Amboß. Er hatte Urlas Tochter zur Frau, von der euch Rikka gestern berichtet hat.«
    Furro begann das Stück Eisen flach zu schmieden und zu biegen, bis dessen Glut verblaßte und sich mit einer grauen Haut überzog, die unter dem Hammer abblätterte. Da legte er das Stück wieder ins Feuer und erzählte weiter, während er den Blasebalg bediente. »Dieser Schmied hieß Hefas, und in seinem Haus lebten noch zwei Enkelkinder, Rikka und Akka, die Töchter Arnis mit dem Stein. Ihre Mutter, die das einzige Kind dieses Schmieds gewesen war, hatte Arni in Urlas Haus kennengelernt. Manchmal meine ich, daß Urla bei dieser Hochzeit die Hand im Spiel gehabt hat; denn sie liebte Arni sehr und wußte, daß er einen Menschen brauchte, mit dem er reden konnte. Aber sein Glück hat nicht lange gedauert. Seine Frau starb, als die Zwillinge erst zehn Jahre alt waren. Da brachte er die beiden zu seinen Schwiegereltern, weil er sich bei dem unsteten Leben, das er führte, nicht genug um sie kümmern konnte.«
    Lauscher fühlte sich in all das einbezogen, was der Schmied berichtete. Auf eine ihm selbst noch nicht durchschaubare Weise gehörte auch er in den Zusammenhang dieser Ereignisse, die über ein Jahrhundert umfaßten und ihm doch gleichzeitig und gegenwärtig erschienen, als sei der Ablauf der Zeit aufgehoben. Ob er Urla so greifbar nahe sah, weil sie ihn durch Rikka angeschaut hatte? Er wußte es nicht zu sagen und grübelte darüber nach, während der Schmied das erste Eseleisen fertig ausformte und beiseite legte, um mit dem nächsten zu beginnen. »Bei Hefas habe ich dann auch so ähnliche Hufeisen schmieden gelernt«, sagte er dabei. »Die Steinsucher und Erzklauber verwenden dort in den Bergen gern Maultiere, weil die mit ihren schmalen Hufen besser klettern können. Auch Rikka hatte ein solches Maultier, mit dem sie auf dem Paßweg über das Gebirge ritt, wenn

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