Steine der Macht (German Edition)
eine kleine dürftige Hütte, vor der zwei dunkelhäutige Ägypter saßen und Tee tranken. Sie stellten den Landrover vor der Behausung der Araber ab und mit einem Schwall an arabischen Begrüßungsfloskeln kamen die zwei auf den Wagen zu. Wolf, der nur einige Brocken Arabisch konnte, verstand so gut wie nichts von dem Kauderwelsch. Mohammed übersetzte, dass die beiden vor zwei Tagen eine Gazelle erlegt und diese zu einem Eintopfgericht verarbeitet hatten. Wolf und der Fahrer wären gerne zum Essen eingeladen. Die zwei Wächter des alten Bergwerkes sahen äußerlich nicht gerade vertrauenerweckend aus. Wilde Gestalten, wie sie sonst nur in Abenteuerfilmen zu sehen waren.
Aber die zwei waren echt. Einer der beiden fachte das Feuer, welches unter der verrußten Teekanne dahin gloste, mit ein paar Holzstücken an und stellte einen Tontopf darüber, in welchem sich eine undefinierbare Masse von Gazellenfleisch, Kartoffeln und sonstigem Gemüse befand.
Als Wolf fragte, wie sie denn das Tier zur Strecke gebracht hätten und Mohammed das übersetzte, zog der ältere der beiden Araber plötzlich einen großen Dolch unter seiner Djelabeja hervor und fuchtelte damit wild in der Luft herum. Wolf wurde es zwar nicht bange, aber es wirkte doch irgendwie bedrohlich.
Der Gazelleneintopf sah nicht sehr appetitlich aus, schmeckte aber vorzüglich. Zu trinken hatten sie Wasser, aber das stand bestimmt schon lange Zeit in den offenen Tonkrügen dort und war für den europäischen Verdauungsorganismus wohl nicht ganz geeignet. Wolf fragte, ob er etwas Tee haben könnte. Das Wasser dafür wurde in einem verrußten Behälter heißgemacht, aber wenn es gekocht war, dann konnte man es trinken. Danach saßen alle vier um den dampfenden Teekessel he-rum und die Wächter erzählten in blumigem Arabisch so manche fantastische Geschichte, die wohl eher aus ihrer langen Einsamkeit in dieser gottverlassenen Gegend herrührte und kaum der Wahrheit entsprach. Pausenlos musste Mohammed übersetzen. Sie redeten von Bergwerksstollen aus der Pharaonenzeit, von Schächten, in denen Dschinns, also Geister, hausen sollten, und von Eingängen, in denen schon Verwandte von ihnen verschwunden wären. Wolf kannte die Fantasie der Araber. Wenn man nur der Hälfte ihrer Erzählungen Glauben schenken würde, so war das immer noch zu viel. Das Geheimnisvollste, von dem der ältere der beiden Wächter zu berichten hatte, war jedoch der sogenannte Stein des Osiris.
Diesen Stein, der gar nicht besonders groß sein sollte, hätte zwar noch niemand in seiner Sippe gesehen, es ging aber das alte Gerücht herum, dass jeder, der in seine Nähe kommen sollte, verschwinden würde. Alles nur Aberglaube, wie er für die meisten Araber typisch war, dachte Wolf und machte sich vorerst keine weiteren Gedanken über das soeben Gehörte.
Nach einer überschwänglichen Abschiedszeremonie mit sämtlichen Segenswünschen Allahs fuhren Wolf und Mohammed wieder mit dem Landrover weiter. Sie waren nun etwas ausgeruht von der doch beschwer-lichen, langen Fahrt und amüsierten sich köstlich über die Einfältigkeit der beiden Bergwerkswächter. Die Fahrt ging dann weiter in Richtung Westen.
Am späten Nachmittag, als die Sonne bereits recht tief stand, erreichten sie dann über eine Schotterpiste die Verbindungsstraße nach Luxor. Auf dieser Straße fuhren sie nun wieder zurück in Richtung Küste zum Sheraton Hotel. Das rötliche Licht der untergehenden Sonne erzeugte eine eindrucksvolle Stimmung über den Bergen, welche eben nur zu dieser Tageszeit zu be-obachten war. Das Ergebnis dieser Fahrt war aber weniger beeindruckend. Außer einer kleinen Ruinensiedlung mitten in den Bergen und ein paar Tonscherben fanden sie auf dieser beschwerlichen Fahrt nichts, wonach Wolf eigentlich suchte. Aber da war doch noch etwas, was Wolfs Interesse geweckt hatte. Der „Stein des Osiris“, von welchem einer der Wächter im Phosphat Bergwerk gesprochen hatte …
Eine Ansage des Flugkapitäns riss Wolf aus seinen Gedanken – sie hatten die Adria erreicht und in Kürze sollte es etwas zu essen geben. Hähnchen mit Broccoli und Püree oder eine Lasagne.
Wolf wählte für sich das Hähnchen und für Linda die Lasagne.
Sie war beim Musikhören eingeschlafen.
K apitel VII – Abydos
Wolf war selbst auch Pilot, aber nur für -kleine Privatflugzeuge. Vor zwei Jahren hatte er mit Linda in Luxor ein Wasserflugzeug gechartert, eine alte sechssitzige Cessna 206 mit riesigen
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