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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
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werden. Schließlich war unsere Mutter tot und unser Vater ein Mörder! Wir hatten Angst, uns auch noch gegenseitig zu verlieren!“
    „Ich versprach Hele, gut auf sie aufzupassen, dann könnte ihr auch im Haus eines Mörders nichts geschehen!“, presste Heiko bebend hervor.
    Jakob Gumper fiel ächzend auf den Schreibtischstuhl und barg sein Gesicht in den Händen.
    „Und dann folgte der entsetzliche Überfall auf Hele. Doch der ging auf das Konto eines anderen – und ich war nicht zur Stelle! Scheiße! Ich glaubte doch damals, da du weg warst, bestünde für Helene gar keine Gefahr! Ich habe versagt – zum zweiten Mal in nur wenigen Wochen hatte ich nicht geholfen! Ich war schuld!“, fluchte Heiko.
    „Wir verabredeten, niemandem etwas von dem zu erzählen, was wir wussten. Daran hielten wir uns strikt – auch als du uns zu diesem Therapeuten geschickt hast. Lieber gar kein Wort als ein verräterisches. Erst als ich Amalia traf, konnte ich nicht anders und erzählte ihr von jenem Nachmittag. Ich …“ Helene stockte. „Jedenfalls hat sie mirklargemacht, dass du nicht der Mörder bist. Sie hat dich auf der Wiese gesehen. Du kannst es nicht gewesen sein.“
    „Der Mörder ist noch hier im Tal. Nun wissen wir das und sind besser vorbereitet.“
    „Nein, sind wir nicht. Amalia glaubt, sie werden uns holen, das Haus abbrennen und uns umbringen. Zumindest werden sie es versuchen“, erklärte Helene.
    In diesem Moment klopfte es unten an der Tür.
    Jakob öffnete das Fenster und entdeckte im Hof eine fast vergessene, vertraute Gestalt.
    „Amalia?“
    Rasch lief er nach unten und ließ sie ein.
    Hildegard und Paula drängten sich an ihm vorbei ins Warme, und Jakob schloss die Tür wieder ab.
    Wortlos sah Amalia sich um, und Jakob wusste, dass auch sie Marias Anwesenheit im Haus noch immer spüren konnte.
    „Holzhäuser entleihen sich die Charakterfacetten der Menschen, die in ihnen wohnen“, sagte sie schlicht.
    „Ja, das scheint so zu sein.“
    „Wenn du möchtest, dass wir wieder gehen, genügt ein Wort.“ Amalia sah ihn fragend an, aber Jakob schüttelte den Kopf.
    „Du hast mir nach all den Jahren meine Kinder zurückgegeben“, antwortete er nur.
    Begleitet von den Hunden betraten sie Helenes Zimmer. „Amalia! Wie gut, dass du gekommen bist!“
    Die Seherin küsste Helene auf die Stirn und umarmte Heiko. Dann stellte sie sich ans Fenster und sah hinaus.
    „Es ist irgendetwas passiert. Ich habe viele Stimmen gehört. Sie diskutieren lebhaft und voller Wut. Seid auf alles vorbereitet!“
    „Du meinst, wir sollten uns bewaffnen?“, fragte Jakob ungläubig.
    „Baseballschläger, Pfanne, Messer – ja, richtet alles, was in irgendeiner Weise zur Verteidigung taugt. Ihr solltet Eimer mit Wasser füllen, und kann man den Gartenschlauch irgendwo im Haus anschließen?“
    „Am Hahn der Waschmaschine vielleicht“, antwortete Heiko, der nach der emotionalen Anspannung erleichtert war, aktiv werden zu können, und lief nach unten, um seine Vermutung zu überprüfen. Diesmal würde er sein Versprechen einlösen!
    Als Vater und Sohn den Raum verlassen hatten, schlang Amalia ihre Arme fest um Helene.
    „Nun zu uns! Bist du bereit?“
    Das Mädchen nickte zögernd.
    „Nimm Paula in die Arme. Sie ist eine kluge und starke Hündin, die genau weiß, was zu tun ist.“
    Folgsam setzte Helene sich auf die Bettkante und drückte sich fest an Paulas sehnigen Körper.
    Unverzüglich begann Amalia mit ihrem Zauber.
    Helene spürte, wie ihr Körper zu schrumpfen begann.
    Sie fiel.
    Angstvoll klammerte sie sich an Paula, und der Hund leckte ihr ermutigend die Hand.
    Das Mädchen gab seinen Widerstand auf und fiel tiefer. Immer tiefer. Und tiefer.
    Der Raum um sie herum entfernte sich von ihr und war doch näher denn je.
    Helene sah sich nervös um.
    Sie ist allein.
    Von allen verlassen.
    Heiko ist zu den Tieren in den Stall gegangen.
    Tapfer hat sie ihm geantwortet, es mache ihr nichts aus, für einen Moment allein im Haus zu bleiben, sie habe sehr viel zu tun. Zum Beispiel wolle sie ihrer Puppe Ina die Zöpfe flechten. Das war schon seit Längerem notwendig und würde nun viel länger dauern, weil Mama ihr nicht mehr dabei helfen konnte.
    Helene weint ein bisschen in ihr Kissen, als sie daran denken muss, dass Mama ihr nie wieder würde helfen können, als die Eingangstür quietscht.
    Bestimmt kommt Heiko bereits zurück, denkt sie erleichtert, sie bleibt nicht gerne allein hier. Der Tod weiß ja nun, wo sie wohnen,

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