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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
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und kommt vielleicht zurück.
    Doch dann erkennt sie, dass die Schritte auf der Treppe jemand anderem gehören.
    Sie hört auf zu weinen und lauscht angestrengt.
    Jemand kommt immer näher, schleicht zu ihr herauf.
    Helene wird unruhig.
    Sie beschließt, Ina wieder ins Bett zu legen, damit ihr nichts geschehen kann.
    Dazu muss sie sich weit übers Bett lehnen, denn Ina schläft direkt an der Wand unter ihrer Puppendecke.
    Als sie sich weit nach vorn beugt, um Ina gut zuzudecken, packt jemand von hinten erbarmungslos zu.
    Helene schreit in einer Mischung aus Entsetzen und Überraschung laut auf.
    Die Schritte waren doch eben noch auf der Treppe gewesen!
    Sie reißt sich los und rennt zum Fenster, um es zu öffnen und nach Hilfe zu rufen.
    Riesige Hände greifen nach ihren Haaren und ziehen ihren Kopf rücksichtslos in den Nacken. So weit, dass sie schon befürchtet, er könnte abbrechen. Es tut so weh, und das Schreien fällt ihr nun schwer, die Atmung ist durch den Druck auf den Kehlkopf behindert. Ist dem Tod eingefallen, dass sie ihn gesehen hat an jenem Nachmittag?
    Brutal wird ihr schmächtiger Körper wie ein Spielzeug hochgehoben und ihr Kopf gegen die Wand geschleudert. Sie bemerkt, dass Inas Kleid rote Flecken bekommt, vermutet aber keinen Moment, dass es sich dabei um Blut handeln könnte. Ihr Blut. Das Denken fällt ihr zunehmend schwer. Nicht einmal mehr die Frage, wer ihr das antut oder warum das geschieht, beschäftigt sie noch.
    Dann ertrinkt der Sommersonnenschein in Dunkelheit.
    Wie aus großer Entfernung nimmt sie viel später wahr, dass sie auf dem Boden liegt.
    Sie spürt eine unerklärliche Kälte.
    Plötzlich durchfährt sie ein unbeschreiblicher Schmerz, wie ein gleißender Blitz, und sie verliert endgültig das Bewusstsein.
    „Aufwachen! Helene! Komm zurück!“, befahl Amalia und erlöste Helene aus diesem furchtbaren Albtraum.
    Verwirrt sah das Mädchen sich um.
    „Alles in Ordnung!“, versicherte ihr Amalia wider besseres Wissen.
    Helene kraulte Paulas Fell und spürte, dass es feucht geworden war. Fragend sah sie die Freundin ihrer Mutter an.
    „Du hast geweint.“
    „Ja.“
    „Helene, diese Schritte auf der Treppe, von denen du gerade gesprochen hast – zu wem gehörten die?“
    „Ich weiß es nicht!“
    „Sie kamen dir zuerst vertraut vor, schließ die Augen und versuche dich zu erinnern! Du bist schon so weit gekommen! Es muss jemand gewesen sein, den du gekannt hast.“
    „Dr. Gneis? Er kam immer, wenn ich krank war. Und bevor Mama starb, besuchte er sie jeden Tag.“
    „Dr. Gneis?“ Amalia war überrascht. Sie hatte mit beinahe jedem Namen gerechnet, nur nicht mit diesem. „Aber Dr. Gneis hat die ganze Zeit versucht, deinen Vater von diesem Umzug nach St. Gertraud abzubringen! Das verstehe ich nicht.“
    „Ich wäre aber auch über deine oder Tante Bertas Schritte verwundert gewesen, nachdem seit Mamas Tod niemand mehr bei uns vorbeikam.“
    „Gut. Lassen wir es für heute dabei! Du solltest dir eine Pause gönnen. Manchmal fallen den Menschen wichtige Details erst nach der Sitzung ein. Das kann bei dir auch der Fall sein. Möglicherweise erinnerst du dich an ein Geräusch oder einen Geruch. Dann sag mir einfach Bescheid.“ Amalia warf einen besorgten Blick aus dem Fenster.
    „Ein Geruch!“, bestätigte Helene aufgeregt. „Ja, das stimmt! Ein seltsamer Geruch, ein bisschen wie saure Milch, aber anders! Ja! Wenn ich den an jemandem feststelle, wissen wir, wer mich überfallen hat, nicht wahr?“
    „Dann haben wir zumindest einen Hinweis.“
    „Du bist es jedenfalls nicht gewesen! Du duftest wunderbar. Ein bisschen wie Mama.“
    „Eine Verdächtige weniger!“, Amalia lächelte zaghaft. „Noch ist nichts passiert. Ich gehe rasch ins Dorf hinunter und finde heraus, warum alle so aufgeregt sind. Ihr verbarrikadiert euch hier drinnen. Behaltet die Hunde im Haus. Draußen können sie euch nicht helfen und werden womöglich … na ja.“
    „Das ist doch viel zu gefährlich. Bleib hier!“, bat Helene eindringlich.
    „Ich glaube, ich bin die Einzige von uns, die sich im Moment hinuntertrauen kann. Und irgendwie müssen wir erfahren, was vor sich geht.“
    Alois Nagel, der Metzger, schloss gerade seinen Laden, als er Amalia kommen sah.
    So erfuhr sie schon nach wenigen Minuten, dass Anna Buchwald vermisst wurde.
    „Natürlich ist Sofie völlig aufgelöst und glaubt an einen Vergewaltiger und Mörder. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, was für wilde Gerüchte

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