Steinhauer, Franziska
Schatten über die Fassaden der umliegenden Häuser warf. Überall schrien und weinten Menschen in heillosem Durcheinander, manche brüllten Anweisungen, andere riefen gellend um Hilfe.
Sebastian Krumm wies seine Leute ein und machte sich auf die Suche nach einem der Verantwortlichen des Pflegeheims, um zu klären, ob man alle Insassen rechtzeitig hatte evakuieren können oder ob sich noch Menschen in dem brennenden Haus befanden.
Der Brand selbst erwies sich auf den zweiten Blick als weniger dramatisch. Nach dem herrschenden Chaos auf der Straße zu schließen, hatte Krumm ein Feuer von weit zerstörerischen Ausmaßen vermutet. Im Erdgeschoss schlugen zwar Flammen aus einigen wenigen Fenstern, doch die oberen Geschosse schienen bislang verschont geblieben zu sein.
Eine junge Frau, die sich als Schwester Sabine vorstellte, meinte vage, sie glaube, alle Bewohner seien der Aufforderung der Pflegekräfte nachgekommen, das Gebäude umgehend und zügig zu verlassen. Aber, räumte sie ein, der eine oder andere sei möglicherweise in dem allgemeinen Durcheinander auch verloren gegangen oder wieder hineingelaufen.
Während ein Trupp die Wasserschläuche ausrollte und die eigentlichen Löscharbeiten begannen, stellte Sebastian Krumm eine Gruppe Männer zusammen, die im Haus nach eingeschlossenen oder bewusstlosen Bewohnern suchen sollten.
Endlich traf auch die angeforderte Verstärkung für die Polizeikräfte ein, Rettungswagen nahmen einige der durchgefrorenen oder durchnässten Heimbewohner auf und transportierten sie in andere Betreuungsstätten oder, wennnötig, ins nächstgelegene Krankenhaus. Verletzte schien es nicht gegeben zu haben.
Sebastian Krumm beobachtete, wie sich das anfängliche Durcheinander allmählich lichtete. Das Feuer würden seine Leute schnell unter Kontrolle haben – ein Großbrand war es ja nicht gerade.
„Hier liegt eine Frau“, hörte er knisternd über die Sprechanlage in seinem Helm. „Sie ist eindeutig tot. Nicht verbrannt – vielleicht Opfer einer Rauchvergiftung!“
„Bringt sie raus“, entschied er unwirsch. „Es ist doch wirklich immer dasselbe. Jedes Mal bleibt bei der Räumung eines Gebäudes einer zurück!“
Als zwei Männer das Opfer des Brandes aus dem Haus trugen, sah Nocturnus ihnen mit diabolischem Grinsen zu. Es hatte sich mal wieder für alle unübersehbar bestätigt: Der Arm Lucifers reichte weit, und er wies seinen Getreuen einen Weg aus Feuer in sein Reich!
„Verheerender Brand in Seniorenwohnanlage!“, titelte die Überschrift am nächsten Morgen marktschreierisch. Besorgt schlug Maja Klapproth den Artikel auf und las den reißerischen Text über die turbulente Rettungsaktion der letzten Nacht. Mit Erschrecken registrierte sie die Adresse: Seniorenanlage „Herbstzeitlose“ in der Nikolausstraße, Köln-Sülz. Das konnte doch nicht wahr sein! Noch immer wurden zehn Bewohner vermisst, die entweder wohl von irgendwelchen Leuten in der näheren Umgebung aufgenommen worden waren oder kopflos durch die Straßen Kölns irrten. Anwohner, die einer hilflosen Person Obdach gewährt hatten, wurden daher dringend gebeten, sich umgehend mit der Leitung des Seniorenheimsin Verbindung zu setzen, darunter war eine Rufnummer angegeben.
Der Brand hatte ein Todesopfer gefordert. Klapproth hielt den Atem an: Elvira P.!
Sollten die Kinder Lucifers tatsächlich ihre Finger bei dem Brand im Spiel gehabt haben? Eine Racheaktion gegen die Heimbewohner, die ihnen regelmäßig die Polizei ins Haus geschickt hatten?
„Vielleicht hätte ich ihre Ängste doch ernster nehmen sollen!“, flüsterte die Ermittlerin betroffen und strich sich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn.
Niemand hatte den Mitgliedern der Sekte gegenüber den Namen des Bewohners erwähnt, der Lucifers Kinder des Säuglingsmords bezichtigt hatte. Vielleicht war das Haus von den Satanisten aber auch in der Hoffnung in Brand gesteckt worden, es werde schon die richtige Person treffen – oder zur Abschreckung: Die Senioren sollten es sich in Zukunft gut überlegen, ob sie Lucifers Kinder wirklich bei der Polizei anschwärzen wollten?
Rasch las sie weiter.
Aus den nachfolgen Zeilen erfuhr sie, dass die Brandermittler ein Fremdverschulden ausschlossen.
Ein Kurzschluss in einer Mikrowelle in der Küche des Wohnheims hatte das Feuer ausgelöst. Frau P. war nach Aussagen der Rettungskräfte vor Ort einem Herzversagen erlegen.
Tun wir das nicht alle, dachte Klapproth sarkastisch. Damit war allerdings auch
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