Steinhauer, Franziska
„Mario hatte seine Freundin per SMS zum St. Peter bestellt und ihr dort die Einladung gegeben. Angeblich war ihr bewusst, dass er sie beide in Satans Reich bringen wollte“, fuhr sie deprimiert fort. „Köln wird noch lange Trauer tragen.“
Maja Klapproth auch, dachte Mendetti.
Der Commissario half ihr galant beim Einsteigen in seinen Wagen, klappte den Rollstuhl zusammen und verstaute ihn im Kofferraum.
Dann fuhr er mit ihr in ein Café in der Nähe.
„Wäre es Sommer, hätte ich dich zu einem Picknick eingeladen – aber jetzt ist es leider schon zu kalt dafür. Obgleich das natürlich auch seinen Reiz hat“, schmunzelte Mendetti und stellte seine große Tasche unter dem Tisch ab.
„Wie geht es St. Gertraud?“, fragte Klapproth. „Schlecht. So ganz langsam wird ihnen klar, was sie in jener Nacht getan haben. Der Pfarrer hat die Gemeinde verlassen – sie warten auf einen neuen. Doch ob ihnen ein Seelsorger helfen kann, der so gar nichts über den Ort weiß, ist fraglich. Amalias Zustand, das ist die Seherin, die dich vor dem kommenden Unglück gewarnt hat, ist noch immerkritisch. Sie ist phasenweise bei Bewusstsein, aber nur kurz. Der Rest wird sich finden.“
„Was machen Jakob Gumper und seine Kinder? Sie werden das Tal doch bestimmt verlassen, nach den Erfahrungen, die sie mit den Leuten im Dorf machen mussten!“
„Ich glaube nicht. Anscheinend überlegt er noch. Ich weiß, dass er sich furchtbar schuldig fühlt, weil er seine Familie in solche Gefahr gebracht hat. Aber das konnte ja niemand ahnen, er rechnete mit Pöbeleien, aber nicht mit so etwas! Keiner konnte wissen, dass die Situation derart eskalieren würde – ich habe meine Beamten auch zu spät zu Hilfe gerufen.“ Er seufzte schwer. „Auf der anderen Seite gibt es viele Gründe für ihn, zu bleiben. Schlimmer kann es nicht mehr kommen, hat er zu mir gesagt, und er sehe auch die Bemühungen der Gertrauder, freundlich zu ihnen zu sein. Mal abwarten.“
„Und die Mörder?“ Klapproths Stimme zitterte leicht. „Haben inzwischen gestanden. Und Kevin Baumeister hat offensichtlich nicht nur Mitglieder angeworben. Die Sekte besserte ihre Einnahmen auch über einen kleinen, ausbaufähigen Drogenhandel aus. Die Amphetamintabletten bezogen sie aus einem Labor in Holland. Zu unserem Glück war Phobius ein fanatischer Buchhalter und hat alle Einnahmen und Ausgaben akribisch in einem altertümlichen Kassenbuch vermerkt.“
„Was wird denn nun aus den Mitgliedern, die im Ultental geblieben sind?“
„Es gibt wohl drei Möglichkeiten: Entweder sie akzeptieren einen neuen Hohepriester, schließen sich anderen satanistischen Sekten an oder versuchen Anschluss an ihr altes Leben zu finden. Es sind nur sechs Kinder Lucifers übrig geblieben. Die endgültige Entscheidung war bei meinerAbreise noch nicht getroffen. Allerdings …“, er lächelte verschmitzt, „gibt es ein Sektenmitglied, das weder in Italien bleiben noch sich einer anderen Gruppierung anschließen möchte. Sprachprobleme mögen dabei eine Rolle spielen, ich weiß es nicht. Und in sein altes Leben kann es auf gar keinen Fall zurück.“
„Und wer ist das?“
„Nun, das lässt sich gar nicht so einfach beantworten.
Eine Persönlichkeit. Einer, der sich nicht so leicht unterkriegen lässt.“
Er bückte sich und öffnete den Reißverschluss seiner Tasche.
Ein großer, grauer Kopf schob sich ans Licht.
„Jeffrey Dahmer!“, lachte Klapproth warm.
„Er kommt mit den Katzendamen in Italien nicht zurecht, die Kater verjagen ihn, die Leute im Tal fürchten ihn als Teufelstier, und die Hunde kennen kein Pardon. Er weiß nicht, wohin.“
„Ach, und nun soll ich mein gemütliches Zuhause mit einem Serienkiller teilen? Das ist doch hoffentlich nicht dein Ernst!“, protestierte die Ermittlerin, konnte aber ihren Blick von den intensiven Augen des Katers nicht lösen.
„Nun, er spricht Katzdeutsch. Du kannst ihn doch nicht im fremdsprachigen Ausland untergehen lassen! Außerdem ist er pflegeleicht und ausgesprochen anpassungsfähig. Vorausgesetzt, du bist bereit, ihn auf deiner Couch schlafen zu lassen.“
Die Kommissarin warf ihrem Kollegen einen kritischen Blick zu.
„Was spricht denn gegen deine Couch? Wenn du ihn so magst, könnte er doch auch bei dir wohnen – du sprichst ebenfalls Deutsch!“
„Ja, könnte er. Aber mal ehrlich, wo soll das hinführen, zwei Junggesellen unter einem Dach?“
„Er hat davor auch in einer Männer-WG gewohnt!“
„Ich werde
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