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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
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Lächeln.
    „Tu so etwas nie wieder, Maja Klapproth! Weißt du, wie es sich anfühlt, wenn man im Rollstuhl vor dem Fernseher sitzt, weil der grenzdebile Pfleger Karneval gucken möchte, und mit ansehen muss, wie die eigene Schwester von einem Irren angeschossen wird! Und ich habe noch zu dir gesagt, du sollst dir die beiden schnappen! Ich dachte schon, du würdest es tatsächlich schaffen, vor mir zu sterben! Nie wieder, Maja!“
    „Und Michaela?“, wollte sie besorgt wissen.
    „Sie haben sie zur Beobachtung auf die Entbindungsstation gebracht. Sie wollte erst gar nicht mitfahren, weil sie sich auf einmal so blöd vorkam in ihrem Bücherwurmkostüm. Aber es fehlt ihr nichts, dem Kind geht’s auch gut.“
    Plötzlich fluteten Bilder auf sie ein, sie hörte wieder die gellenden Schreie, das Mündungsfeuer, sah die Flammen – und das, was von Mario und Yvonne übrig geblieben war.
    Maja Klapproth stöhnte und ließ den Kopf ins Kissen zurückfallen.
    „Wo ist Malte?“
    „Hier“, antwortete der Kollege und schob einen Blumenstrauß ins Krankenzimmer.
    „Wie viele wurden getötet, verletzt?“
    „Du bist noch nicht einmal ganz aus der Narkose aufgewacht, Maja! Mann, ich dachte, du wärst in die Tiefe gestürzt! Als ich losgerannt bin, um den zweiten Engel zu überwältigen, war ich fest davon überzeugt, du kämst nie mehr zurück!“ Tränen standen in seinen Augen.
    „Wie viele, Malte?“ Klapproth versuchte ihm ihre Hand auf den Arm zu legen, stellte aber fest, dass sie die Schulter nicht bewegen konnte.
    „Gips – Variante extraschwer. Damit du dich in Zukunft etwas mehr zurücknimmst. Das ist Ballast! Der hemmt deinen natürlichen Abenteuerdrang!“ Fabrian drückte fest ihre Hand, die auf der Bettdecke lag.
    Paulsen warf Fabian einen unmissverständlichen Blick zu, und der Bruder verstand.
    „Zum ersten Mal seit vielen Jahren habe ich etwas gespürt, als ich diese Bilder sah, Maja. Angst und Liebe, fast vergessene Gefühle“, flüsterte er. Dann rollte er davon und schloss die Tür hinter sich.
    Paulsen räusperte sich. „Tatsächlich wissen wir es nicht genau, um auf deine Frage zurückzukommen. Viele der Verletzten sind einfach, nachdem sie das Haus verlassen hatten, weggelaufen. Morgen werden sich bestimmt noch einige in den Praxen und Krankenhäusern melden. Sicherwissen wir von neun Toten und etwa Hundert Verletzten. Einige der Brandopfer schweben noch in Lebensgefahr. Unter den Verletzten befinden sich auch viele Kinder. Insgesamt ist Köln jedoch noch einmal mit dem Schrecken davongekommen.“
    „Julian?“
    „War im großen Konferenzraum. Er hat erst ein Feuer gelegt und dann um sich geschossen.“
    „Wie Mario.“
    Paulsen nickte.
    „Ich habe mich so sehr in die Idee mit der Schule verrannt, dass ich den Karneval und die Feier im St. Peter einfach ausgeblendet habe! Ich habe immer nur den Countdown und diese unvorstellbare Zahl von Opfern im Auge gehabt! Wenn ich nur ein bisschen mehr nachgedacht hätte, hätten wir es vielleicht verhindern können!“
    Zum ersten Mal während all der Jahre ihrer Zusammenarbeit sah Paulsen Maja Klapproth weinen.
    Die Krankenschwester brach zum üblichen Kontrollgang auf.
    Auf einem kleinen Wagen, der beim Fahren über den Gang leise quietschte, hatte sie die Schälchen mit den Medikamenten für die Patienten bereitgestellt.
    Energisch klopfte sie an die Zimmertür und trat ein. „So, ich habe Ihnen eine Schmerztablette und einen Sirup zum Schlafen mitgebracht. Erst das Antibiotikum, dann den Rest!“
    Sie stellte das Schälchen auf dem Nachttisch ab. „Brauchen Sie eine neue Flasche Mineralwasser?“, fragte sie dann und wandte sich dem Patienten zu.
    „Herr Baumeister? Hören Sie mich, Herr Baumeister?“
    Sie drückte auf die Notklingel, wusste aber schon, als sie die eiligen Schritte des Arztes auf dem Gang hörte, dass es zu spät war.
    Kevin Baumeister hatte sein Ticket bei Zerberus bereits vorgelegt.
    „Du hast viele Menschen gerettet – darunter auch Michaela und das Baby. Dafür bin ich dir bis ans Ende meiner Tage dankbar, Maja! Neben einer Vielzahl von Prellungen und Verletzungen, die versorgt werden mussten, haben sie aus deinem Körper auch zwei Kugeln rausgeholt! Deine Schulter ist deshalb in Gips. Maja, hör mir zu: Du hast mehr getan, als dir eigentlich möglich war! Ohne dein Eingreifen hätte es im Saal mehrere hundert Tote geben können. Mario hatte noch jede Menge Munition. Nur weil er auf deinen Widerstand traf, kürzte er das

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