Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
Vom Netzwerk:
fand er natürlich unterstützenswert und keinesfalls verwerflich!“
    „Und wieso hat die Gemeinde von diesen Satanisten dann Geld bekommen?“, wollte Peter Pumpa wissen.
    Der Ortsvorsteher in seinem eng sitzenden Anzug wand sich wie ein feister Wurm.
    „Nun ja, sie fragten nach, ob die Gemeinde in der nächsten Zeit ein interessantes Projekt plane, an dessen Verwirklichung sie sich finanziell beteiligen könnten. Es sollte natürlich eines sein, das nicht nur für Touristen, sondern auch für die Einheimischen attraktiv wäre. Wir einigten uns auf den Ausbau des Naturlehrpfades. Heimische Pflanzen, Tierstimmen, Gesteinsarten – da können alle noch was lernen!“, endete er mit neu erstarktem Mut.
    „Ja, besonders du!“, rief einer der Diskussionsteilnehmer giftig. „Du hast ja noch nie eine Eiche von einer Lärche unterscheiden können!“
    Allgemeines Gelächter belohnte den Zwischenrufer. „Sehr lustig!“, zischte Michael Hofer humorlos zwischen zusammengebissenen Zähnen.
    „Bleibt die Frage, wie wir nun mit den Satanisten umzugehen gedenken“, erinnerte Pfarrer Gabriel Weißgerber, ein untersetzter Mann mit silbergrauem Haar, harten, unversöhnlichen Zügen und unbeugsamem Charakter, seine Gemeinde an den Grund ihrer Zusammenkunft.
    Wieder wurde es still.
    „Mir scheint, uns stehen nicht allzu viele Wege offen.“
    Der Bäcker, Siegfried Berger, sah aus kleinen, in Falten und Fettgewebe eingebettenen Augen in die Runde. „Ich für meinen Teil bin da pragmatisch.“ Er strich sich über seinen stattlichen Bauch und kraulte sich dann die spärlichen Haare auf dem kugelrunden Kopf.
    „Heißt?“, fragte Matti, der Bauer, dessen Hof sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Teufelsanbetern befand.
    „Nun denkt doch mal ruhig und vernünftig nach, ohne gleich mit Vorurteilen um euch zu werfen. Erstens, wovor fürchten wir uns denn? Vor ein paar Spinnern, die den Teufel anbeten? Das werden die doch wohl in ihren eigenen vier Wänden tun, nicht wahr? Das bedeutet, wir werden kaum etwas davon bemerken! Und kann denn zweitens nicht jeder bei uns nach seiner eigenen Fasson glücklich werden? Wären die Satanisten eine Horde von Moslems, die eine Koranschule gründen wollen, würdet ihr euch doch auch nicht so anstellen!“
    „Woher willst du das wissen?“
    „Eine Koranschule – ja spinnst du jetzt komplett?“
    „Verschleierte Weiber dulden wir nicht im Dorf!“
    „So weit kommt’s noch!“
    Der Pfarrer, der schon seit einiger Zeit unruhig auf seinem Stuhl hin und her gerutscht war, unterbrach das allgemeine Gemurmel. „Das könnt ihr doch nicht miteinander vergleichen! Der Koran kennt wenigstens einen Gott, auch wenn es nicht der unsrige ist. Aber die Satanisten, die predigen Hass und säen Vernichtung! Sie werden blutige Rituale vollziehen, das Böse zu uns bringen und die Touristen aus dem Ort vertreiben.“
    „Ach Quatsch!“ Siegfried Berger ließ sich nicht beirren.
    „Die paar Leute, die in schwarzer Kleidung durch den Ort gehen, werden niemandem auffallen. Schließlich tragen die Meisten von uns auch dunkle Sachen.“
    Man blickte an sich herunter – und konnte die Worte des Bäckers bestätigen.
    „Und“, fuhr der schwergewichtige Mann mit dröhnender Stimme fort, „überlegt doch mal. Wenn die über so viel Geld verfügen, werden sie auch viel davon bei uns im Dorf lassen. Wir werden alle davon profitieren!“
    „Du spekulierst auf zusätzlichen Brötchenverkauf fürs Satansfrühstück!“, lachte Josephina, eine zahnlose Frau, die am Dorfrand Heilkräuter verkaufte, die sie selbst im Wald sammelte.
    „Na und! Es spricht doch nichts dagegen, Geschäfte machen zu wollen. Schließlich habe ich auch eine Familie zu ernähren! Außerdem haben alle einen Nutzen davon – nicht nur ich!“
    Der hagere, hochgewachsene Pfarrer bedachte den kräftigen Mann mit einem vernichtenden Blick.
    „So willst du also Handel mit dem Teufel treiben, ja?“ Er trat näher an den deutlich kleineren Bäcker heran und sah ihm direkt in die Augen. „Dann solltest du dabei eines aber nicht vergessen: Die Währung des Satans ist die Seele! Etwas anderes akzeptiert er nicht als Zahlungsmittel!“ Mit diesen Worten wandte sich Pfarrer Weißgerber abrupt um und verließ mit festen Schritten den Raum.
    Laut schlug die Tür hinter ihm ins Schloss.
    Nun wurde es im Versammlungsraum so still, als hätten die Versammelten zu atmen aufgehört, und es dauerte lange, bis sich wieder jemand traute, das Schweigen zu

Weitere Kostenlose Bücher