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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
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unerlaubten Spaziergang zu verführen.“ Sie sah Jakobs Gesicht und lächelte wieder. „Sei unbesorgt. Meine Hunde wissen sehr genau, was sie dürfen und was nicht. Sie würden den Hof nie unbewacht lassen. Das musste auch Heiko einsehen. Er öffnete die Zwingertür, und Pizza biss ihn in den Oberschenkel, während Prosciutto ins Haus gelaufen kam, um bei mir zu petzen. Ich fand Heiko dann im Badezimmer, wo er versuchte, seine Wunde mit Bordmitteln zu versorgen.“
    „Warum hast du mir nichts davon gesagt?“, fuhr Jakob auf. „Ich habe ein Abkommen mit Heiko getroffen, an das er sich offensichtlich nicht gehalten hat!“
    „Es war doch ohnehin schon zu spät, um ihn noch daran zu hindern. Und die Hunde haben das Problem doch sehr geschickt gelöst, findest du nicht? Du hast ganz andere Schwierigkeiten, da hielt ich es nicht für sinnvoll, den Vorfall auch noch zu erwähnen. Die Hunde sind geimpft, die Wunde haben wir desinfiziert und verbunden. Es ist also so weit alles in Ordnung. Übrigens hat mich Heiko dir gegenüber nicht um Stillschweigen gebeten, er hat auch nicht versucht, sich rauszureden, sondern stand zu seinemTun. Es war allein meine Entscheidung, den Vorfall nicht zu erwähnen, und du solltest es auch nicht tun.“
    Jakob nickte. Er wusste, wann er geschlagen war. Waltraud erhob sich und verschaffte Jakob damit die Pause, die er brauchte, um seine Gedanken zu ordnen. Als sie zurückkam, brachte sie die Weinflasche mit und schenkte ihnen beiden nach.
    „Vielleicht wird diese Sekte Helene entführen, weil sie eine blonde Jungfrau für irgendein Ritual braucht – oder sie fängt Heiko ein, um eine sadistische Zeremonie an ihm durchzuführen. Nein, nein – es ist ganz gewiss nicht gesund für euch drei dort oben!“
    „Helene ist keine Jungfrau mehr – schon vergessen?“ Jakobs Augen funkelten böse. „Ich glaube eher, wenn wir drei uns der Vergangenheit stellen, wird alles wieder in Ordnung kommen. Vielleicht fällt Helene ein, wer sie damals überfallen und gequält hat. Dann kann ich den Schuldigen endlich vor Gericht bringen – nachdem er sich mehr als zehn Jahre sicher fühlen konnte, weil ich feige geflohen bin!“
    „Jakob, Helene will sich aber nicht erinnern. Sie hat eine Blockade. Du wirst eher Schaden anrichten, wenn du sie mit dem Haus und ihrem Zimmer konfrontierst.“
    „Das gesamte Zimmer ist neu eingerichtet. Sogar die blutbefleckten Dielen habe ich ausgetauscht. Das Bett, der Schrank, der Tisch, der Stuhl, die Vorhänge, der Teppich – alles ist neu. Nichts sieht mehr aus wie damals“, argumentierte Jakob starrsinnig. „Falls wir drei überhaupt eine Chance auf Zukunft haben, dann nur, wenn wir zurückkehren!“
    „Es ist deine Entscheidung!“
    „Eben. Und so ganz nebenbei zeige ich den St. Gertraudern damit noch, dass ich mich nicht wieder von ihnen verjagenlasse. Damals war ich zu schwach, doch diesmal werde ich den Kampf aufnehmen.“
    „Selbst um den Preis, dass einer von euch dreien dabei den Tod findet!“, fuhr die sonst so friedliche Waltraud ihren Schwager an und ließ ihn allein am Kamin zurück.
    Helene warf sich unruhig in ihrem Bett herum. Ihre langen, blonden Haare klebten ihr strähnig im schweißnassen Gesicht. Ihre Augenlider flatterten nervös, und ihre Hände huschten ruckartig über die Bettdecke, als versuchten sie dort etwas zu verscheuchen. Wieder und wieder schlug sie in die Dunkelheit.
    Der Tod war im Zimmer.
    Sie hatten ihn gehört.
    Sie hatten ihn gesehen.
    Aber er hatte sie nicht bemerkt.
    Lange hatten sie gewartet, nachdem der Tod sein Werk vollbracht hatte.
    Stunden.
    Sie sah Leopolds dümmliches Gesicht an der Scheibe. Der angebliche Zeuge – der dem Tod bei der Arbeit zugesehen hatte.
    Helene wischte wieder hektisch über die Decke, als sie den Tod nahe an ihrem Versteck vorbeikommen sah.
    Weg!
    Geh weg!
    Geh weiter!
    Hatte sie das damals gedacht?
    Geh weiter?
    Doch wenn er weiterging, würde er ihre Mutter finden. Die Frage von damals wollte ihr wieder in den Sinn kommen!Nein! Sie wollte sie sich nicht mehr stellen!
    Blutige Buchstaben schlichen sich heran!
    Sie wollte die Augen fest zukneifen, damit sie nicht lesen musste, was dort stand.
    Doch das war nicht möglich, ihre Augen waren ja bereits geschlossen.
    Die Buchstaben leuchteten rot im Dunkeln.
    Helene las.
    Und begann zu schreien!
    Schrie, als könne sie damit ein Leben retten!

19
    Kevin Baumeister bemerkte die Unruhe unter den Einwohnern von St. Gertraud. Offensichtlich waren

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