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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
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verkündete sie mit Überzeugung.
    „Aha. Und wo ist er nun?“
    „Na, wo wohl? Bei seinem Bruder. Nun muss Waltraud beide Brüder pflegen!“, freute sich Berta schadenfroh, und während sie Bratkartoffeln und Spiegeleier auf zwei Tellerverteilte, setzte sie hoffnungsvoll hinzu: „Mit ein bisschen Glück wird er noch verrecken!“
    Ihr Vater protestierte nur schwach, teilte er doch grundsätzlich ihre Auffassung, wenngleich er sich anders ausgedrückt hätte.
    „Berta! Nicht solche Ausdrücke in meinem Haus!“ Aber Berta schien seine Meinung nicht zu interessieren. Das Glitzern in ihren Augen hatte eher noch zugenommen.
    Jakob döst vor sich hin.
    Seit Tagen schon flieht ihn der Schlaf, und wenn er tatsächlich einmal einnickt, dann schreckt er wenige Minuten später wieder auf, schweißgebadet und am ganzen Körper zitternd.
    Er lauscht in die Dunkelheit.
    Nichts.
    Es ist rein gar nichts zu hören!
    Niemand atmet neben ihm.
    „Maria!“, flüstert er verzweifelt und vergräbt sein Gesicht in ihrem Kissen. „Maria!“
    Sollte es Geräusche gegeben haben, welche die drohende Katastrophe ankündigten, so hatte Jakob sie jedenfalls nicht gehört.
    Erst ein unruhig zuckender Lichtschein weckt seine Aufmerksamkeit und kurz darauf das einsetzende, panische Brüllen der Kühe.
    Er quält sich aus dem Bett und sieht aus dem Fenster.
    Der Stall brennt!
    Über seinem Kopf hört er die trippelnden Schritte der Kinder. „Papa? Papa! Es brennt!“
    Jakob überlegt kurz.
    Maria hat jeder Kuh einen Namen gegeben, sie würde nicht wollen, dass sie nun qualvoll in den Flammen umkommen.
    „Heiko, ruf die Feuerwehr. Die oberste Nummer auf dem Zettel an der Wand!“
    Dann rennt er in die Nacht hinaus.
    Das Brüllen der Tiere ist ohrenbetäubend, das Feuer braust über das Dach. Es gelingt ihm, die Stalltür zu öffnen. Beißender Qualm schlägt ihm entgegen, er drückt sich sein Pyjamaoberteil vor Nase und Mund. Die Augen tränen. Schritt für Schritt tastet er sich zu den Boxen vor. Er glaubt, in den hervortretenen Augen der Tiere Todesangst erkennen zu können.
    „Raus!“, schreit er. „Raus!“ Er hustet, merkt, dass die Kühe im Rauch die Orientierung verloren haben. Mit beiden Händen packt er Rosi an den Hörnern, dreht sie um und gibt ihr einen kraftvollen Klaps auf den Hintern. Sofort läuft die Kuh los, und zu Jakobs Erleichterung folgen ihr die anderen.
    Das Atmen schmerzt, er kann kaum noch etwas erkennen. Taumelnd erreicht auch Jakob den Ausgang, schnappt nach Luft, kämpft gegen die drohende Besinnungslosigkeit.
    „Das Telefon geht nicht“, Heiko hat den Gartenschlauch mitgebracht. „Die Leitung ist tot.“
    Helene kümmert sich schon um die Hühner, die in ihrem kleinen Verschlag in der Nähe des Hauses aufgeregt gackern.
    „Das Feuer ist im ganzen Tal zu sehen. Die Feuerwehr kommt sicher gleich!“
    „Ich könnte rüberlaufen und sie holen!“, erbietet sich der Junge.
    Als der Löschzug endlich den Gumperhof erreicht, ist der Stall fast vollständig abgebrannt.
    Guido Braun, der Leiter der Feuerwache, besieht sich den Schaden bei Morgengrauen.
    „Brandbeschleuniger!“, lautet seine Diagnose.
    Jakob nickt.
    Der Benzingeruch hängt deutlich in der Luft.
    „Du lagerst dein Benzin im Stall? Das ist aber extrem leichtsinnig!“ Braun schiebt seinen dicken Daumen in den ausladenden Hosenbund und sieht Jakob tadelnd an. „So etwas weiß man doch!“
    „Natürlich. Deshalb habe ich auch keine Kanister auf dem Hof!“
    „Und woher kommt dann der Benzingeruch? Verkauf mich nicht für dumm, Jakob Gumper!“, schimpft er und will dann wissen: „Warum hast du den Brand nicht übers Telefon gemeldet? Sollte wohl erst ordentlich brennen, wie?“
    „Tot!“, haucht Jakob.
    „Hm. Wie tot?“
    „Leitung gekappt!“
    Jakob zeigt dem Feuerwehrmann die gekappte Telefonleitung.
    Im Gebüsch findet Guido Braun einen leeren Kanister. Anklagend hält er ihn hoch.
    „Ich habe keine Kanister auf dem Hof!“, beteuert Jakob noch einmal.
    „Versuchter Versicherungsbetrug?“
    Guido Braun ruft die Carabinieri.

26
    „Nehmen Sie Platz!“, forderte Klapproth Julians Mutter auf und schenkte ihr ein Glas Mineralwasser ein. „Ihr Sohn sagte in diesem Telefonat, er sei freiwillig weggegangen, um endlich sein eigenes Leben zu führen. Er fühle sich in seiner neuen ,Familie‘ sehr wohl, es fehle ihm an nichts, und er habe endlich gefunden, wonach er seit Jahren gesucht hat. Ein Leben ohne Bevormundung.“
    „Ja, sehen Sie

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