Steirerherz
erste Antwort einer
Hausbewohnerin. Der Chefinspektor klingelte weiter. Es folgten mehrere Hallos und
einige aufgeregte bis missmutige Nachfragen, wer dort unten Einlass begehre. Bergmann
deutete Sandra, still zu sein. »A Ruah is, es Pleampln!«, hörte sie eine Frauenstimme
die Idioten da unten um Ruhe bitten. »Rotzbuam!«, bellte ein anderer. Im nächsten
Moment gab ein Schnarren das Schloss frei, und Bergmann öffnete die Haustür. Sandra
hetzte hinter ihrem Partner die Treppe hinauf, genau wie er immer zwei Stufen gleichzeitig
nehmend. Vor der Tür griff er nach seiner Dienstwaffe.
»Spinnst du?«, fragte Sandra, ein
wenig außer Atem. »Was willst du denn mit der Waffe? Wir haben noch nicht einmal
einen Hausdurchsuchungs-, geschweige denn einen Haftbefehl«, ermahnte sie ihn.
Wortlos ließ Bergmann von der Pistole
ab und klingelte Sturm an der Wohnungstür, die sich schließlich eine Handbreit öffnete.
»Kriminalpolizei! Herr Laubichler, machen Sie die Tür auf! Wir müssen mit Ihnen
reden!« Bergmann hielt seinen Ausweis vor das dunkle Augenpaar des bärtigen Mannes,
der ihnen durch den Spalt entgegenspähte. Aufgrund des Fotos auf seiner Homepage
glaubte Sandra, in ihm den Beschuldigten zu erkennen. »Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«,
fragte Laubichler.
Da er laut Polizeiakte bisher nur
als Verkehrsteilnehmer in Konflikt mit dem Gesetz geraten war, fragte sich Sandra,
ob er zu viele Krimis im Fernsehen gesehen oder ob er mit ihrem Besuch schon gerechnet
hatte. Die Frage nach einem Hausdurchsuchungsbefehl hatte man früher nur von der
kriminellen Stammkundschaft gehört. Heute verlangte jeder danach, selbst wenn man
sich als Polizist nur nach der Uhrzeit erkundigte.
Im Augenwinkel bemerkte Sandra,
wie sich die Tür der Nachbarwohnung schloss. Dann fiel auch Laubichlers Tür zu und
sollte sich nicht mehr öffnen.
»Scheiße!«, meinte Bergmann nach
einigen Sekunden, die Sandra wie eine Ewigkeit vorkamen. Noch einmal läutete er
Sturm. Doch diesmal blieb die Tür geschlossen. »Der poscht uns womöglich ab! Bleib
du hier, falls er die Tür doch noch aufmacht«, sagte Bergmann in der Befürchtung,
dass der Gesuchte die Flucht ergreifen könnte, und jagte die Treppe wieder hinunter.
Erneut drückte Sandra den Klingelknopf.
Dann lauschte sie eine Weile an der Tür. Doch dahinter war kein Geräusch zu vernehmen.
»Macht er Ihnen nicht auf, der Herr
Laubichler? Was wollen S’ denn von ihm?«, fragte die alte Dame, die plötzlich in
der offenen Tür der Nachbarwohnung stand.
Sandra läutete erneut an der Tür.
»Sie sind von der Kriminalpolizei,
gell?« Die Alte hatte offensichtlich noch ganz gute Ohren.
»Ja, ich bin vom Landeskriminalamt«,
erklärte Sandra ihr.
»Marandjosef! Ist dem netten Herrn
Laubichler am End was g’schehn?«, meinte die alte Dame besorgt.
»Schon möglich.« Bevor Sandra sie
zurück in ihre Wohnung schicken konnte, schlurfte ihr die Frau mit einem Schlüsselbund
entgegen. »Warten S’. Ich sperr Ihnen die Wohnung auf. Ich hab ja einen Reserveschlüssel
– wegen der Fisch, die ich manchmal füttern muss.«
Sandra wusste, dass sie Laubichlers
Wohnung nicht unaufgefordert betreten durfte. Aber in diesem Fall konnte man getrost
eine Ausnahme machen und kurz nachsehen, ob mit dem Mieter alles in Ordnung war.
Seine Nachbarin machte sich schließlich Sorgen um ihn. Der Ordnung halber zückte
Sandra ihren Dienstausweis, bevor sie der alten Dame den Schlüsselbund abnahm. »Welcher
Schlüssel ist es denn?«, erkundigte sie sich.
»Der mit dem hellblauen Plastikring.«
»Danke schön. Es wäre auf jeden
Fall besser, wenn Sie jetzt wieder in Ihre Wohnung zurückkehrten, Frau …«
»Kirchler. Luzia Kirchler heiß ich.«
»Gut, Frau Kirchler. Vielen Dank
für Ihre Hilfe. Und jetzt gehen Sie bitte unverzüglich in Ihre Wohnung zurück«,
wiederholte Sandra eindringlich. Sie war angespannt, zumal sie nicht wusste, was
sie hinter der Tür erwartete.
»Und was ist mit meinem Schlüsselbund?«,
quengelte die Alte.
Sandra sah zur ihrer Tür hinüber.
»Den werf ich Ihnen nachher durch den Briefschlitz hinein. Und jetzt gehen Sie,
bitte. Ich möchte nicht, dass Ihnen etwas zustößt.«
Sandra bemerkte, wie sich Angst
in den neugierigen Blick der Alten mischte. Endlich trat sie ohne weitere Widerrede
den Rückzug an. Erst als die Tür hinter der betagten Nachbarin zugefallen war, steckte
Sandra den Schlüssel ins Schloss und sperrte auf. Zügig tauschte sie den Schlüsselbund
in
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