Steirerherz
ihre
Erscheinung im großen Wandspiegel an der Seite überprüfte. Sie musste grinsen. Böses
Mädchen!, rügte sie sich gut gelaunt, als die Mittvierzigerin von der Toilette in
den Waschraum trat. Über den Spiegel lächelte Sandra der Frau flüchtig zu. Nein,
sie hatte nichts bemerkt, stellte sie zufrieden fest. Dann fuhr sie sich noch einmal
durch die Haare, trug ein wenig farblosen Lipgloss auf und verließ den Waschraum.
Niemand schenkte
ihr besondere Beachtung, als sie an den Restauranttisch zurückkehrte. Außer Julius.
»Wo warst du denn so lange?«, fragte er mit diesem verschmitzten Lächeln, dem Sandra
nicht widerstehen konnte. Sie grinste zurück, ohne ihm zu antworten.
»Wie wär’s
mit einem Dessert?«
»Ich hatte gerade eines«, lehnte
sie dankend ab.
Wieder nahm er ihre Hand und sah
ihr in die Augen. »Ach, das war doch nur eine klitzekleine Kostprobe … Wollen wir
bei dir weitermachen?«
Sandra spürte das Kribbeln in ihrem
Unterleib, das ihr ungebrochenes Verlangen signalisierte, und nickte ihm zu.
Julius winkte den Kellner zum Zahlen
herbei.
Kapitel 10
Samstag, 10. September
»Nicht böse sein. Aber das sieht ein wenig altvatrisch aus«, meinte
Julius, als er Sandra in ihrem traditionellen Dirndl betrachtete. Er selbst lag
nackt und prachtvoll, wie Gott und regelmäßiges Training ihn erschaffen hatten,
in ihrem Bett.
»Ist halt eine klassische Tracht
und inzwischen über zehn Jahre alt«, erklärte ihm Sandra, während sie die fliederfarbene
Schürze glatt strich.
Julius runzelte die Stirn. »Ist
das dein einziges?«
Sandra nickte und löste den Knoten
der Schürze.
»Ich hatte mir eigentlich etwas
Peppigeres vorgestellt. Kürzer und mit einem tieferen Dekolletee«, meinte er ein
wenig enttäuscht.
»Du meinst doch hoffentlich keines
dieser kreischpinkfarbenen oder quietschgrünen Wies’n-Dirndln.«
»Es muss kein Lollipop-Dirndl sein,
wie es meine beiden jüngeren Schwestern so gern tragen. Farblich darf’s bei dir
ruhig ein wenig dezenter ausfallen.«
»Na, ich weiß nicht …«, blieb Sandra skeptisch.
»Aber ich. Das steht dir sicher
ganz hervorragend. Ich werde es dir beweisen.« Mit einem Satz sprang Julius aus
dem Bett.
»Ach ja? Und wie willst du das,
bitte schön, anstellen?« Sandra ließ ihr Dirndl zu Boden fallen, unter dem sie –
außer der kurzen Dirndlbluse – noch nichts anhatte. Diesmal ließ sich Julius von
ihrem reizvollen Anblick nicht aufhalten. Sandra gelang es gerade noch, seinem knackigen
Hinterteil einen Klaps mit der flachen Hand zu verpassen, als er an ihr vorbeihuschte.
Abrupt blieb er stehen, drehte sich um und stellte sich vor sie hin, die Arme in
die speckfreien Hüften gestützt. »Das wirst du dann schon sehen«, meinte er vergnügt,
»aber jetzt lass mich mal duschen, sonst komme ich noch zu spät. Kannst du mir noch
einen Kaffee machen? Bitte …«, sagte
er und warf ihr von der Tür aus eine Kusshand zu.
»Sicher. Und was zieh ich jetzt
an, damit der Herr mit mir zufrieden ist?«, rief sie ihm hinterher.
»Irgendetwas! Völlig egal!«, hörte
sie ihn antworten.
»Jetzt auf einmal …«, murmelte Sandra zu sich selbst
und hob das Dirndl vom Boden auf. Sie beschloss, die Tracht nun endgültig zur Altkleidersammlung
zu bringen, wie auch einige andere Kleidungsstücke, die sie seit Jahren nicht mehr
getragen hatte. Sie hängte das Dirndl und die Bluse zurück in den Schrank und suchte
nach einer Alternative, die Julius gefallen könnte. Sich ein paar neue Teile zuzulegen,
war sicher nicht die schlechteste aller Ideen, gestand sie sich angesichts der eher
dürftigen Auswahl in ihrem Kleiderschrank ein. Andrea wollte ohnehin ständig mit
ihr shoppen gehen, was die Freundin liebte, Sandra hingegen hasste. Ein Dirndl war
allerdings das Letzte, was sie in ihrer Garderobe vermisste. Doch Julius stand anscheinend
auf Trachten. Hätte ja auch schlimmer kommen können, tröstete sie sich. Schließlich
hatte jeder so seinen Klescher, vezieh sie ihm die kleine Macke, noch ehe sie in
ihre beste Spitzenunterwäsche geschlüpft war. Dann zog sie die dunkelblauen Jeans,
eine weiße Bluse und ihren Trachtenjanker an. Mehr hatte sie Julius vorerst nicht
zu bieten.
Wenig später stand Sandra vor der Umkleidekabine im Trachtengeschäft
in der Herrengasse, in das Julius sie geschleppt hatte, und betrachtete sich im
Spiegel. Sie musste ihm recht geben: Das nicht ganz knielange Dirndl, mit hellgrünem
Leib, schwarzem Rock und maisgelber Schürze,
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