Steirerherz
dachte immer, ihr Frauen steht
auf Männer, die auch mal weinen können.«
»Du wirst es nicht glauben, Sascha,
aber wir Frauen mögen nicht alle dasselbe«, meinte Sandra und fuhr den Wagen aus
der Parklücke.
3.
»Ich hab es einfach nicht früher geschafft«, entschuldigte sich Sandra.
Julius stand auf und küsste sie
auf den Mund. »Hauptsache, du bist jetzt hier«, meinte er und wollte ihr aus der
Jacke helfen.
Im letzten Moment fiel ihr ein,
dass sie das Schulterholster mit ihrer Dienstwaffe noch trug. »Meine Jacke behalt
ich lieber an«, sagte sie und setzte sich an den reservierten Tisch des Innenstadtlokals.
»Schade«, meinte er und nahm seinen
Platz ihr gegenüber wieder ein.
Diese Stimme! Sandra lächelte Julius
an.
»Wie geht es dir?«, fragte er und
griff wie selbstverständlich nach ihrer Hand.
»Frag mich lieber nicht«, winkte
Sandra ab.
»Dann zieh ich meine Frage wieder
zurück … Was möchtest
du trinken?«, wechselte er das Thema und schob ihr die Speisekarte hinüber.
»Erst einmal einen Apfelsaft. Zum
Essen trink ich dann gern ein Glas Weißwein.« Sandra betrachtete die Speisekarte.
»Die haben hier einen ausgezeichneten
Sauvignon Blanc … Du siehst ein bisschen gestresst aus.«
»Ich hatte noch nicht einmal Zeit,
mich umzuziehen …, bin direkt
von einem Einsatz hierher gehetzt.« Dass Bergmanns Verhalten die Hauptursache für
ihren desolaten Zustand war, verschwieg Sandra ihm wohlweislich. Lieber studierte
sie die Karte.
»Ich hab kein Problem mit deiner
Kleidung. Außerdem wirst du sie eh nicht mehr allzu lang anbehalten.«
Sandra blickte überrascht auf. Julius
grinste sie an. Deutlicher konnte er ihr nicht mitteilen, dass er dort weiterzumachen
gedachte, wo sie letztens aufgehört hatten. Und sie hatte nichts dagegen einzuwenden.
Im Gegenteil: Sie zog es vor zu wissen, woran sie war. Rätselhafte Männer wie Bergmann,
die einen immer wieder mit unliebsamen Überraschungen konfrontierten, waren ihr
viel zu anstrengend.
»Weißt du schon, was du essen möchtest?«,
fragte Julius.
Sandra nickte, und Julius winkte
den Kellner herbei. »Ich bin am Verhungern«, meinte er, »was möchtest du?«
»Für mich bitte den kalt geräucherten
Saibling und danach die Kürbisravioli«, wandte sich Sandra an den Kellner.
»Ich nehm die Rindssuppe mit Schulterscherzel
und die Forelle im Teigmantel.« Julius bestellte zudem einen Apfelsaft und zum Essen
ein Viertel Sauvignon Blanc für Sandra sowie ein weiteres Murauer Bier für sich
selbst.
»Du hättest inzwischen ruhig die
Suppe essen können. Immerhin wartest du seit fast einer Stunde auf mich«, sagte
Sandra schuldbewusst, nachdem der Kellner sich mit den Speisekarten entfernt hatte.
»Wenn es sein muss, kann ich auch
warten«, versicherte ihr Julius, »vor allem, wenn ich nachher ausgiebig für meine
Geduld belohnt werde.« Erneut nahm er Sandras Hand und lächelte sie verschmitzt
an. Diese Augen!, dachte sie und konnte nicht anders, als zurückzulächeln. Wie alt
war Julius eigentlich? Sie schätzte, dass er ein paar Jahre jünger war als sie.
Egal. Sie würde ihn später fragen. Dass sie hundemüde war, hatte sie inzwischen
beinahe vergessen.
Beim Essen erzählte ihr Julius von
den Terminen, die er am nächsten Tag beim Kulturfest in der Grazer Altstadt wahrnehmen
musste. Sandra könne ihn herzlich gern begleiten, wenn er seine Interviews mit den
Trachtengruppen, Volksmusikern und Kunsthandwerkern führte und allerlei akustische
Impressionen vom Event aufnahm, mit denen er anschließend einen Radiobeitrag gestalten
wollte.
»Da sind sicher auch Volksmusikvereine
aus der Grogga dabei«, überlegte Sandra laut.
»Ja. Warum? Sag bloß, du bist aus
der steirischen Krakau.«
Sandra nickte. Mehr musste er zum
jetzigen Zeitpunkt nicht über ihre Wurzeln wissen. Seine Arbeit erschien ihr viel
interessanter. Außerdem gab es nichts Besseres, als einen Tag mit Julius zu verbringen,
um sich vom eigenen Job abzulenken, der sie momentan gehörig schlauchte.
»Dann hast du doch sicher ein Dirndl?«,
erkundigte sich Julius.
Sandra stöhnte auf. »Muss das denn
wirklich sein?« Sie war nicht gerade ein Fan alpiner Trachtenmode. So hübsch ein
Dirndl auch sein mochte, so unbequem fand sie dieses volkstümliche Kleidungsstück.
Außerdem war ihr darin immer entweder zu warm oder zu kalt.
»Ich bestehe darauf, dich morgen
im Dirndl zu sehen«, sagte Julius lächelnd. Und wer konnte diesem Lächeln schon
einen Gefallen
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