Steirerherz
…«
»Du warst völlig panisch.« Julius
platzierte ein paar dicke Scheiben Steirerkas auf den Broten und brachte die Teller
und Sandras Tee zum Tisch. Dann holte er sich eine Bierflasche aus dem Kühlschrank
und öffnete sie. Sandra überlegte, ob sie ihm nicht doch von Mikes brutalem Überfall
und ihren anschließenden Panikattacken erzählen sollte. Sie beobachtete, wie er
einen Schluck aus der Murauer-Flasche nahm. Auch ihm schmeckte das Bier aus ihrem
Heimatbezirk am allerbesten. Inzwischen wusste sie doch einiges über Julius Czerny.
Aber konnte sie ihm nach so kurzer Zeit wirklich schon ihre dunkelsten Geheimnisse
anvertrauen? Oder würde er sie dann endgültig für verrückt halten und den Kontakt
mit ihr abbrechen?
»Magst du ein Gurkerl?«, unterbrach
er ihre Gedanken und sah sie bei dieser banalen Frage derart ernst an, dass Sandra
plötzlich lachen musste.
Julius stutzte kurz, dann stimmte
er in ihr Gelächter ein. Er setzte sich zu ihr, bis ihr Lachkrampf vorüber war.
Dann nahm er ihre Hand und küsste sie. »Ich glaub, ich hab mich in dich verliebt,
Sandra Mohr. Auch wenn du ein wenig durchgeknallt zu sein scheinst.«
Sandra lächelte ihn an. Wie hatte
sie diesen Mann jemals für einen Serienmörder halten können? »Bitte versprich mir,
dass du nichts von alledem erwähnst, was du heute hier gehört und gesehen hast.
Kein Sterbenswörtchen, zu niemandem, okay?«, meinte Sandra.
»Schon vergessen«, sagte Julius
und stand auf, um die Essiggurken aus dem Kühlschrank zu holen.
Kapitel 12
Montag, 12. September
»Die Gerichtsmedizin hat Pia Fürnpass’ Leichnam freigegeben. Keine
Kampfspuren, kein Sperma, keine Schwangerschaft«, kommentierte Sandra den Obduktionsbefund.
»Keine Überraschung«, ergänzte Bergmann.
Sandra überging seine Bemerkung.
»Sicher ist nun auch, dass sie mit demselben Lederhalsband erdrosselt wurde wie
Valentina Trimmel.«
»Mit dem gleichen«, korrigierte
Bergmann sie.
»Von mir aus.« Heute war der Chefinspektor
wieder besonders nervtötend. Doch Sandra beschloss, den Kommentar, der ihr auf der
Zunge lag, hinunterzuschlucken. Prompt fiel ihr der peinliche Zwischenfall vom Vortag
ein. Sie konnte sich glücklich schätzen, dass Julius so verständnisvoll reagiert
hatte. Die meisten anderen Männer wären mit einer solchen Situation total überfordert
gewesen. Sie hätten sie in ihrer Panik vielleicht allein gelassen und bestenfalls
noch einen Arzt verständigt. Schon dafür, dass er sich nicht einfach aus dem Staub
gemacht hatte, liebte sie Julius. Na ja, zumindest war sie in ihn verliebt. Und
er in sie. Warum auch immer.
»Wissen wir endlich, wo dieser Schmuck
verkauft wird?«, fragte Bergmann.
»Ja. Das wissen
wir«, antwortete Miriam. »Und wir wissen auch, dass dieses Modell bisher 232 Mal
über steirische Ladentische gegangen ist. In 124 Fällen wurde mit Bankomat- oder
Kreditkarte bezahlt. Die Zahlungstransaktionsdaten der Geschäfte habe ich zum Teil
schon erhalten. Die meisten Schmuckstücke wurden in Graz verkauft. 87 weitere Stück
online bestellt und in die Steiermark versandt. Die Adressen der Internetbestellungen
hab ich alle hier«, berichtete sie weiter.
»Und was ist mit dem Rest?«
»Es dauert noch eine Weile, bis
uns alle Daten vorliegen, um sie lückenlos überprüfen zu können.«
»Lückenlos? An die Barzahler kommen
wir doch niemals heran«, warf Sandra ein. »Da müsste uns schon der Zufall zu Hilfe
eilen, um den Käufer zu finden, der dann noch lange nicht der Täter sein muss. Der
Mörder könnte sich die Schmuckstücke ja auch von jemandem besorgen haben lassen.
Oder er hat sie irgendwo anders in Österreich oder im Ausland gekauft.«
»Bei Juwelieren gibt es doch üblicherweise
Überwachungskameras«, meinte Bergmann.
»Schon. Aber die meisten dieser
Schmuckstücke wurden über Boutiquen, Kaufhäuser und Accessoires-Läden verkauft«,
erklärte Miriam.
»Außerdem werden Videoaufzeichnungen
von Kunden meist nicht länger als ein paar Tage aufbewahrt. Wenn überhaupt«, sagte
Sandra.
»Auch wieder wahr. Scheißdatenschützer …« Bergmann kratzte sich am Kinn
und überlegte. »Dann sammelt mal weiterhin alle Zahlungsdaten zusammen und wir überprüfen
sie dann«, sagte er schließlich. »Selbst wenn wir nach der berühmten Stecknadel
im Heuhaufen suchen.«
»Vielleicht haben wir unseren Mörder
ja bereits gefunden«, meinte Miriam.
»Du meinst Josef Laubichler? Glaub
ich nicht«, sagte Sandra.
»Und warum
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