Steirerherz
»Miriam,
versuch du bitte, Frau Doktor Reichelt zu erreichen und für morgen in der Früh einen
Termin zu vereinbaren«, delegierte sie den Anruf an die junge Kollegin.
»Gibt es sonst noch jemanden, den
wir warnen sollten?«, fragte Bergmann, während Sandra ebenfalls in ihre Jacke schlüpfte.
Miriam schüttelte den Kopf. »Mit
den Kontakten der beiden Opfer bin ich fertig. Julia Meixner und Nathalie Janisch
sind die einzigen gemeinsamen Bekannten, die ins Opferprofil passen«, sagte sie.
»Gut. Dann bleib an dem Schmuck
dran«, ordnete Bergmann an.
»Geht in Ordnung … Ich hätte da noch eine Frage,
bevor ihr geht.«
»Schieß los! Aber flott«, sagte
Bergmann.
»Könnte ich mir morgen ausnahmsweise
einen Urlaubstag nehmen?«
»So kurzfristig?«, wunderte sich
Sandra.
»Ja, es ist ein wenig kurzfristig,
ich weiß. Aber meine Mutter ist morgen überraschend in der Stadt, um sich im Krankenhaus
untersuchen zu lassen. Es geht ihr gesundheitlich nicht so gut. Und wir sehen uns
nicht besonders oft, da hab ich mir gedacht …«
»Wenn es unbedingt sein muss, nimm
dir frei«, stoppte Bergmann ihre Erklärungen.
»Das ist voll nett von dir, danke!«
Miriam strahlte ihn an.
Sandra fiel auf, dass sie so gut
wie nichts über Miriams Privatleben wusste. Außer, dass sie aus der Oststeiermark
stammte, mit Volker Neidhardt die Volksschule besucht und früher von einer Modelkarriere
geträumt hatte. Vielleicht tat sie das auch jetzt noch. Doch das war immerhin mehr,
als Miriam umgekehrt über Sandra wusste. »Bis übermorgen dann«, verabschiedete sie
sich von der jungen Kollegin.
»Ich geb dir dann noch wegen des
Termins mit der Reichelt Bescheid. Pfiat euch«, grüßte Miriam zurück.
»Servus«, meinte Bergmann und huschte
vor Sandra durch die Bürotür.
Im Auto überlegte Sandra, ob sie den launischen Chefinspektor auf seine
privaten Probleme ansprechen sollte. Doch dann entschied sie sich dagegen. Schließlich
waren sie nur Kollegen und keine Freunde. Vielleicht war er morgen schon wieder
besser drauf. Männer wie Bergmann waren wirklich anstrengend, dachte Sandra einmal
mehr und schaltete das Radio ein.
»… keine nennenswerten Ermittlungsfortschritte.
Wie jedoch kürzlich aus Polizeikreisen bekannt wurde, handelt es sich bei der Tatwaffe
in beiden Fällen um ein schwarzes Lederhalsband mit einem gravierten Silberherzen
des Schmuckdesigners Elias Gabo. Es wird vermutet, dass der Täter die Schmuckstücke
für seine Opfer gekauft hat, um sie anschließend damit zu erdrosseln. Eine offizielle
Stellungnahme hat die Polizei dazu bisher nicht abgegeben. Kommen wir nun zum Wetter:
Der Regen wird auch in den nächsten Tagen–«
Bergmanns Arm schnellte zum Radio,
um es auszuschalten. »Hast du das eben auch gehört?«, fragte er ungläubig und ließ
sich in den Sitz zurückfallen.
Sandra schluckte und nickte mechanisch,
ohne ihren Blick von der regennassen Straße abzuwenden. Sie fühlte sich, als ob
sie eben eine Faust in die Magengrube getroffen hätte. Julius! Das konnte doch nur
er dem Sender gesteckt haben! Wer außer ihm hätte diese vertrauliche Information
sonst weitergeben können? Sandra fuhr wie ferngesteuert weiter. Verzweifelt suchte
sie nach einer anderen Erklärung, während Bergmann vor sich hin fluchte. Es half
alles nichts: Sie musste dem Chefinspektor gestehen, dass sie die undichte Stelle
war. »Sascha«, würgte sie leise hervor, während Bergmann sein Handy zum Ohr führte.
Mit dem Zeigefinger an den Lippen deutete er ihr, still zu sein. »Grüß dich«, sprach
er dann in sein Smartphone. »Ach, du hast es auch schon gehört … verstehe … nein, natürlich hab ich keine
Ahnung, wo das Leck ist … nein,
für meine Leute leg ich die Hand ins Feuer!«, wurde Bergmann immer lauter.
Sandra parkte den Wagen ein. Das
konnte doch nicht wahr sein! Dieser Verräter! Wie konnte Julius ihr Vertrauen nur
derart missbrauchen? Tränen der Wut stiegen in ihr hoch, die das Ohnmachtsgefühl
allmählich verdrängten.
»Miriam Seifert, meinst du?«, hörte
sie Bergmann weiterreden. »Aber nein! Sie hat ganz sicher nicht mit der Presse gesprochen … Ach, die anderen Medien haben
noch nichts gebracht? Verstehe. Dann muss der Informant wohl einen Draht zu diesem
Radiosender haben … eine einstweilige
Verfügung? Ja gut, aber die Information ist trotzdem draußen. Daran lässt sich jetzt
nichts mehr ändern … Verdammt!
… Ja, sicher. Was glaubst du denn, wie angefressen ich erst bin? Ja, morgen um
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