Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me
wir eben Pech.
Für Brot gebettelt und gearbeitet
Wir Kinder trieben uns gerne am Hauptbahnhof rum. Täglich kamen viele Soldaten an, die Fronturlaub hatten. Jeder Soldat bekam bei der Abreise seine Marschverpflegung. In der Hoffnung, dass davon noch etwas übrig war, haben wir die Soldaten um ein Stück Kommissbrot, ein lang haltbares Vollkornbrot, angebettelt.
Heute war mal wieder ein besonderer Tag. Der Zug, der in einem seiner Waggons Reinecke Brot geladen hatte, kam wöchentlich nach Düsseldorf. Und heute sollte er wieder kommen. Ich lief zur Harkortstraße, dort befand sich eine breite Auffahrt zu den Waggons, die hier entladen wurden.
Als ich beim Zug ankam, brachte gerade der Kutscher sein Pferdefuhrwerk in Position.
Die Pferde zogen einen großen, zweiachsigen Kastenwagen, in den das mit Ölpapier eingewickelte Brot verladen wurde. Ein Polizist überwachte die Aktion, damit der Brottransport nicht überfallen wurde.
Wie immer fragte ich höflich, ob ich helfen darf – und wie immer durfte ich. Ich saß neben dem Kutscher und half mit, das Brot an die Geschäfte auszuliefern.
Wir hielten neben einem Lebensmittelladen an – heute würde man sagen ein Tante Emma-Laden. Supermärkte gab es damals noch nicht. Man bekam zum Beispiel Zucker in Tüten abgewogen, Milch in mitgebrachte Kannen gefüllt und kaufte Sauerkraut aus einem großen Holzfass.
Ich balancierte, wie sonst auch, fünf Brote auf meinem ausgestreckten Arm und legte sie ins Regal.
Der Kutscher bekam die von den Käufern abgegebenen Lebensmittelkarten und durfte eine dementsprechende Menge Brot ausliefern.
Zwischendurch legte der Kutscher für die hart arbeitenden Pferde eine Pause ein. Sie wurden getränkt und bekamen einen Futtersack mit Hafer vor ihr Maul gebunden. Dann konnte ich mich auch ausruhen. Zu trinken, oder gar zu essen, bekam ich erst mal nicht.
Doch als Lohn für einen Tag Arbeit habe ich immer ein ganzes Brot bekommen.
Mein Flaksplitter-Brieföffner
In Oberbilk, auf der Ballonwiese im Volksgarten, standen 8,8-cm Geschütze zur Flugzeugabwehr verteilt. Acht Stück an der Zahl. Wenn die losgelegt haben, hörte man das Flakfeuer bis zu uns nach Hause und weit darüber hinaus. Das war vielleicht ein Donnern.
© Bundesarchiv - Bild 101I-635-3999-24 – Fotograf: Walther
Radargeräte, Horchgeräte und Suchscheinwerfer waren, nicht weit davon entfernt, auf dem Universitätsgelände positioniert.
Sobald ein Suchscheinwerfer ein Flugzeug erfasst hatte, wurde es beschossen. Es hatte dann entsetzlich laut geknallt.
Bei Fliegeralarm rannte man entweder in den eigenen Keller oder in einen der umliegenden öffentlichen, unterirdischen Luftschutzkeller; zum Beispiel am Bahnhof oder im Gymnasium an der Ellerstraße.
Hat nach einem Fliegeralarm tatsächlich ein Bombenangriff stattgefunden, so sind wir Kinder nach Möglichkeit sofort danach durch die Straßen gelaufen und haben mit Begeisterung eifrig nach Flak- und Bombensplitter gesucht.
Die Splitter, die von der gesprengten Munition der Flak-Geschütze stammten, waren ungewöhnlich gezackt und an den Rissstellen wie poliert. Einmal habe ich einen Flaksplitter gefunden, der noch ein Stück des kupfernen Führungsringes der 8,8-cm Granate trug. Ich war mächtig stolz auf meinen Fund, um den mich meine Klassenkameraden beneideten.
Ich hatte gehört, dass die Kriegsgefangenen, die im Oberbilker Stahlwerk arbeiteten, alles Mögliche verarbeiten und herstellen konnten. Zum Beispiel haben sie Ringe aus Stahl hergestellt und nach Feierabend gegen Brot getauscht.
So lungerte ich also eine Zeit lang mit meinem Fundstück vor den Toren des Werkes rum. Bei Schichtwechsel habe ich einen der Arbeiter angesprochen und gefragt, ob er mir etwas aus meinem Flaksplitter fertigen kann. In Aussicht auf ein Stück Brot schlug er vor, einen Brieföffner daraus zu machen. Ich war begeistert und überließihm das gute Stück. Am nächsten Tag habe ich den fertigen Brieföffner abgeholt.
Den habe ich heute noch. Und selbstverständlich hat der Mann sein Brot dafür bekommen.
© Peter Wolf
Die Granatsplitter haben wir an einen Schrotthandel verkauft. Einmal, bei einem Bombenangriff im Herbst 1941, ist ein Bomber abgeschossen worden, der mit samt seiner tödlichen Last auf den Oberbilker Markt gestürzt ist.
Bombe trifft Krankenhaus
Nicht weit von meinem Elternhaus, auf der Kruppstraße, stand das Josefs-Krankenhaus. Die Dachpfannen des Gebäudes waren, wie bei allen anderen Krankenhäusern auch,
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