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Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me

Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me

Titel: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gutkin
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Angriff auf Kassel
    Wir standen mal wieder im Führerhaus einer Lok, als der Zug in Kassel einfuhr. Wegen einiger Umleitungen, die sich infolge beschädigter Gleise oder gesprengter Brücken ergaben, hatte der Zug außerplanmäßig Kassel angefahren. Fahrpläne hatten eh keine Bedeutung. Die Züge fuhren, wie es möglich war. Als Reisender musste man nur auf die grobe Richtung achten, um irgendwann ans Ziel zu gelangen.
    Während Fahrgäste ein- und ausstiegen, verließen wir die Lok und setzten uns in einen Waggon.
    Da der Kasseler Bahnhof ein sogenannter Sackbahnhof ist, also die Gleise im Bahnhof enden, ist eine Durchfahrt nicht möglich. Die Lokomotive mit Kohlenanhänger wurde abgekoppelt, um am anderen Ende wieder angekoppelt zu werden. Saß man bis dahin also im ersten Waggon, war dies nun der letzte.
    Bevor der Zug sich wieder in Bewegung setzte, musste die Lok noch Wasser und Kohlen fassen.
    Es dauerte also eine Zeit, bis der Zug wieder fahrbereit war. Andere Fahrgäste und wir saßen geduldig im Zug, und beobachteten das Geschehen im Bahnhof.
    Mitten in diese Betriebsamkeit heulte durchdringend der furchtbare Fliegeralarm los.
    Der Bahnhofsvorsteher mit der roten Mütze machte eine Durchsage über Lautsprecher an das gesamte Zugpersonal, dass wahrscheinlich ein Angriff auf Kassel bevorstehe und der Bahnhof sofort verlassen werden müsse.
    Die Arbeiter ließen sich von dem Fliegeralarm nicht aufhalten und haben schnell weiter Wasser in die Lok und Kohle in den Anhänger geschafft.
    Auf dem Bahnhof brach zunehmend Hektik aus. Die Menschen hasteten mit ihrem Gepäck, um einen Luftschutzbunker aufzusuchen. Interessiert, doch eigenartigerweise nicht ängstlich, verfolgte ich das Treiben. Die Lokführer trafen Absprachen über Funk, in welcher Reihenfolge die Züge aus dem Bahnhof fahren würden. Endlich setzte sich der Zug, in dem wir saßen, schnaufend und dampfend in Bewegung.
    Nach und nach verließ ein Zug nach dem anderen die Bahnsteige. Jeder Zugführer schaffte es, mit seinem Zug aus dem Bahnhof zu rollen.
    Wir hatten gerade den Bahnhof verlassen, als akuter Fliegeralarm aufheulte.
    Die akute Luftgefahr bedeutete, dass ein Ort unmittelbar bedroht wurde und die Bevölkerung war aufgefordert, sofort die Luftschutzräume aufzusuchen.
    Als wir Kassel ungefähr zehn Kilometer hinter uns gelassen hatten, hielt der Zug an einer Stelle, an der die Schienen links und rechts von einer hohen Böschung eingerahmt waren. Der Dampf der Lok wurde extra nach unten abgelassen, damit, wie uns der Lokführer erklärte, er nicht weit hin sichtbar ist. Weiter erklärte uns der Lokführer, dass, falls der Zug angegriffen und beschossen würde, der Kessel nicht mehr explodieren könnte. Im Zug würde uns deswegen nichts passieren.
    Wir hörten und sahen dann die Begleitjäger des ersten Bombengeschwaders, das die Stadt ansteuerte. Sie flogen in einiger Entfernung am Zug vorbei Richtung Kassel. Das Bombengeschwader dahinter, bestehend aus ungefähr dreißig riesigen Flugzeugen, flog eine Formation wie Gänse es tun. Wir sahen, wie die Piloten der Begleitjäger über Kassel Leuchtmittel abwarfen, um die Abwurfstellen für die nachfolgenden Bomber zu markieren. Langsam sanken die kleinen Fallschirme, an denen die Leuchtkerzen hingen, zu Boden. Die Christbäume waren gesetzt.
    Wir und andere Leute, die fit genug waren, um zu fliehen, sprangen aus dem Zug.
    Wir liefen um unser Leben und erreichten auf offenem Feld, nicht sehr weit vom Zug entfernt, einige Bombentrichter, die von früheren Angriffen stammten. Wir sprangen hinein und legten uns flach auf den Boden.
    Wieder hörten wir das dumpfe Brummen von Flugzeugmotoren des nächsten Bombengeschwaders, welches ebenfalls Kurs auf Kassel genommen hatte. Wir schauten über den Rand des Bombentrichters, in dem wir lagen. Zur nächsten Formation gehörten ebenfalls mindestens dreißig Flugzeuge.
    Einige Piloten der Begleitjäger, die zum Schutz eines jeden Bombengeschwaders mitflogen, hatten den Zug bemerkt. Sie drehten ab und beschossen den Zug und die Flaksoldaten, die nun auf dem letzten, offenen, flachen Waggon mit einem Vierlingsgeschütz zurückfeuerten. Es war deren Aufgabe, den Zug samt Insassen zu beschützen.
    Irgendwann verstummte das Donnern des Vierlingsgeschützes. Da wusste ich, dass die Flaksoldaten tot sein mussten.
    Die Begleitjäger drehten ab und flogen ebenfalls Richtung Stadt. Das erste Bombengeschwader hatte zwischenzeitlich

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