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Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me

Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me

Titel: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gutkin
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gefahren.

Der Chefkoch I
    Im Kellergeschoss der Offiziersmesse befand sich die große Küche. Ein Franzose war dort Chefkoch, mit einem Schnauzbart, der an beiden Enden spitz gezwirbelt war. Er hat oft gesehen, wie schwer ich geschuftet habe. Einmal hat er mich in ein Gespräch verwickelt. In gebrochenem Deutsch fragte er, wo ich lebe und wie groß meine Familie sei. Ich erzählte ihm, wie einfach wir lebten, weil wir ausgebombt worden waren. Und dass ich noch fünf Geschwister zu Hause hätte. Daraufhin bat er mich, nach Feierabend runter in die Küche zu kommen.
    Der Geselle, Sohn meines Meisters, hat gesehen, wie ich später zur Küche runter lief.
    Er rief: „Peter, wo läufst du hin?“
    Ich erklärte: „Der Chefkoch hat mich gebeten, nach Feierabend in die Küche zu kommen.“
    Er rief hinter mir her: „Frag ihn mal, ob wir was zu Essen mit nach Hause nehmen können.“
    Als ich die Küche betrat, gab mir der Chefkoch in seinem gebrochen Deutsch zu verstehen, dass ich nach Einbruch der Dunkelheit zur Adersstraße an ein bestimmtes Kellerfenster kommen soll, das zur Offiziersmesse gehört.
    Zur angegebenen Zeit wartete ich vor dem besagten niedrigen Fensterchen, das sich unten in der Hauswand befand. Der Flügel öffnete sich und der Chefkoch reichte mir eine Apfelsinenkiste nach oben heraus.
    Diese war gefüllt mit Weißbrot, mit Speck, mit Eiern, eben mit dem allerfeinsten Essen. Ich traute meinen Augen kaum.
    Er flüsterte mit seinem französischen Akzent: „Für die Kinder.“
    Fast jeden Abend habe ich eine Kiste voll Lebensmittel bekommen. Meine Eltern und Geschwister sind beinahe verrückt geworden, wenn ich damit nach Hause kam. Es waren die reinsten Delikatessen und gaben uns viel Lebensfreude.
    Diesen Mann würde ich nie vergessen.
    Ungefähr zwei Jahre lang hat mir der Chefkoch Lebensmittel für meine Familie mitgegeben. Jedes Mal, wenn wir einen Auftrag bekamen, um in der Offiziersmesse zu arbeiten. Und wir arbeiteten oft dort.
    Mein Malermeister hat mich grundsätzlich nur dort arbeiten lassen, wo ich mittags mit Essen versorgt wurde.
    Im ersten Lehrjahr habe ich fünfundzwanzig Reichsmark verdient, im zweiten fünfunddreißig und im dritten Lehrjahr fünfundvierzig Reichsmark. Wenn ich das Geld zu Hause abgeben wollte, hat meine Mutter immer zu mir gesagt: „Behalte das Geld und kaufe dir, was du möchtest.“
    So habe ich mir gerne auf dem Schwarzmarkt für fünf Reichsmark ein Brötchen gekauft.
    1949 bestand ich meine Gesellenprüfung. Die theoretische Prüfung fand in der Handwerkerinnung auf der Haroldstraße statt, die praktische Prüfung in der teilweise zerstörten Reitzensteinkaserne an der Graf-Recke-Straße.
    Die Arbeit mit hochgiftigen und ätzenden Materialien wie Bleiweiß, Salzsäure und Terpentinöl verursachten bei mir Hautekzeme, Magengeschwüre, Lungenfibrose und einiges mehr. Nachdem mir ein Arzt Berufsverbot erteilte, gab ich also 1965 meinen erlernten Beruf auf. Schnell fand ich eine Anstellung als Fahrer bei der Firma Michelin, die mich nach siebenundzwanzig Jahren Zugehörigkeit als Niederlassungsleiterassistent in den wohlverdienten Ruhestand schickte.

Es geht wieder bergauf
    Da ich immer noch sportbegeistert war, trat ich einem Fußballverein bei. Zunächst TuRU (Turn- und Rasensport Union 1880 e. V. Düsseldorf). Von Mitte der 1930er Jahre bis zur Mitte der 1940er Jahre spielte die TuRU in der obersten deutschen Spielklasse. Später spielte ich beim Post Sportverein Düsseldorf Fußball. Ich erlebte eine schöne Zeit, eine intensive Zusammengehörigkeit. Alle standen praktisch vor dem Nichts und waren bemüht, das zerstörte Land wieder aufzubauen und eine Existenz zu schaffen.
    Ich lernte meine jetzige Frau Margarete kennen und lieben. Wir bekamen zwei wohlgeratene Töchter und lebten und leben noch ein erfülltes Leben. Im Jahre 2004 waren wir fünfzig Jahre verheiratet und feierten unsere Goldene Hochzeit. Nun steuern wir die Diamantene Hochzeit an, die nach sechzig Ehejahren ansteht.

Der Chefkoch II
    In den achtziger Jahren, nach meiner ungefähr zwanzigjährigen aktiven Fußballzeit, begann ich zu joggen.
    Nach Feierabend, fuhr ich fast jeden Tag zum Volksgarten, um dort Sport zu treiben.
    Einmal kam mir ein Mann mit einem Hund entgegen, dessen markantes Gesicht mir sehr bekannt vorkam. Und tatsächlich erkannte ich den Chefkoch von damals.
    Ich stoppte vor ihm und sagte: „Nach Ihrem Schnauzbart zu urteilen, sind Sie ein Franzose.“
    Er fragte erstaunt:

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