Stella Blomkvist
Männer bestimmen, wo’s
langgeht.«
»Also hatte Halla ihre Position
damit verbessert, dass sie die Männer bespitzelte und dann entsprechende Informationen
für ihre Karriere nutzte?«
»Sie hat sie nur mit ihren eigenen
Waffen geschlagen.«
»Mir scheint, dass sie dabei ein
bisschen zu weit gegangen ist.«
»Halla hat oft gesagt, dass sich
Frauen in der Politik stärker behaupten müssen als Männer, einfach nur, um ihr
Dasein zu rechtfertigen. Sie war einfach schlauer als sie und gut organisiert
mit allem, was sie sich vornahm.«
»Das merkt man.«
»Natürlich hat sie genau verfolgt,
was die Männer gemacht haben und hat ihre Schnitzer gnadenlos ausgenutzt, wenn
sich eine Gelegenheit bot. Das machen alle in der Politik.«
»Aber die Videos mit Haukur? Wo er
das Mädchen schlägt? Wo sind sie?«
Lilja Rós beginnt zu lachen.
»Manchmal bist du echt wie Halla«, sagt sie.
»Ich?«
»Ich meine nicht das Aussehen. Aber
von der Art – du denkst immer nur an deine Arbeit! Entspannst du dich
eigentlich nie?«
»Natürlich entspanne ich mich auch.
Ich war fünf Wochen in Florida.«
»Dann entspann dich jetzt mal und
hör auf, mich über diese unliebsame Sache auszufragen.«
Ich recke mich zur Jackie-Flasche
und gieße uns beiden noch mal ein Glas ein. »Stoßen wir an«, sage ich.
Der Jack zeigt seine Wirkung bei
Lilja Rós. Also quetsche ich sie weiter aus: »Du bist die Einzige, die mir erzählen
kann, wie Halla wirklich war. Du hast sie am besten gekannt.«
Lilja Rós wiederholt seufzend: »Ja,
ich habe sie am besten gekannt.« Sie lässt sich zur Seite fallen und legt den
Kopf auf die Sofalehne. »Halla war oft so einsam in der Stadt. Sie hat mich
manchmal gebeten, in die Stadt zu kommen und bei ihr ab und zu ein Wochenende
zu verbringen, einfach nur, um Gesellschaft zu haben.«
»Aber ich dachte, sie hatte so viele
Freunde?«
»Meinst du Männer?«
»Hmmhmm ...«
»Das war nur körperlich. Manchmal
ein Teil der Arbeit. Oder ein One-Night-Stand. Rein, raus und fertig!« Sie
lacht. »Aber Halla hatte keine engen Vertrauten hier in der Stadt. Keine echten
Freunde.«
»Aber du
wusstest schon, dass sie viele Bekannte hatte?«
»Natürlich. Sie hat mir manchmal
alles haarklein erzählt und sich über die Kerle lustig gemacht. Sie hat sie
benutzt, wenn sie Lust auf sie hatte. Ansonsten waren sie völlig bedeutungslos
für sie.«
Lilja Rós
hebt die Füße und legt sie in meinen Schoß. Streckt sich dann ganz aus und
schließt die Augen. »Aber die Videos? Wo sind sie?«
»Was für
Videos?«
»Zum Beispiel das Video, auf dem
Haukur das Mädchen schlägt?«
Sie öffnet wieder die Augen: »Warum
fragst du eigentlich ständig nach diesen Videos?«
»Für mich ist es sehr wichtig, dass
sie gefunden werden. Außerdem sind die Videos möglicherweise der Schlüssel zur
Lösung des Falles. Die Erklärung für Hallas Tod.«
Sie guckt
mich eine Weile schweigend an.
»Neeeiiin,
das glaube ich nicht«, sagt sie dann. »Warum nicht?«
»Natürlich ist Haukur durchtrieben
und korrupt, aber er hätte es nie gewagt, Halla etwas anzutun.«
»Bist du
sicher?«
»Ja, genau
deshalb, weil du fragst.«
»Ich komm
nicht ganz mit.«
»Haukur wusste sehr genau, dass es
für ihn die schlimmsten Konsequenzen hätte, wenn er Halla etwas antun würde.
Das war ihre Versicherung.«
Vielleicht.
Ich bleibe hartnäckig: »Ich muss
trotzdem diese Videos kriegen. Wenn ich die nicht finde, lassen mich die
Goldjungs nie in Frieden.«
Sie zieht ihre Füße zu sich, setzt
sich und hebt das Glas: »Auf ex?«
Wir trinken die Gläser aus.
»Ich habe viele Videos von Halla und
mir«, sagt sie. »Willst du sie sehen?«
»Okay.«
Der Fernseher ist am anderen Ende
vom Wohnzimmer. Lilja Rös holt ein paar Videokassetten aus einem Schrank.
»Sind das alles Videos von euch
beiden?«
»Keine Sorge, du sollst
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