Sten 8 Tod eines Unsterblichen
mich glaubst, mich in den Augen der Kinder nicht heiligst... so sollst du sie niemals in das Gelobte Land führen."
"Ohh ... wir glauben dir, Dan."
"Dann müßt ihr gegen die Wand schlagen", schrie Porte und fuchtelte wild mit den Armen.
Alex und Sten sahen einander an. Sten nickte.
Alex zuckte die Achseln, zielte mit der Willygun auf die Wand, an der Thoresen seine Waffen aufgehängt hatte, und feuerte viermal. Einmal in jede Ecke.
Die Wand sackte in sich zusammen.
Dahinter, in einer verborgenen Kammer, die entweder von Thoresen oder Mahoney angelegt worden war, lag das Geheimnis. Ein Stapel Dokumentenkisten neben dem anderen.
Sten stürzte darauf los und kniete vor einer der Kisten nieder. Sie war säuberlich beschriftet. In Mahoneys militärisch perfekter Handschrift: ATTENTATE, ERFOLGREICH
Offizielle Leugnungen
Unterdrückte Beweise
Gerüchte, anschließend in Umlauf gesetzt Persönliche Theorien
Eine andere Kiste trug die Aufschriften: DIE GEHEIMEN JAHRE
Systempolitik
Auftragsmorde
Erste AM2-Lieferungen durch
die Philantropische Stiftung
Die nächste:
DIE "CIBOLA"-EXPEDITION
Wissenschaftliche Zeitschriften erklären Expedition für mögliche Lösung
Keine andere Info zugänglich
Keine verläßlichen Daten gefunden
Ausschließlich persönliche Theorien
Erst jetzt kapierte Sten, was er da vor sich hatte.
Er wußte nicht - und er hatte den Verdacht, daß Mahoney es ebensowenig gewußt hatte -, ob diese Unterlagen das Geheimnis enthielten, das den Ewigen Imperator vernichten konnte, oder ob sie überhaupt ein Geheimnis bargen, das sie weiterbrachte. Eines allerdings wußte er: diese Kisten enthielten Material, das so brandgefährlich war, daß der Imperator dafür gut und gerne seine gesamte Imperiale Garde opfern würde, um es wieder in seinen Besitz zu bringen. Es handelte sich um die Notizen für die niemals geschriebene Biographie.
Nachdem der Imperator vom Privatkabinett ermordet worden war, war für Mahoney der richtige Zeitpunkt gekommen, sich zurückzuziehen und einen Plan auszuhecken, der in der Vernichtung dieses Kabinetts gipfelte. Als Vorwand für seinen Rückzug von der politischen Bühne hatte er angegeben, er wolle sich nun, in tiefer Trauer um seinen alten Vorgesetzten und Freund, daranmachen und die ultimative Biographie des Ewigen Imperators schreiben. Das war natürlich zuerst nur eine Tarnung gewesen, doch wie Mahoney Sten einmal gestanden hatte, wäre er lieber Archivar geworden als General, und so wurden seine Unterlagen immer umfangreicher und vollständiger.
Ein Gedanke schoß Sten durch den Kopf:
Vielleicht hätte Mahoney länger gelebt, wenn er tatsächlich in die Forschung gegangen wäre. Er schob diesen Gedanken weit von sich.
Was zunächst nur als Tarnung gedacht gewesen war, war immer faszinierender geworden, als Mahoney entdeckte, daß in allen Biographien des Ewigen Imperators gelogen wurde, mit oder ohne Zustimmung. Man hatte absichtlich falsche Daten eingefügt oder unfähige Schreiber, Forscher und Stiftungen ermutigt, während man fähige Leute einfach zur Seite geschoben hatte. Mahoney fand viele, viele Versionen tatsächlicher Ereignisse, die von offzieller Seite absichtlich als
Fehlinformationen verbreitet worden waren.
Sten hatte sich gefragt, was der Imperator zu kaschieren versuchte, und Mahoney hatte erwidert:
"Verdammt viel, angefangen von seiner Herkunft bis zu dem Ort, an dem er sich jetzt gerade aufhält... Ich erwähne hier nur zwei der undurchsichtigsten Kapitel, ganz zu schweigen von der Frage, woher verdammt noch mal eigentlich das AM2 stammt.
Zunächst einmal steht fest, daß dieser gerissene Hund unsterblich ist - oder war, ganz egal.
Und zweitens: er ist schon mehrmals zuvor umgebracht worden."
Sten hatte gespottet - und Mahoney hatte ihm angeboten, ihm die entsprechenden Unterlagen gelegentlich einmal zu zeigen. Aber dann überstürzten sich die blutigen Ereignisse, und als Sten einmal an die Unterlagen dachte, war ihm klargeworden, daß sie mit Sicherheit hochexplosiv waren. Jeder, der sich an der grünen Seite des Imperators aufhalten wollte, tat vermutlich gut daran, die Existenz der Dossiers zu ignorieren.
Oder, wie es in den allermiesesten Livies gerne hieß, wenn der Regisseur für all die fürchterlichen Ungereimtheiten seiner Handlung absolut keine Erklärung mehr zusammenschustern konnte:
"Vielleicht gibt es in diesem Universum einige Rätsel, deren Lösung dem Menschen verwehrt bleibt."
>In Ordnung<, dachte Sten,
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