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Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Titel: Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Fluegge
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danach ein drittes Treffen, doch inzwischen hatte Pierre Claustre auf eigene Faust ein Flugzeug gemietet und sogar Waffen besorgt. Im Hintergrund agierten die Medienfreunde von Giscard, und sie säten Misstrauen gegen Hessel. Viele Indiskretionen und Ungeschicklichkeiten auf allen Seiten ließen die Verhandlungen immerwieder scheitern. Man hatte noch nicht viel Erfahrung mit solchen Geiselnahmen.
    Endlich erzielte Hessel eine Art Durchbruch bei einem langen Gespräch mit Habré und dessen Alter Ego Goukouni, der ein echter Toubou war. Habré wollte nicht die Verantwortung für den Tod des Unterhändlers Galopin übernehmen, nannte diesen »hinterhältig«. Die Aufständischen gingen nicht ab von ihren Forderungen nach Waffen. Im Nachhinein bezichtigt sich Stéphane Hessel selbst einiger Verhandlungsfehler, etwa zu viel preisgegeben oder Habré nicht unter vier Augen gesprochen zu haben, ohne Goukouni im Nacken. Auch habe er zu früh der Presseagentur AFP das Bevorstehen einer Lösung angekündigt; zugleich war der private Versuch von Pierre Claustre ein totaler Misserfolg. Dieser begab sich schließlich freiwillig zu den Entführern, um bei seiner Frau zu sein.
    Das Resultat im Juli 1975 war, dass nun alle Hessel misstrauten, die offizielle Regierung des Tschad wie die Rebellen, aber auch die Stellen in Paris. Trotzdem unternahm er eine vierte Reise in die Wüste. Diesmal kam seine Frau Vitia mit. Der französische Botschafter in N’Djamena sah Hessel als persönlichen Feind an, ließ es ihn spüren (und rächte sich Jahre später in einem unaufrichtigen Buch über den Fall Claustre). Es kam zu keinem Ergebnis. Paris enthob Hessel seiner Mission. Präsident Giscard soll gesagt haben: »Ich will Hessel nicht mehr in der Entwicklungshilfe sehen.« Und so versetzte man ihn in die Abteilung zur kulturellen Förderung der Immigranten in Frankreich.
    Vom 21. April 1974 bis zum 1. Februar 1977 war Françoise Claustre Geisel von Hissène Habré, also fast drei Jahre lang. Es gab noch viele und lange Verhandlungen, noch viele gescheiterte Vorstöße. Zu den Vermittlern gehörte auch André Marty, Leiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Genf, der ein guter Freund von Stéphane Hessel wurde.
    Als dann das Ehepaar Claustre endlich freigelassen wurde, trafen sie sich in Paris mit Stéphane Hessel. Sie sprachen ohne Bitterkeit mit ihm. In der französischen Öffentlichkeit wurde sehr viel über den Fall und das Schicksal der Geiseln phantasiert. Ein reißerischer Spielfilm wurde gedreht, den viele für bare Münze nahmen. Auch zirkulierten bald in Paris viele böse Gerüchte über die angeblichen Hintergründe der Affäre, über das Verhalten der Geiseln, zumal diese sehr diskret blieben. In einem Buch, das Pierre Claustre 1990 über den Fall veröffentlichte, findet sich kein böses Wort über den gescheiterten Vermittler, den er für den geschicktesten von allen Verhandlern hält, der leider zu spät ins Spiel gekommen sei.
    Im Tschad änderte sich während der Geiselaffäre die politische Lage. Präsident Tombalbaye wurde gestürzt, an seine Stelle trat General Félix Malloum, der Hissène Habré zu seinem Ministerpräsidenten ernannte. Nach langjährigen Wirren und Umstürzen putschte sich Habré im Jahr 1982 selber an die Macht und blieb bis 1990 Präsident der Republik Tschad. Nun musste Frankreich mit dem Entführer offizielle Beziehungen pflegen, was vielen in Paris bitter aufstieß. Man intervenierte sogar militärisch zu seinen Gunsten, vertrieb die libyschen Truppen aus dem Land, die ein Gebiet am nördlichen Rand des Territoriums besetzt hatten. Als Habré seinerseits vertrieben wurde, weinte ihm niemand eine Träne nach.
    Bis zu dieser Entführungsaffäre war Stéphane Hessel kein Name in der Öffentlichkeit gewesen. Nun wurde er bekannt, aber unter sehr ungutem Vorzeichen. Dieses unerfreuliche erste Kapitel seiner »Medienkarriere« hat ihn gewiss belastet, wie die Angelegenheit selbst seiner weiteren Karriere geschadet hat.
     
    Nach der Tschad-Affäre kam Stéphane Hessel nicht mehr in Frage für eine große Botschaft. Eigentlich wäre er nun»dran gewesen«. In dieser Zeit der relativen Isolierung ab Ende 1975 kauften die Hessels ein altes Haus im Städtchen Uzès, 40 Kilometer westlich von Avignon im Département Gard gelegen. Das Gebäude wurde renoviert, mit einem Schwimmbad versehen und in den nächsten Jahren als Sommersitz genutzt, auch als Ort zum Nachdenken und Schreiben.
    Zugleich half es

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