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Sterbelaeuten

Sterbelaeuten

Titel: Sterbelaeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Endemann
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und winkte dem Busfahrer zu. Der Bus fuhr weiter und bog in eine Abfahrt ein, die in eine Tiefgarage führte. „Pawel!“ Alicja sah sich um und lief dann quer über den Platz dem Bus hinterher. Am Eingang der Tiefgarage sah sie das weiße Hinterteil des Busses stehen. Ein vergittertes Tor rollte sich langsam nach oben. Sie sah auf die Uhr. Ein bisschen Zeit hatte sie noch. Der Bus fuhr durch das Tor. Alicja fasste die Tasche fester und rannte hinterher. Das Tor war schon auf halbem Weg nach unten, als sie sich bückte und hindurchschlüpfte. Hinter ihr schloss das Tor rasselnd mit dem Boden ab. Sie sah mit mulmigem Gefühl zurück. Neben dem Tor für die Autos war noch ein kleines für Fußgänger. Raus kam man sicher immer, dachte Alicja. Jetzt musste sie erst mal Pawel finden.
    Am Rand der Abfahrt verlief ein schmaler Bordstein, auf dem sie der Abfahrt folgte, die spiralenförmig nach unten verlief. Es war, als liefe sie in ein Schneckenhaus aus Beton hinein. An der ersten Ausfahrt blieb sie stehen und versuchte Pawels Bus auszumachen. Vor ihr lag ein langer Schlauch, an dessen beide Seiten sich Unmengen von Garagen reihten. Von einem Bus war keine Spur zu sehen. Alicja ging weiter in der Schnecke nach unten. Dort war es schon um einiges dunkler und auch im zweiten Untergeschoss bot sich das gleiche Bild und es regte sich nichts. Sie zögerte einen Moment und ging dann weiter nach unten. Wie viele Etagen hatte diese Tiefgarage denn? Das Loch des dritten und letzten Untergeschosses gähnte ihr entgegen wie ein großer Schlund. Weit hinten hörte sie Geräusche. Sie machte sich auf den Weg. Manche Garagen standen offen und leer, die meisten waren geschlossen. Alicja fing an, eine Reihe zu zählen. Es waren bestimmt dreißig Garagen auf jeder Seite. Am Ende des Ganges konnte sie Türen erkennen. Jetzt sah sie jemanden aus einer der hintersten Garagen treten und gleich wieder darin verschwinden.
    Als sie bei der erleuchteten Garage angekommen war, rief sie nach Pawel, der vor der geöffneten Tür des Busses stand und sich mit dem Oberkörper in den Bus beugte. Der Bus passte gerade so in die Garage. Über seinem Dach waren vielleicht noch fünf Zentimeter. Pawel musste sich zwischen Garagenwand und Bus hindurchgequetscht haben. Auf der anderen Seite hätte selbst ein spindeldürrer Mensch nicht mehr hindurch gepasst. Wenn das Tor geschlossen war, berührte es wahrscheinlich die Stoßstange. Als Pawel sie hörte, zuckte er zusammen und stieß sich den Kopf am Außenspiegel.
    „Cholera!“ Er hielt sich den Kopf und kam langsam aus der Garage heraus. Dort sah er sich um, als fürchte er, dass Alicja noch mehr Leute mitgebracht habe.
    „Entschuldige. Ich habe dich gerufen, aber du hast mich nicht gehört. Da bin ich dir gefolgt.“ Pawel sah nicht aus, als sei das eine gute Nachricht, aber seine Haltung schien sich zu entspannen, als er sah, dass Alicja allein war.
    „Parkt der Bus hier? Ich meine, fährst du immer von hier los und hierher zurück? Ich wohne nämlich in Schwalbach, also bei meinem Bruder ...“ Hör auf, Alicja, das interessiert ihn nicht, sag ihm, was du willst. „Könntest du mich freitags morgens von hier aus mitnehmen?“
    „Nein, nein, meine Liebe, das geht nicht.“ Der Alte schüttelte den Kopf und machte ein Gesicht, als bereute er die Bewegung. Offenbar tat sein Kopf noch weh.
    „Warum nicht? Ich bin ganz bestimmt pünktlich.“
    „Nee, das will der Chef nicht, Kindchen. Alle steigen am Hauptbahnhof ein.“
    „Er muss es doch gar nicht wissen. Es wäre eine solche Erleichterung für mich. Ich müsste viel später aufstehen. Ach, bitte, Pawel, mach eine Ausnahme für mich.“
    „Was sollen die anderen Frauen sagen? Soll ich jede an ihrer Haustür abholen? Seh ich aus wie ein Taxifahrer?“
    „Sag ihnen, ich bin deine Nichte. Du holst mich bei deinem Schwager ab. Das versteht jeder.“
    „Ojojoj, Kindchen, du machst es mir schwer.“
    „Bitte, Pawel. Für dich ist es eine Kleinigkeit und mir bedeutet es so viel.“
    „Was gibst du mir dafür?“ Der Alte grinste Alicja an. Seine Zähne waren lückenhaft und vom Rauchen gelb.
    „Was?“
    „Gibst du mir einen Kuss?“
    Alicja wich einen Schritt zurück und machte ein angewidertes Gesicht.
    „Oder putzt du wenigstens meine Wohnung gratis?“
    Offenbar hatte er sich den Kuss schnell wieder abgeschminkt. Gott sei Dank. „Ach, hör auf mit dem Quatsch. Lass mich einfach schon hier zusteigen. Du brichst dir keinen Zacken aus der Krone,

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