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Sterbelaeuten

Sterbelaeuten

Titel: Sterbelaeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Endemann
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überlege es mir. Wirklich.“
    Sie legten auf.
    Sibylle hatte den Hörer noch nicht wieder in seine Station gelegt, als das Telefon klingelte. Es war Christian.
    „Sibylle, was ist denn los, ich höre gar nichts mehr von dir“, sagte er. „Ich mache mir ja schon Sorgen. Wie geht es dir?“
    „Ach, ich weiß nicht. Ganz okay schätze ich“, sagte sie. Wie gerne würde sie jetzt einfach auf dem Sofa sitzen und vor sich hin starren und Mirkos Frage auf sich wirken lassen.
    „Wie wär’s mit Ausgehen diese Woche?“, fragte Christian. „Dass du mal auf andere Gedanken kommst.“
    „Nein!“, dachte Sibylle und sagte: „Danke, Christian, wie lieb von dir. Aber ich fahre am Freitag zu einer Fortbildung und komme am Samstag erst spät zurück. Ich fürchte, diese Woche wird das nichts.“
    „Was ist denn das für eine Fortbildung, so kurz vor Weihnachten?“ Regelrecht misstrauisch klang er.
    Sibylle seufzte. „Französische Orgelmusik des 18. Jahrhunderts. In Amorbach“, erklärte sie. „Natürlich habe ich mir überlegt, ob das passt, jetzt so kurz nach dem Tod meiner Mutter. Aber ich habe mich schon im Januar angemeldet. Diese Fortbildung ist wahnsinnig begehrt. Die Orgel in St. Maria ist herrlich.“
    Tatsächlich spürte Sibylle, dass sie Lust hatte, nach Amorbach zu fahren. Amorbach war eine wunderschöne Barockstadt und würde im Schnee sicher besonders romantisch aussehen. St. Maria war auch abgesehen von der Orgel eine Sehenswürdigkeit.
    „Hmpf“, äußerte Christian und fasste damit seine ganze Begeisterung für herrliche Orgeln und die französische Orgelmusik des 18. Jahrhunderts zusammen. „Dann sehen wir uns wohl am Sonntag in der Kirche“, gab er auf. „Bist du mit Orgeln dran?“
    „Bin ich“, bestätigte Sibylle, „bis Sonntag!“
    –
    Elisabeth war in bester Stimmung. Die Kinder waren im Bett, Henry war aus. Elisabeth hörte Radio. Sie hatte die Geschenke auf dem Tisch im Wohnzimmer ausgebreitet und packte eins nach dem anderen ein. Henry hatte ihr heute eine Mail geschrieben: „Triff mich am Donnerstag um 16.00 Uhr im Starbucks im MTZ. Die Kinder sind unter.“
    Elisabeth freute sich. Früher waren sie und Henry mindestens einmal im Advent auf einen Weihnachtsmarkt in der Gegend gegangen, nur sie beide. Sie hatten sich die Stände angesehen, Glühwein getrunken und waren schön essen gegangen. Diese Tradition war sang- und klanglos untergegangen. Elisabeth wusste gar nicht mehr, wann sie dies zuletzt getan hatten. Jedes Jahr waren mehr Termine dazugekommen, die Kinder mussten gehütet werden.
    Aber jetzt hatte Henry sich offenbar wieder an ihr gemeinsames Adventsritual erinnert. Der Weihnachtsmarkt im MTZ war zugegebenermaßen nicht ihr Traum von Romantik. Wenn es nach ihr gegangen wäre, wären sie nach Bad Homburg im Taunus gefahren oder nach Michelstadt im Odenwald. Aber Elisabeth wollte nicht undankbar sein. Der gute Wille zählte und sie liebte Starbucks, das wusste Henry. Sie nahm ein paar fertig verpackte Geschenke und tänzelte mit ihnen zu der Kiste, in der sie die Geschenke bis zum Heiligen Abend aufbewahren wollte.
    Komisch war, dass Henry nicht mit ihr zusammen ins MTZ fahren wollte. Vielleicht hatte er vorher noch einen Termin? Wahrscheinlich war das der Grund. Der Arme hatte wirklich viel zu tun in dieser Zeit, Adventsandachten, Weihnachtsfeiern, die Vorbereitung der Festgottesdienste. Umso schöner, dass er sich diese Zeit mit ihr nehmen wollte. Sie würden einen herrlichen, faulen Nachmittag im Café verbringen. Einen Nachmittag lang verschnaufen, innehalten, genießen. So gehörte sich das.
    –
    Torat lag schlaflos im Bett. Eigentlich sollte er aufstehen und irgendetwas tun. Es war sinnlos, Stunde um Stunde wach im Bett zu liegen. Dann schon lieber etwas lesen oder fernsehen oder Musik hören. Zu nichts davon hatte er Lust. Ihm war klar, was ihn wachhielt. Wieso musste Schurig plötzlich auftauchen? Torat hatte gehofft, Schurig nie wieder zu sehen. Er war ihm unheimlich. Nicht zu glauben, wie geschmeichelt er einmal gewesen war, dass Schurig sich mit ihm abgab.
    Als Student war Torat ein Einzelgänger. Zu seinen Kommilitonen fand er keinen Zugang. Sie waren verwöhnte Kinder, die einander zum Geburtstag Muffins mit Kerze drauf in die Vorlesungen brachten. Nächtelang saßen sie in der Studentenkneipe und diskutierten die Reformation des evangelischen Gesangbuchs. Am Wochenende fuhren sie mit dem Golf, den Papa ihnen zum Abi geschenkt hatte, nach Hause.
    Dem Sohn

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